Frage an Annalena Baerbock von Ingo M. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Hallo Frau Baerbock,
in dem Bericht "Falschfahrer" zur PKW-Maut (Ein Jahr nach dem Scheitern der Pkw-Maut wird klar, wie Verkehrsminister Andreas Scheuer die Öffentlichkeit täuschte. Und wer ihm auf die Schliche kam. ) vom 15.07.2020 (Editiert am 20. Juli 2020, 14:50 Uhr) heißt es am Ende:
> Doch eine Sache ist so geheim, dass selbst die Abgeordneten dazu im Ausschuss nichts fragen dürfen, weil das formal über den vom Bundestag beschlossenen Untersuchungsgegenstand hinausginge. Es sind die Verhandlungen mit Kapsch und Eventim über den Schadensersatz. Sie finden nicht vor einem normalen Gericht statt, sondern hinter verschlossenen Türen, in einem privaten Schiedsgerichtsverfahren. Als gingen sie den Steuerzahler, der am Ende die Rechnung bezahlt, nichts an.<
Wenn ich das lese, kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass es Politiker in den höchsten Ebenen gibt, die meinen, sich in einer Bananenrepublik zu befinden, und diese zu ihrem Eigennutz ausbeuten zu dürfen. Klar ist das vorverurteilend, aber das bisherige, das ich in diesem Fall gelesen habe lässt nicht zu, dass Herr Scheuer reinen Gewissens oder vollkommen unverschuldet gehandelt hat. Eher das Gegenteil, und zwar aus niederen parteipolitischen und egoistischen Gründen nimmt er in Kauf, das unsere Demokratie und das Vertrauen der Wähler in die Politik irreparabel geschädigt und dringend benötigt Gelder der Gemeinschaft "für nichts" verschwendet werden. Das angegebene Zitat betreffend, frage ich sie direkt:
Was wollen sie, Frau Baerbock, und Ihre Partei bezüglich folgender Punkte unternehmen, damit das Vertrauen der Wähler in unsere Demokratie und deren Institutionen gestärkt wird:
1. Veröffentlichen der im Zitat benannten "geheimen Sache", Stichwort"Transparenz",
2. Minimieren des Verlustes der Gelder der Allgemeinheit in diesem und den anstehenden Gerichts-Verfahren,
3. Verhinderung solcher Fälle in Zukunft.
Der Punkt 1. liegt mir dabei besonders am Herzen.
Mit freundlichen Grüße
Ingo Majer
Sehr geehrter. I. M.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Das Maut-Desaster ist ein Trauerspiel für diese Bundesregierung. Verkehrsminister Scheuer (CSU) hat mit dem Geld der Steuerzahler gepokert, um ein Prestigeprojekt der CSU durchzudrücken. Das ist unverantwortlich. Verkehrsminister Scheuer hätte niemals einen Vertrag abschließen dürfen, der die Risiken einseitig auf den Bund abwälzt - erst recht nicht vor der Entscheidung des EuGH. Was wir jetzt brauchen, ist echte Transparenz. Die Menschen im Land haben ein Recht darauf zu erfahren, wie es dazu kommen konnte, dass Andreas Scheuer noch im Jahr 2018 den Auftrag an Privatunternehmen erteilt und damit dafür gesorgt hat, dass es zu Mehrausgaben kommt, obwohl es berechtigte Zweifel gab, dass die Maut EU-rechtskonform ist.
Das Maut-Desaster zeigt, dass wir in der Verkehrspolitik in Deutschland mit dem CSU-geführten Ministerium in der großen Koalition nichts anderes sind als im Hinterland. Dabei gibt es so viel zu tun: Wir wollen die Bahn modernisieren und ausbauen, damit auf Inlandsflüge verzichtet werden kann. Wir wollen die Mehrwertsteuer im Bahnverkehr senken und bei Flügen eine Kerosinsteuer einführen. Auch im Verkehrsbereich gibt es viel zu tun, um CO2 einzusparen. Stattdessen beschäftigt sich die Regierung aber seit Jahren auf dem CSU-Ticket mit der Maut.
Zum Untersuchungsausschuss kann ich wenig sagen, da für Bündnis 90/Die Grünen unser verkehrspolitischer Sprecher Stephan Kühn das Mitglied ist.
Mit freundlichen Grüßen
Annalena Baerbock