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Annalena Baerbock
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Frage von Marti M. •

Frage an Annalena Baerbock von Marti M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Frau Baerbock!

Wie finden Sie den Vorschlag der EU für ein Verbot von einigen Artikeln aus Plastik (wie Strohhalme oder Wattestäbchen)? Finden Sie den Vorschlag schon lange überfällig? Wie würden Sie abstimmen, sollte es einen Antrag dafür geben und würden Sie den Antrag auch selber verfassen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mlodzian,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Der Vorschlag der EU-Kommission war überfällig. Ich finde, dass sich die Bundesregierung der Initiative der EU-Kommission anschließen sollte. Union und SPD müssen jetzt nachziehen und konsequente Maßnahmen einleiten, um Wegwerfplastik zu vermeiden, Mehrwegverpackungen zu stärken und den Einsatz von recyceltem Kunststoff zu fördern. Denn am Ende brauchen wir weniger und bessere Verpackungsmaterialien, und dazu muss die Bundesregierung vor allem auch die Hersteller in die Pflicht nehmen. Auch wenn Verbote für besonders unsinnige und umweltschädigende Produkte sinnvoll sein können, so packen sie das Problem nicht an der Wurzel. Dafür muss zunächst die staatliche Subventionierung von Plastikmüll endlich ein Ende haben. Denn wie kann es sein, dass der Staat Erdöl zur Produktion von Kunststoffen nicht besteuert – im Gegensatz zur Verwendung von Erdöl für Kraftstoffe. Damit subventioniert der Staat den Plastikwahn pro Jahr mit mindestens 780 Mio. Euro. Die Grüne Bundestagsfraktion wird dazu auch demnächst Anträge in den Bundestag einbringen.

Denn klar ist: Unser Planet ist voller Plastik, überall. Ob im Eis der Antarktis oder in den Quellbächen der Hochgebirge, in den Meeren sowieso. Überall, selbst in den abgelegensten Ecken der Welt, weitab von Zivilisation, gibt es Plastik, wie etwa jüngst Greenpeace sogar in der entlegenen Antarktis nachweisen konnte. Unser Alltag wird von Plastik bestimmt, beim morgendlichen Duschen in Form von Mikroplastik im Shampoo, die Verpackung von Käse oder Wurst für die Schulbrote, der Kaffee To Go im Wegwerfbecher und so weiter. Die Folgen dessen sind noch zu wenig erforscht, doch sie können kaum gut sein.

Plastik ist für viele Bereiche ein sinnvoller Werkstoff. Wenn aber auf Langlebigkeit und Haltbarkeit getrimmte Stoffe auf Erdölbasis nur für wenige Sekunden im Einsatz sind, um dann in den Müll geworfen zu werden, ist das Irrsinn. Die EU-Kommission hat immerhin die Zeichen der Zeit erkannt und will die wachsende Plastikflut in Europa eindämmen.

In kaum einem EU-Land fällt pro Kopf so viel Kunststoffabfall an wie in Deutschland. Die Bundesregierung hat sich viel zu lange auf der vermeintlichen Vorreiterrolle des Recyclingweltmeisters ausgeruht. Strategien zur Müllvermeidung und der Ausbau der Recyclingkapazitäten wurden komplett verschlafen. Es ist bezeichnend, dass eine Initiative zur Reduzierung unseres Plastikabfalls nicht aus Berlin, sondern aus Brüssel kommt.

Mit herzlichen Grüßen
Annalena Baerbock

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