Frage an Annalena Baerbock von Janina M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Baerbock,
mit großem Interesse habe ich die Klimaziele ihrer Partei aufgenommen. Die Situation stellt sich jedoch so dar, dass die angestrebten Ziele ganz offensichtlich aus Ihrer Sicht nur durch die massive Reduzierung des Straßenverkehrs erreicht werden sollen, ohne das echte Alternativen für die Autofahrer gegeben sind.
Ich habe selber viele Kollegen, die aufgrund der hohen Mietpreise in der Stadt, in der ich wohne, nur im Umland leben können und teilweise 50 km oder mehr vom Arbeitsort wegziehen mussten, um sich überhaupt eine passende Wohnung leisten zu können. Leider sind für diese Personen Anreisen mit dem öffentlichen Nahverkehr aufgrund der schlechten Infrastruktur kaum umsetzbar, eine Kollegin wohnt in einem Ort, wo es noch nicht einmal einen Bahnhof gibt und sie 2,5 Stunden pro Strecke mit den „Öffis“ anreisen müsste, wenn sie das Autofahren nicht mehr finanzieren kann. Muss nicht erst die Infrastruktur gegeben sein, damit Menschen auch mit Bus und Bahn zur Arbeit in angemessener Zeit reisen können, bevor man das Autofahren so verteuert, dass es für Normalverdiener nicht mehr finanzierbar ist? Warum wollen Sie gerade die Gering- und Normalverdiener so mit Ihren Plänen bestrafen?
Und warum werden nicht auch andere Aspekte bei der C02-Emissionsreduzierung beachtet? Etwa 33 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Jahr werden durch den Betrieb des Internets und internetfähiger Geräte in Deutschland verursacht – etwa so viel wie gesamte Flugverkehr im Land.
Außerdem erzeugen Kühe vor allem das Treibhausgas Methan, sie rülpsen es buchstäblich in die Atmosphäre. Und dort richtet es weitaus mehr Schaden an als Kohlendioxid. Methan ist für das Klima 21-mal schlimmer als CO2. Muss deshalb nicht eher eine deutliche Reduzierung der Viehhaltung erzielt werden und beispielsweise eine CO2-Abgabe auf Rindfleisch erhoben werden?
Ich bedanke mich schon im Voraus für Ihre Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
J. M.
Sehr geehrte Janina Meier,
vielen Dank für Ihre Email zum Thema Mobilität.
Sie haben völlig recht: Mobil zu sein, gehört zu unserem Leben. Wir GRÜNE wollen es für jede und jeden einfach machen, sein Ziel so umweltfreundlich und nachhaltig wie möglich zu erreichen. Doch Verkehr 2019 bedeutet noch immer: Verpasste Anschlusszüge, überfüllte Busse und Straßenbahnen sind genauso wie trostlose Bahnhöfe und schlechte Fuß und Radwege häufig traurige Realität. Gerade in ländlichen Regionen fehlt ein attraktiver und flächendeckender Nahverkehr. Für viele heißt Verkehr 2019 deswegen immer noch in erster Linie Auto fahren, auch da es zu oft keine Alternativen gibt. Gleichzeitig verfügen Teile unserer Gesellschaft, wie zum Beispiel Frauen, ältere Bürger*innen und Menschen mit Behinderung, aber auch Jugendliche viel seltener über ein eigenes Auto und sind daher zwangsläufig auf einen guten ÖPNV angewiesen. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass die Menschen in Zukunft mit ÖPNV, mit der Bahn, auf sicheren Rad- und Fußwegen und mit sauberen Autos ihre Ziele umweltfreundlich erreichen können.
Wir GRÜNE denken Mobilität neu mit Lebensqualität, ohne Lärm, Dreck und Stau. Und dort, wo wir regieren, setzen wir das gemeinsam mit grünnahen Bewegungen um. So hat das Netzwerk Volksentscheid Fahrrad in Berlin dafür gesorgt, dass sich bei der städtischen Verkehrswende was dreht. In Berlin bringt die grüne Verkehrsverwaltung gemeinsam mit den Radfahrer*innen ein Radgesetz als Teil eines Mobilitätsgesetzes auf den Weg. Baden-Württemberg prescht voran beim Ausbau der Infrastruktur für die E-Mobilität. Wir laden alle ein, an der Verkehrswende aktiv mitzuwirken. Während die Große Koalition in den 1960er-Jahren stecken geblieben ist und ihre Verkehrspolitik weiterhin nur auf das Auto ausrichtet, wollen wir in ein neues, zukunftsfähiges und vielfältiges Mobilitätsangebot investieren. Dazu gehört für uns ein dichtes und modernisiertes Bahnnetz, das Pünktlichkeit und aufeinander abgestimmte Anschlüsse in ganz Deutschland – und dort wo möglich auch grenzüberschreitend in ganz Europa – garantiert. Ebenso gehören dazu sichere und schnelle Wege für alle Fahrradfahrer*innen von jung bis alt, leise Autos ohne Auspuff und mit Fahrspaß sowie die Stromtankstelle gleich um die Ecke. Wir setzen uns dafür ein, dass auch der Fußverkehr endlich eine angemessene Wertschätzung und finanzielle Förderung erfährt. Unser Ziel sind nachhaltige und familienfreundliche Mobilität statt immer mehr Verkehr. Das bedeutet: saubere Autos und mehr Car- und Bikesharing, ein besseres Zug- und ÖPNV-Angebot für alle in der Stadt und auf dem Land. Unser öffentlicher Personenverkehr muss von allen genutzt werden können – deshalb streiten wir dafür, dass er barrierfrei gestaltet wird.
Für mehr Klimaschutz ist ein bewussterer und geringerer Fleischkonsum hilfreich - da geben wir Ihnen völlig recht.
Mit freundlichen Grüßen
Annalena Baerbock