Frage an Annalena Baerbock von Jutta H. bezüglich Petitionen
Sehr geehrte Brau Baerbock,
sicherlich kennen Sie die Initiative „8. Mai zum Feiertag machen! Was 75 Jahre nach Befreiung vom Faschismus getan werden muss!". Nicht nur weil Esther Bejarano eine gute Freundin von mir ist und ich staune, mit welcher Energie und Klarheit diese Frau, die Auschwitz nicht nur überlebt hat, sondern über ihre schrecklichen Lebenserfahrungen bis heute laut spricht und Konsequenzen zeiht. So auch Peggy Parnass, Ernst Grube, Peter Neuhoff, Hans Coppi und Marianne Wilke, die alle diesen Aufruf unterstützen. Lange werden wir sie nicht mehr hören können. Aber es ist gewollt: Auf der Petitionsplattform change.org kamen in kurzer Zeit über 120.000 Unterschriften zusammen. Wie unterstützen Sie diese Initiative?
Viele Grüße
Sehr geehrte Frau Heppekausen,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Am 8. Mai 1945 wurde das nationalsozialistische Terrorregime von den alliierten Streitkräften besiegt. Zwölf Jahre lang hatte Deutschland unfassbares Leid über die Menschheit gebracht. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden wurden von Deutschen ermordet. Die endgültige Niederlage der nationalsozialistischen Massenmörder war, wie Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner Rede 1985 sagte, ohne Frage ein „Tag der Befreiung“. Der 8. Mai ist für uns deshalb ein Datum, das uns mit Dankbarkeit gegenüber den Ländern erfüllt, die das nationalsozialistische Regime besiegten und damit ein demokratisches Deutschland erst möglich machten. Die bedingungslose Kapitulation Deutschlands war der erste Schritt hin zu Freiheit und Menschenrechten, auch wenn es bis 1989 dauern sollte, bis diese in ganz Deutschland erkämpft wurden.
Wir finden daher die Initiative, den 8. Mai als gesetzlichen Feiertag einzuführen, wichtig, um eine breite Debatte in Gesellschaft und Politik in Gang zu setzen. Denn es ist ein Tag, der zum Nachdenken und zur öffentlichen Debatte anregt, ein komplexes und ambivalentes Datum. Unmittelbar nach Kriegsende folgte für einige Jahre eine anarchische „Wolfszeit“ (Harald Jähner); für viele Menschen begann neues Leiden. Die Vertreibungen von vielen Millionen Deutschen hatten auch ihre Ursache in der mörderischen Expansionspolitik des nationalsozialistischen Deutschlands. Auch dessen sollten wir uns an diesem Tag bewusst sein. Denn gerade in Zeiten von Rechtspopulismus und neuem Nationalismus gilt es an die Folgen der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik zu erinnern.
Für uns ist es allerdings wichtig, dass solch ein Tag starke gesellschaftliche Verankerung findet, damit es tatsächlich ein Tag des Erinnerns und Mahnens wird – und nicht nur ein weiterer arbeitsfreier Tag. Auf dieser Basis sollten die Parlamente darüber debattieren, ob der 8. Mai tatsächlich ein gesetzlicher Feiertag wird oder ein Gedenktag.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock