Frage an Annalena Baerbock von Holger S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Baerbock,
das Personenbeförderungsgesetz ermöglicht es mit eigenwirtschaftlichen Anträgen den Arbeitnehmerschutz und Qualitätsvorgaben im ÖPNV zu umgehen. Beschäftigten droht dadurch bei Vertragsvergaben Arbeitsplatzverlust, tarifgebundenen Unternehmen die Insolvenz.
Ich wünsche, dass soziale und qualitative Vorgaben auch bei eigenwirtschaftlichen Anträgen eingehalten werden müssen. Wettbewerb darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten und der Fahrgäste ausgetragen werden.
Bitte teilen Sie mir bis zum 22.08.2917 mit, wie Sie dazu stehen, damit ich dies bei meiner Wahlentscheidung berücksichtigen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Für mich gilt ein Vorrang für fairen Wettbewerb. Beim Personenbeförderungsgesetz (PBefG) muss angemessen nachgesteuert werden, um einen Wettbewerb auf dem Rücken von Beschäftigten und zulasten sozialer Standards zu verhindern. Daher muss im PBefG präziser definiert werden, was unter den Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre fällt, und sichergestellt werden, dass die dort getroffenen Regelungen im Einklang mit dem EU-Recht stehen. Soziale und ökologische Standards sollen mehr Gewicht erhalten.
Bei Verkehren, die der Aufgabenträger initiiert hat, besteht grundsätzlich Wahlfreiheit. An dieser Stelle ist das PBefG und die EU-Verordnung 1370/07 recht klar. Das PBefG definiert in § 8 Absatz 4 zwar den genehmigungsrechtlichen Vorrang eigenwirtschaftlicher, also unternehmerinitiierter Verkehre. Der Unternehmer entscheidet, ob er die Verkehrsleistungen auf eigenes Risiko erbringen kann. In diesem Falle steht dem Unternehmen die eigenwirtschaftliche Genehmigung offen. Kann der Unternehmer den Verkehr nicht eigenwirtschaftlich erbringen, so liegt das weitere Prozedere in den Händen des Aufgabenträgers. Der Aufgabenträger hat dann die Federführung und prüft, ob ein öffentliches Verkehrsinteresse vorliegt. Die besondere Stellung des Unionsrechts eröffnet dem Aufgabenträger die Möglichkeit, nach seinem Ermessen zu entscheiden, ob er eine allgemeine Vorschrift erlässt, einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag vergibt oder die Option nutzt und die Verkehrsleistung als öffentlichen Dienstleistungsauftrag an das regionale mittelständische Verkehrsunternehmen direkt vergibt.
Herzliche Grüße
Annalena Baerbock