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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Anne U. •

Frage an Annalena Baerbock von Anne U. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Baerbock,
Am 28.03.20 trat das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nat. Tragweite in Kraft. Zu dieser Zeit ging der Gesetzgeber davon aus, daß es tgl. 5000 Neuinfektionen gibt, daß eine Überforderung des Gesundheitssystems droht. All diese Befürchtungen sind spätestens Anfang Mai nicht mehr feststellbar. D.h., daß es nach meiner Beurteilung längst geboten ist, die epidemische Lage zu beenden, weil sie nicht mehr besteht. Dies ist durch die offiziellen Zahlen des RKI belegt. Durch Erhöhung der PCR-Tests mit offiziell eingeräumter Fehlerquote von ca. 1% sind die aktuellen Zahlen wenig aussagekräftig. Aus ihnen geht nicht hervor, ob getestete Personen überhaupt Krankheitssymptome entwickelten o. wieviele hospitalisiert wurden. Man handelt mit unwägbaren, nicht belastbaren Zahlen die zu erheblichen Einschränkungen der Grundrechte führen. Wir haben hier den Boden der Verhältnismäßigkeit, der in unserer Verfassung und im Rechtsstaatsprinzip verankert ist, verlassen.
Jeder Abgeordnete hat die Möglichkeit einen Antrag zu stellen dahingehend, daß die Feststellung der epidemischen Lage mit nat.Tragweite beendet ist und sämtliche Gesetze diesbezüglich außer Kraft treten.
Wann kommen Sie als Abgeordnete Ihrem Recht nach, bzw. legen Sie mit Ihrer Fraktion einen Gesetzentwurf hierzu vor? Wann werden Sie aktiv aufgrund
1. geänderter tatsächlicher Verhältnisse
2. wegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse (Wir wissen heute das der PCR-Test nicht die Genauigkeit hat, die er bräuchte um Grundlage eines Gesetzes zu sein)?
Warum verzichten Sie bisher auf dieses Recht?
Ich habe im § 5 IfsG nicht gelesen, daß die epidemische Lage erst aufzuheben ist, wenn ein entsprechender Impfstoff zur Verfügung steht.

§ 5 Epidemische Lage von nationaler Tragweite(1) ...... Der Deutsche Bundestag hebt die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite wieder auf, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr vorliegen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Uhlemann,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die aktuelle Situation ist differenziert zu betrachten. Derzeit steigt die Zahl der Infizierten wieder. Gleichzeitig ist zumindest bislang kein Anstieg der Zahl der Erkrankten zu beobachten, auch die Intensivstationen sind weit von einer Überlastung entfernt. Kurzum: Deutschland ist bislang im Vergleich zu anderen Ländern gut durch die Epidemie gekommen. Das liegt unter anderem an den frühzeitigen Tests und an der Entscheidung, erkrankte Menschen vor allem ambulant zu behandeln.

Heute wissen wir mehr über das Virus, als noch im März oder April. Wir können also mit differenzierten Präventionsmaßnahmen insbesondere Menschen mit einem erhöhten Risiko schützen und die Ausbreitung des Virus stabil kontrollieren. Zugleich müssen auch die möglichen unerwünschten gesundheitlichen, sozialen oder ökonomischen Folgen von Infektionsschutzmaßnahmen stärker in den Blick genommen werden. Hierzu fordern wir Grüne einen interdisziplinär besetzten wissenschaftlichen Pandemierat, der Bundesregierung und Bundestag beraten soll. Dieser Rat sollte auch Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Teststrategie abgeben. Die anlasslosen Testungen, wie sie insbesondere in Bayern praktiziert werden, halten wir nicht für sinnvoll. Die beschränkten Testressourcen sollten vor allem dazu genutzt werden, große Ausbrüche insbesondere in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und anderen risikogeneigten Einrichtungen zu verhindern oder zu zumindest einzugrenzen.

Noch ein paar klarstellende Worte zur „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Der Deutsche Bundestag hat die Lage am 25. März 2020 offiziell in einem Beschluss festgestellt hat. Die Große Koalition wollte ursprünglich, dass die Bundesregierung die Lage selbst feststellen kann. Das haben wir Grüne verhindert.

Wir sehen den § 5 Infektionsschutzgesetz inzwischen kritisch. Er ermächtigt das Bundesgesundheitsministerium dazu, wesentliche Bestimmungen des Gesundheits- und Sozialrechts per Rechtsverordnung ohne Beteiligung des Bundestages zu verändern. Rechtsexperten halten dies für verfassungswidrig. Wir haben daher vorgeschlagen, dass der Bundestag die unverzügliche Aufhebung von Rechtsverordnungen verlangen kann. Zudem sind wir dafür, dass der Bundestag in kurzen Abständen überprüft, ob die epidemische Lage noch gegeben ist.

Gern verweisen wir Sie auf die Rede von Kordula Schulz-Asche MdB zum Thema: https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/epidemische-lage-und-weitergeltung-von-rechtsverordnungen

Unseren Antrag zum Pandemierat finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/gesundheit/pandemierat-jetzt-gruenden

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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