Frage an Annalena Baerbock von Laurin S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Baerbock,
die Fraktion der Grünen hat sich in ihrem Antrag vom 13.01.2020 (Drucksache 19/16457) dafür ausgesprochen, Kommunen freie Hand über die Einschränkung des privaten Silvesterfeuerwerks zu erlassen. So ist in dem Antrag die Rede von einem "erheblichen Feinstaubaufkommen" und anderen Gefahren, beispielsweise Verletzungen und Müll.
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass es eine neue Studie vom VPI (Verband der pyrotechnischen Industrie) gibt, welche auch vom Umweltbundesamt anerkannt wird. Diese gewinnt unter anderem die Erkenntnis, dass der vom Feuerwerk erzeugte Feinstaub deutlich geringer ausfällt, als bisher angenommen. Die Studie enthält weitere wichtige Aspekte wie beispielsweise einem sehr geringen CO2 Ausstoß durch das Feuerwerk an Silvester.
Hier der Link zur Studie: https://www.feuerwerk-vpi.de/fileadmin/bilder/News-VPI/VPI-Pol-Newsletter_Ausgabe_1-2020_komp.pdf
Dass es durch Feuerwerk zu Verletzungen kommt, kann nicht abgestritten werden. Allerdings sind diese im Verhältnis selten und in vielen Fällen auf einen unsachgemäßen Umgang mit den Feuerwerkskörpern zurückzuführen. Häufig spielt dabei leider ein zu hoher Alkoholkonsum eine wichtige Rolle.
Ich möchte sie aus diesem Grund fragen, ob sie auf die Studie bereits aufmerksam geworden sind und die Ergebnisse in ihre zukünftigen Entscheidungen aufnehmen wollen?
Zudem möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es sich beim Feuerwerk um eine Leidenschaft handelt, welche man einmal im Jahr, an Silvester, ausleben kann. Dass es Menschen gibt, die illegales Feuerwerk verwenden und auch allgemein nicht Sachgemäß damit umgehen ist klar. Ich gehe aber davon aus, dass sich ein Verbot vor allem auf uns Personen auswirkt, die Verantwortungsvoll mit pyrotechnischen Gegenständen umgehen. Diejenigen, die Feuerwerk nicht Zweckgemäß verwenden, würden sich trotzdem nicht an die Regelungen halten.
Wie sehen sie das?
Das Silvesterfeuerwerk ist eine jahrelange Tradition. Wäre es nicht sinnvoller statt Verboten die Kontrollen zu verschärfen und zu überprüfen, dass alkoholisierte Personen nicht selbst zünden und zu schauen, dass es zu weniger Unfällen kommt?
Sehr geehrter Herr Stein,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Wir teilen Ihre Meinung: Für viele Menschen gehört das Silvesterfeuerwerk zum Jahreswechsel einfach dazu. Es ist schön anzusehen und soll die bösen Geister des vorangegangenen Jahres vertreiben.
Doch das traditionelle Silvesterfeuerwerk hat auch eine Kehrseite. Dazu gehören etwa ein erhebliches Feinstaubaufkommen, hohe Verletzungsgefahr, Brände, Lärm, Rauch und Abfall.
Am ersten Tag des neuen Jahres sind Feinstaub-Werte von über 1.000 Mikrogramm Feinstaub (PM10) pro Kubikmeter in Großstädten keine Ausnahme. Dies stellt eine enorme Belastung im Vergleich zu einer mittleren Konzentration der städtischen Messstationen in Deutschland im Jahr 2016 von etwa 17 Mikrogramm pro Kubikmeter dar. Diese Messungen werden auch die von Ihnen erwähnte Studie nicht in Frage gestellt, die vom Verband der pyrotechnischen Industrie in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt durchgeführt wurde.
Die von Ihnen erwähnte Studie belegt weiterhin, dass durch das Abbrennen von Feuerwerkwerken zwar weniger Feinstaub als bisher angenommen, aber immer noch in erheblichen Mengen freigesetzt wird. Laut der neuen Studie werden pro Jahr 1477 t Feinstaub (PM10) durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern frei gesetzt, der größte Teil davon in der Silvesternacht. Das entspricht rund fünf Prozent der jährlich im Straßenverkehr abgegebenen Feinstaubmenge. Durch das Einatmen des Feinstaubs kann es zu vorübergehenden Beeinträchtigungen der Atemwege, einem erhöhten Medikamentenbedarf bei Asthmatikern oder zu Herz-Kreislauf-Problemen kommen.
Dazu kommt, wie von Ihnen erwähnt, eine nicht unerhebliche Verletzungsgefahr durch Feuerwerke. Von 2017 auf 2018 gab es in Berlin beispielsweise 1.800 Polizeieinsätze und 444 Brände, die durch den Umgang mit Pyrotechnik verursacht wurden. Mit Blick auf die in der Silvesternacht ohnehin bereits sehr stark ausgelasteten Ordnungsbehörden sehe ich es als unrealistisch an, dass sich die Verletzungszahlen wie von Ihnen vorgeschlagen durch verstärkte Kontrollen der Ordnungsbehörden signifikant reduzieren lassen.
Auch für Tiere stellt das Silvesterfeuerwerk eine Belastung dar. Laute Geräusche, Rauchentwicklung und das helle Licht, das von Feuerwerkskörpern ausgeht, sind Störquellen, die bei vielen Arten von Haus- und Wildtieren zu Desorientierung und erheblichem Stress führen können. Vögel beispielsweise fliegen teilweise unter großem Energieverlust höher als gewöhnlich.
Nicht zuletzt ist das enorme Abfallaufkommen durch Silvesterfeuerwerk problematisch, von dem auch diverse Schadstoffe in die Umwelt freigesetzt werden können.
Knapp 60 Prozent der Deutschen befürworten eine Einschränkung des Abbrennens von Feuerwerk und Böllern an Silvester in Innenstädten.
Aus all diesen Gründen gibt es in einigen Kommunen Diskussionen in die Richtung, das Abbrennen von Silvesterfeuerwerken auf professionelle, öffentliche Feuerwerke zu konzentrieren oder alternativ Licht- und Lasershows anzubieten. Konkrete Beschlüsse zur Einschränkung des Silvesterfeuerwerks gibt es bereits in Städten wie München, Hannover, Stuttgart oder Köln. Als Grund für Verbotszonen werden zumeist Sicherheitsbedenken geltend gemacht.
Bislang steht einer kommunalen Entscheidung jedoch eine unklare Rechtslage entgegen. Um diese Unklarheiten zu beseitigen und Rechtssicherheit herzustellen, sprechen wir uns dafür aus, durch eine Änderung der 1. Sprengstoffverordnung den zuständigen Behörden ermöglicht werden, Verbote für das Abbrennen von Knall- und Feuerwerkskörpern nach eigenem Ermessen zu verhängen. Das eröffnet den Kommunen die Möglichkeit, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu entscheiden, wie bei ihnen Silvester gefeiert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock