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Annalena Baerbock
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Frage von Jesper B. •

Frage an Annalena Baerbock von Jesper B. bezüglich Innere Sicherheit

Hallo Frau Bearbock,

ich wollte fragen, wie Sie zu einem Verbot automatischer Gesichtserkennung in der Öffentlichkeit durch die Polizei oder andere staatliche Akteure stehen?

Danke und beste Grüße,
Jesper Bellennbaum

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bellenbaum,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Der Einsatz von biometrischer Gesichtserkennung auf Grundlage algorithmischer Verfahren und „intelligenter Videoüberwachung“ im öffentlichen Raum erhöht nicht - wie vielfach falsch und populistisch postuliert - die öffentliche Sicherheit, sondern gefährdet diese und die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger massiv. Daher sind wir Grüne grundsätzlich gegen ihren Einsatz und der Meinung, dass sie gesetzlich ausgeschlossen gehört. Erschreckende Erfassungspraktiken wie die des US-Unternehmens clearview oder der jüngste Skandal um PimEyes unterstreichen dies und zeigen den dringenden Handlungsbedarf der Bundesregierung auf diesem Gebiet. Nicht nur die Unausgereiftheit der Systeme führt eine erhebliche Problemlage herbei, wie Pilotprojekte am Berliner Südkreuz zeigen, die mit enorm hohen Fehlerraten mit Falscherkennungen und tausendfachen Fehlspeicherungen zu täglichen unzulässigen Grundrechtseingriffen führen.

Digitale Gesichtserkennungssysteme bringen enorme Gefahren für die informationelle Selbstbestimmung, gefährden die Privatheit aller in öffentlichen Räumen und stellen unbescholtene Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht. Der Einsatz würde insbesondere für Minderheiten und Menschen mit Diskriminierungserfahrung verheerende Folgen mit sich bringen und gesellschaftlich ohnehin bestehende Diskriminierungen verfestigen. Wir sind der Meinung: Demokratien leben von der Verfügbarkeit grundsätzlich unüberwachter öffentlicher Räume, in denen sich Individuen frei bewegen können. Biometrische Gesichtserkennung stellt diese rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit massiv in Frage und droht die wichtige relative Anonymität öffentlicher Räume nachhaltig zu gefährden oder gar zu beenden.

Wir Grüne halten stets die Freiheitsrechte hoch und setzen uns daher für den Erhalt der Freiheit öffentlicher Räume als Räume der gelebten Demokratie und der Grundrechtsausübung und den Schutz relativer Räume der Anonymität ein. Deshalb fordern wir seit langem ein gesetzliches Verbot des Einsatzes von Verfahren der automatisierten Gesichtserkennung in öffentlichen Räumen, egal ob durch Polizei oder private Unternehmen.

Zu Beginn des Jahres haben wir u.a. einen Antrag hierzu erarbeitet und in den Bundestag eingebracht. Unser Antrag mit dem Titel „Freiheit und Rechtsstaatlichkeit erhalten – Kein Einsatz biometrischer Gesichtserkennung in öffentlichen Räumen“

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/168/1916885.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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