Portrait von Annalena Baerbock
Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
0 %
/ 587 Fragen beantwortet
Frage von Friedrich S. •

Frage an Annalena Baerbock von Friedrich S. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Baerbock,

mich würde interessieren wie Sie zum Freihandelabkommen TTIP stehen. Wenn Sie es befürworten, würde mich interessieren wie Sie sich dafür einsetzen und falls nicht wie Sie diese Position unterstützen.

ich bedanke mich im voraus für Ihre Antwort

Portrait von Annalena Baerbock
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schumann,

vielen Dank für Ihre Frage zum Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Befürchtungen, dass in aller Stille wichtige Umwelt-, Verbraucher-, Sozial- und Datenschutzstandards abgesenkt werden sollen, sind berechtigt. Zudem droht die Einführung von Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren und damit die Gefahr, dass künftig Unternehmen nationale Rechtssysteme unterlaufen können. Das muss aus meiner Sicht sowie aus Sicht meiner Partei verhindert werden.

Wir Grünen begrüßen grundsätzlich Initiativen zur Vertiefung der transatlantischen Beziehungen und auch den Abbau von Zöllen sowie eine stärkere Zusammenarbeit bei technischen Fragen und Genehmigungen. Angesichts von Finanz- und Bankenkrise wurde beispielsweise erneut deutlich, dass es international vereinbarte Standards und auch eine Stärkung gemeinsamer Kontrollmechanismen braucht. Eine vertiefte Partnerschaft mit den USA, aber auch mit andern Ländern, kann dazu einen positiven Beitrag leisten. Allerdings muss eine solche Partnerschaft dann immer zum Ziel haben, soziale und ökologische Standards auf beiden Seiten zu stärken. Zudem müssen die Verhandlungen transparent geführt werden. Das vorliegende ausufernde Verhandlungsmandat, das lange Zeit gar nicht öffentlich war, erfüllt dies jedoch nicht.
Die Grüne Fraktion im Europaparlament hat daher das vorliegende Mandat abgelehnt und wir Grünen fordern insgesamt einen Neustart der Verhandlungen.

Unsere grünen Mindestanforderungen haben wir bereits vor der Erteilung des Verhandlungsmandats an die EU-Kommission formuliert. So haben wir im Rahmen einer sogenannten Artikel 23 Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung klargemacht, dass die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament zwingend an den weiteren Beratungen beteiligt werden müssen. Im Zuge immer neuer Enthüllungen in der transatlantischen Überwachungs- und Geheimdienstaffäre haben wir uns vor etlichen Monaten bereits in parlamentarischen Initiativen dafür ausgesprochen, das Abkommen zumindest so lange auszusetzen. Die im Raum stehenden Vorwürfe müssen vor einem Neustart aufgeklärt werden.

In der vergangenen Woche hat meine Fraktion im Bundestag die Bundesregierung zudem noch einmal ganz explizit aufgefordert, dass sie keinem Abkommen zustimmt, dass Klageprivilegien für Konzerne und Vorschläge für einen Investor-Staat-Schiedsmechanismus enthält. Investor-Staat-Klagemöglichkeiten sollen Investitionen im Ausland schützen, sie haben aber ein erhebliches Missbrauchspotential und stellen damit vielfach einseitige Klageprivilegien für Konzerne dar, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Dazu gibt es schon heute zahlreiche Erfahrungen mit bereits bestehenden bilateralen Investitionsschutzabkommen. Ich bin der Meinung, dass sowohl die EU als auch die USA über gut funktionierende Rechtssysteme verfügen und keine Schiedsgerichte zum alleinigen Schutz von Investoren brauchen. Ein zusätzliches Klage-Privileg für Investoren bringt in einem Abkommen zwischen den USA und der EU deshalb keinen zusätzlichen Nutzen, sondern birgt vor allem zusätzliche Gefahren und könnte dazu führen, dass Politiker aus Angst vor möglichen Klagen und deren Kosten, daran gehindert werden, neue Gesetze und höhere Standards zu erlassen. Damit droht politischer Stillstand.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten und Sie vielleicht auch davon überzeugen, dass es einen Neustart für die Verhandlungen braucht.

Mit freundlichen Grüßen
Annalena Baerbock

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Annalena Baerbock
Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen