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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Anne S. •

Frage an Annalena Baerbock von Anne S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Baerbock,

aus meiner persönlichen Erfahrungen als IT-Entwicklerin in der öffentlichen Verwaltung weiß ich, dass ein Problem, das einen Großteil der Kolleginnen und Kollegen überfordert die enorme Komplexität der Prozesse und Technologien ist, auch wenn viele es bisher nicht offen zugeben und es ihnen nach wie vor gelingt, sich irgendwie durchzuwurschteln. Das Primat der Politik wird nach wie vor hochgehalten. Dieses Durchwurschteln gelingt, weil es immer noch einen gewissen Prozentsatz von Leistungsträgerinnen und Trägern gibt, die die Kohlen aus dem Feuer holen, doch ich erlebe, dass deren Wert in den letzten Jahren bei steigenden Anforderungen eher konstant bleibt.

Als Partei, die mit dem Anspruch antritt, die Gesellschaft auf allen Ebenen gerechter zu machen, sind die Grünen dann damit konfrontiert der Komplexität Herr/Frau zu bleiben und darüberhinaus den Algorithmen zum Beispiel Gendergerechtigkeit „beizubringen“.

Meine Frage deshalb: Welche Strategien haben die Grünen, um die Technik und Prozesse, ob der oben beschriebenen Problematik, beherrsch- und administrierbar zu halten?

Einfach nur auf das Bestehende etwas draufzusatteln, steigert nämlich zunächst lediglich die Komplexität der Prozesse und Technologien.

Ein Teil des Ärgers meiner Kolleginnen und Kollegen sowie deren Unwilligkeit zur Veränderung, rührt in meinen Augen auch daher, dass sie bereits ohne die gegenwärtig für die Grünen so wichtigen Gerechtigkeitsideslismen, kein Land mehr sehen. Ist die Politik, sich dessen bewusst, dass ggf. die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung gar nicht ausreichend ist, oder wird der Umsetzung des Idealismus alles untergeordnet, nach dem Motto, wo ein Ziel ist, ist auch ein Weg?

Mit freundlichen Grüßen

A. S.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schneider,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre eindrückliche Schilderung. Es ist sehr interessant und leider auch ärgerlich, dass Sie als IT-Entwicklerin in der Verwaltung den Eindruck bestätigen, den die Bundesregierung hier seit Jahren hinterlässt.

Die Modernisierung des Verwaltungswesens lahmt seit Jahren. Die Modernisierungsversprechen der letzten drei Bundesregierungen wurden größtenteils nicht eingehalten. Der jüngste Versuch, mit dem sogenannten Onlinezugangsgesetz 600 relevante Verwaltungsleistungen des Bundes, der Kommunen und der Länder zu digitalisieren, droht abermals in einem Milliardenfiasko zu münden. Das reiht sich leider in die anderen gescheiterten IT-Großprojekte des Bundes (E-Government, ePerso, DE-Mail, Gesundheitskarte, etc.) ein.

Hierfür gibt es selbstverständlich viele Ursachen, die Sie technisch gut beurteilen können. Es gibt allerdings zwei große Probleme, die besonders hervorstechen. Zum einen scheitern viele Projekte am mangelnden Vertrauen. Ohne Vertrauen der BürgerInnen ist kein IT-Projekt zu realisieren. Dies hängt wiederum mit dem zweiten Aspekt zusammen, dem fehlenden Willen, Digitalisierung als politischen Gestaltungsprozess zu verstehen. Bis heute ist bei der Bundesregierung nicht erkennbar, dass sie eine leitende Vision bei der Gestaltung der Digitalisierung für alle hat. Dabei ist der Zugang zu staatlichen Leistung in digitaler Form in einer modernen Gesellschaft ein wesentliches Element der sozialen Teilhabe. Das spüren wir besonders deutlich in der aktuellen Corona-Krise. Für besonders betroffene Menschen ist es essentiell, dass sie Verwaltungsleistungen in Anspruch nehmen können, ohne persönlich anwesend sein zu müssen.

Daher fordert die AG Digitalpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen in ihrem Beschluss "Digitalisierung und Corona: Mit digitalen Lösungen die Krise besser bewältigen" u.a.:

- die schleppende Umsetzung des OZG muss beschleunigt und krisenrelevante Verwaltungsdienstleistungen sofort digitalisiert sowie Formulare und Anträge für Unternehmen in größtmöglichem Umfang einfach und digital zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollten für Bürger*innen digitale Identitäten und Eigen-Authentifizierungen per Smartphone ermöglicht werden

Den Beschluss finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/netzpolitik/mit-digitalen-loesungen-gegen-und-durch-die-corona-krise

Hinsichtlich der IT-Sicherheit als Voraussetzung für alle Digitalprojekte haben wir einen breiten Maßnahmenkatalog beschlossen. Dabei ist es uns auch wichtig, die MitarbeiterInnen mitzunehmen. https://www.gruene-bundestag.de/themen/netzpolitik/it-infrastrukturen-sichern

Wir werden uns auch weiter für die Beschleunigung des E-Governments, gemeinsam mit den MitarbeiterInnen einsetzen. Schließlich geht es hier darum, die soziale Teilhabe aller zu ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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