Frage an Annalena Baerbock von Thomas S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Baerbock,
Sie wurden auf abgeordnetenwatch mehrfach befragt, wie grüne Politik die vom Menschen erzeugte CO2-Produktion reduzieren möchte um das Klima zu schützen.
Zitate aus Ihren Antworten:
"Der im Deutschlandfunk gezogene Vergleich sollte, wie ich auch in der Sendung deutlich gemacht habe, ein plakatives Beispiel dafür sein, wie jede einzelne Verbraucherentscheidung den CO2-Ausstoß, Umweltschäden usw. beeinflusst. Ein anderes Beispiel wäre der Vergleich vor allem nationaler Flug- und Bahnreisen. Mein Ziel dabei ist es, Denkanstöße für einen bewussten Konsum zu geben. "
http://www.abgeordnetenwatch.de/annalena_baerbock-778-78004--f448008.html#q448008
"Die Politik bietet viele Ansätze, um unseren persönlichen Fußabdruck zu verringern. Dabei geht es vor allem um verbindliche Klimaschutzvorgaben für die Wirtschaft oder Energiegewinnung, den Verkehrs- oder Landwirtschaftssektor."
http://www.abgeordnetenwatch.de/annalena_baerbock-778-78004--f442958.html#q442958
Ich möchte mich umweltgerecht verhalten, möchte z.B. gerne die m.E. bequeme und umweltfreundliche Bahn nutzen, aber als Mensch mit geringem Einkommen empfinde ich die Bahnfahrpreise für mich oft als unzumutbar. Der Normalfahrpreis der DB AG beträgt je nach Nutzungsanteilen verschiedener Zugkategorien ca. 0,18-0,22 € pro Kilometer, dieser kann zwar durch Sparangebote ermässigt werden, die aber nur eingeschränkt verfügbar sind.
Ich habe für Donnerstag (28.01.2016) Preisvergleiche für die einfache
Fahrt von Berlin nach Frankfurt/Main angestellt:
Die DB verlangt als Normalfahrpeis im Schnitt 120 € und bietet Sparangebote in einem Rahmen von 60 - 90 €.
http://www.directupload.net/file/d/4245/wuqx276m_jpg.htm
Fenbusreisen und Mitfahrgelegenheiten ermöglichen die gleiche Fahrt
für einen Preis von im Schnitt 30 €.
http://www.directupload.net/file/d/4245/rpotg638_jpg.htm
Frage: Werden sich die Grünen für günstigere Bahnfahrpreise
für arme Menschen einsetzen?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
herzlichen Dank für Ihre Frage, die ich gern etwas ausführlicher beantworten möchte.
Ja, wir Grünen setzen uns für günstigere Bahnfahrpreise ein und sind dennoch der Auffassung, dass die Eisenbahnverkehrsunternehmen ihre Preise nach betriebswirtschaftlichen Kriterien kalkulieren sollten. Letztendlich werden aus den Einnahmen auch die Löhne und Gehälter der zahlreichen Beschäftigten am Gleis und im Zug bezahlt. Trotzdem hat gerade die Bundespolitik zahlreiche Möglichkeiten, den Bahnverkehr kostengünstiger zu gestalten.
Denn im Gegensatz zum Fernbus, der lediglich seine eigenen Betriebskosten zu tragen hat, muss das System Bahn auch die gesamte Infrastruktur und deren Erhalt mitfinanzieren. Diese Infrastrukturabgabe, die sogenannten Trassenpreise, sind ein entscheidender Kostenblock bei den Produktionskosten im Bahnverkehr: Rund 55 Prozent aller Produktionskosten im Bahnverkehr fallen in der Infrastruktur an. Der Fernbus zahlt z.B. keinen Cent für Bau und Erhalt der Autobahnen.
Die Trassenpreise, die die Kosten des Zugbetriebs im Netz abdecken sollen, sind in Deutschland jedoch deutlich überhöht. Nicht die tatsächlichen Kosten des Zugbetriebs werden erhoben, sondern zusätzliche Aufschläge, die über die zu hohen Trassenpreise in Deutschland dann auch die Ticketpreise unnötig verteuern. Um es an Ihrem Beispiel von Berlin nach Frankfurt/M. besser darzustellen: Nach den Auskünften der Netzinfrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn, DB Netz AG, kostet der unmittelbare Zugbetrieb des ICE etwa 1,67 Euro pro Kilometer. Die erhobenen Trassenentgelte auf der Strecke liegen jedoch bei etwa 8,95 Euro pro Kilometer ( siehe http://gruenlink.de/13kr ); Streckenkategorie Fernstrecke F1 multipliziert mit Personenverkehrs-Expresstrasse).
Wir Grünen wollen niedrigere Trassenpreise, d.h. entsprechend der EU-Richtlinie 2012/34 sollen nur die unmittelbaren Kosten des Zugbetriebs erhoben werden. Zwischen Berlin und Frankfurt/M. also lediglich 1,67 Euro pro Kilometer. Nach diesem Grenzkostenprinzip mit vergleichsweise günstigen Trassenpreisen kalkulieren zahlreiche Eisenbahninfrastrukturunternehmen in der Europäischen Union. So hätten auch in Deutschland die Bahnunternehmen deutlich mehr Spielraum, über günstigere Preise für das klimafreundliche Verkehrsmittel Bahn wieder mehr Kunden zu erreichen. Nicht zuletzt wollen wir über einen sogenannten „Deutschland-Takt“ mit einem dichten Takt im Nah- und Fernverkehr und guten Anschlüssen in den großen Knotenbahnhöfen insgesamt mehr Fahrgäste für das System Schiene gewinnen, so dass über besser ausgelastete Züge die Kosten des Zugverkehrs auf mehr Menschen aufgeteilt werden.
Ein weiterer Aspekt scheint mir wichtig. In den vergangenen Jahren hat die DB AG viel Geld in Logistikunternehmen außerhalb von Deutschland investiert. Wir Grünen sind der Meinung, dass sich die Deutsche Bahn dagegen auf die Schiene in Deutschland beschränken muss und Angebote, Zuverlässigkeit und Komfort verbessern sollte.
Abschließend ein Hinweis zum Bahnfernverkehr: Nicht allein die Sparpreise der Deutschen Bahn sind eine Alternative zum Normalfahrpreis. Dieses Jahr gehen interessante und günstige Fernverkehrsangebote der konkurrierenden Eisenbahnunternehmen „Der Schnellzug“ und „Locomore“ an den Start. Insofern setzen wir Grüne weiterhin auf den Wettbewerb auf der Schiene; gerade im Schienenfernverkehr sehen wir noch erheblichen Nachholbedarf.
Mit freundlichen Grüßen
Annalena Baerbock