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Frage von Szymon S. •

Frage an Anna-Tina Pannes von Szymon S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Pannes,

Ich würde gerne auf ihre Begründung zur Ablehnung eines Lobbyregisters eingehen. Ihre Begründung fußt auf der Aussage, Kontrolle würde kein Vertrauen schaffen. Da bin ich bei ihnen doch ich würde behaupten, dass es nicht die Aufgabe der Politik sei, den Konzernen zu vertrauen, sondern bei Lobbykontakten zum einen darauf zu achten, was jeweilige Industriezweige für Wünsche und Anforderungen oder sogar Anregungen haben und zum anderen, inwiefern diese in die Sozialstruktur etablierbar sind. Meine Frage wäre an dieser Stelle, ist es nicht naiv den Lobbyisten zu vertrauen, da diese offensichtlich nur im Sinne ihrer Arbeitgeber handeln?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Szymanski,

ja, es wäre absolut naiv, etwas anderes anzunehmen, als dass Lobbyisten die Interessen ihrer Arbeitgeber zu vertreten - genau das ist ihre Aufgabe und insoweit ist dies auch unproblematisch, denn das weiß ja jeder Politiker und das weiß auch jeder Bürger. Entscheidend ist die Frage, wie das politische System mit diesen artikulierten Interessen umgeht. Die Annahme eines einfachen Wirkzusammenhangs "Lobbyisten sagen, was sie wünschen, und die Politik tut das" halte ich für wenig zutreffend. In jedem Fall ließe sich dies nicht mit einem verschärften Lobbyregister verhindern. Meine These: Der Erkenntnisgewinn eines solchen Registers ist äußerst gering - die einschlägigen Verbände und Lobbyisten sind bekannt, es ist kein Geheimnis, dass man sich trifft. Und die Politik ist auch darauf angewiesen, mit den Vertretern der Praxis zu sprechen. Verschärfen wir die Regeln, erhöhen den Kontrolldruck, erwecken den Eindruck von Unrechtmäßigkeit, dann wird folgendes geschehen: Die Gespräche und Treffen, von denen wir heute ziemlich gut wissen, wann, mit wem und wie sie stattfinden, verlagern sich in einen Bereich, wo wir das alles nicht mehr wissen - man trifft sich inoffiziell außerhalb des poltischen Geländes. Damit wäre das genaue Gegenteil des Gewünschten erreicht, nämlich weniger Transparenz.

Diese aus meiner Sicht heute vorhandene Transparenz ermöglicht es auch, die tatsächlich vorkommenden problematischen Einflüsse aufzuzeigen und innerhalb der politischen Debatte zu diskutieren - das sind die "Skandale", von denen wir hören. Man könnte dies ja auch so werten, als dass das "Kontrollsystem" dementsprechend bereits wirkt. Ansonsten muss man aber schon immer im Einzelfall schauen, ob wirklich ein problematischer Lobbyeinfluss vorliegt oder bloß eine Übereinstimmung der Interessen: Wenn die Politik z.B. beschließt, die Windenergie stärker zu fördern, dann wird sie sich mit Vertretern der Windenergie-Branche treffen müssen, um zu fragen, wie genau eine solche Förderung aussehen könnte. Ein letztendliches Gesetz wäre dann aufgrund einer politischen Entscheidung (Förderung Windenergie) geschrieben worden. Aber weil die Windbranche das dann auch befürwortet, sieht das nach "bösem" (?) Lobbyismus aus. Mit diesem kurzen Beispiel habe ich versucht, zu skizzieren, dass das Thema Lobbyismus sehr viel komplexer ist, als manche Organisationen und die öffentliche Meinung das bisweilen darstellen. Für eine ausführliche Diskussion ist dies hier nicht das richtige Format. Ich würde mir aber wünschen, dass die Politik das Thema von sich aus zum Gegenstand einer Debatte macht, erklärt, wie die Mechanismen in der Praxis wirken, und um neues Vertrauen wirbt. Ich jedenfalls versuche dies, in meinem kleinen Rahmen zu tun.

Mit freundlichen Grüßen
Tina Pannes