Frage an Annalena Baerbock von Winfried W. bezüglich Verkehr
Die Einwohnerzahlen stagnieren oder gehen zurück. Was muss von der zukünftigen Bundesregierung getan werden, damit nicht nur der Profit die Häufigkeit und die Strecken des ÖPNV bestimmen?
Lieber Winfried Wolfrum,
vielen Dank für die Anfrage.
Der öffentliche Nahverkehr ist Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dafür gibt der Staat jedes Jahr viele Milliarden Euro an Zuschüssen, um einen bezahlbaren und flächendeckenden ÖPNV zu gewährleisten. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass der Bund diese Förderung auch weiterhin auf hohem Niveau weiterführt und sich nicht aus der Verantwortung für diesen Bereich der Daseinsvorsorge zurückzieht.
Die konkrete Ausgestaltung des ÖPNV Angebots vor Ort ist Aufgabe der so genannten Aufgabenträger. Das sind die Länder, Kommunen, Kreise oder auch Verkehrsverbünde. Sie müssen finanziell in die Lage versetzt werden, eine gute ÖPNV-Versorgung anzubieten. Für unser Bundesland Brandenburg als Flächenland, das in vielen Gebieten von Bevölkerungsverlust geprägt ist, brauchen wir - wie ja bereits gemeinsam diskutiert - auch kreative und bedarfsorientierte Angebote wie zum Beispiel Rufbusse oder Anrufsammeltaxis, die Linienverkehre ergänzen. Solche Ideen müssen aus meiner Sicht für Brandenburg weiterentwickelt und stärker verankert werden, damit unsere Kinder in die Schule, RentnerInnen zum Arzt fahren oder ArbeitnehmerInnen ihren Arbeitsplatz erreichen können. Schulbildung oder Wahl des Arbeitsplatzes darf nicht an einer nicht ausreichenden Anbindung an den ÖPNV scheitern.
Mobilität für alle im Sinne dieser Gewährleistung wird nur mit dem schienengestützten öffentlichen Nahverkehr zu garantieren sein. Gerade in den strukturschwachen Regionen müssen die Menschen auch per Zug mobil sein können; gerade hier sind Pendlerinnen und Pendler, aber auch der Tourismus, der in dünn besiedelten Regionen wie der Prignitz oder Uckermark eine zentrale Form der Wertschöpfung darstellt, auf gute Zugverbindungen angewiesen. Und dies sicherzustellen liegt vor allem in der Verantwortung der Landesregierung. Entscheidungen über Taktverdichtungen, Streckenausbau oder Linienführung in den Regionen fallen hier. Mehr als kontraproduktiv sehen wir BÜNDNISGRÜNE in Brandenburg daher auch die von der rot-roten Landesregierung im Rahmen des Landesnahverkehrsplans für diverse Strecken vorgesehenen Taktausdünnungen im Schienenpersonenverkehr. Sie stellen die dünn besiedelten Regionen, die ohnehin mit großen wirtschaftlichen und demografischen Problemen zu kämpfen haben, endgültig auf das Abstellgleis.
Auch der Verweis aufgrund knapper Finanzmittel Strecken abbestellen zu müssen, folgt einer völlig falschen Logik. Nur ein attraktiver Nahverkehr ermöglicht nachhaltige Fahrgaststeigerungen, die zu einem Zuwachs des Marktanteils des Schienenverkehrs führen können.
Als Brandenburger BÜNDISGRÜNE haben wir daher die Landesregierung aufgefordert, auf eine Abbestellung von Bahnstrecken zu verzichten. Für die Gewinnung von Fahrgästen sind neue Strecken, Taktverdichtungen und Haltepunkte zentral. Auch als mögliche Bundestagsabgeordnete möchte ich mich dafür stark machen, dass der ÖPNV in unserem Land nicht zu einem Rumpfangebot für Einige verkommt, sondern fester Bestandteil der Daseinsvorsorge in allen Regionen ist und bleibt.
Beste Grüße
Annalena Baerbock