Frage an Anna Lührmann von Florian W. bezüglich Kultur
Guten tag,
meine Frage ist wie stehen sie zu dem aktuellen Thema "Killerspiele"?
Ich bin seid gut 15 Jahre begeisterter Videospiele Spieler, und ich spiele auch gerne EGO-Shooter.
Die in der letzten Zeit sehr schlecht weg kammen.
Da ich selbst Vater bin finde ich sehr richtig und wichtig das die USK eine Alterskontrolle durchführt, aber warum muss ich mit 25 Jahren von meinem Staat bevormunden lassem was ich spielen darf und was nicht.
Es müssen Spiele geschnitten werden damit sie in Deutschland erscheinen dürfen.Ich hatte noch nie Gedanken, mich wie in einem Spiel durch die Gegend zu ballern!
Ich finde ein Verbot immer Übertrieben, mein Vorschlag wäre den Einzelhandel zu Zwingen spiele ab 18 in einen extra Raum, wie in einer Videothek anzubieten. und schäfere Kontrollen durchführen.
Ich hoffe es kommt nicht so weit das wir uns als Gamer noch strafbar machen
Zestören sie nicht die Spiele kultur in Deutschland. Besuchen sie doch mal mit ihren Kollegen die Games Convention in Leipzig oder besuchen sie mal eine Internet Clan der EGO-Shooter spielt sie werden sehen das sind alles normale nette Leute.
Stellen sie sich mal vor ihr Hobby würde Verboten werden da würden auch sie dafür kämpfen.
Danke für das lesen der Mail
MfG. Florian Wann
Lieber Florian Wann,
Vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema "Killerspiele", die Sie bei abgeordnetenwatch.de an mich gestellt haben und auf die ich Ihnen heute antworten möchte.
Grundsätzlich sind Bündnis 90/DIE GRÜNEN der Auffassung, dass Gewalt in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen nichts zu suchen hat. Auch aus diesem Grunde hat Rot-Grün den Jugendmedienschutz im Jahr 2003 verschärft.
Seitdem braucht ein Computerspiel eine staatliche genehmigte Alterskennzeichnung, um frei verkauft werden zu können. Gewaltverherrlichende, rassistische und die Menschenwürde verletzende Spiele können seitdem auch verboten werden.
Um frei verkauft werden zu können, brauchen alle Computerspiele eine amtlich genehmigte Altersfreigabe. Diese wird von der Selbstkontrolleinrichtung "Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle" (USK) vergeben (ohne Altersbeschränkung, frei ab 6, 12 oder 16 Jahren) und vom Staat geprüft. Nur Spiele mit einer USK-Bewertung dürfen ausgestellt, beworben und entsprechend der Alterskennzeichnung verkauft werden.
Wenn Spiele für Jugendliche gar nicht geeignet sind, gibt es mehrere Möglichkeiten: Spiele, die als "jugendbeeinträchtigend" bewertet werden, erhalten "keine Jugendfreigabe" (entspricht frei ab 18 Jahren). Sie dürfen nur an Erwachsene verkauft werden. Sie dürfen aber beworben werden und im Regal stehen.
Spiele, die die USK als "jugendgefährdend" einstuft, erhalten "keine Kennzeichnung". Sie können von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) auf den so genannten "Index" gesetzt werden, sobald sie veröffentlicht sind. Dann dürfen sie zwar an Erwachsene verkauft, aber weder beworben noch ausgestellt werden ("unterm Ladentisch"). Für Spieleverlage ist das kaum rentabel, weil niemand Spiele kauft, von dessen Existenz er oder sie nichts weiß. Deswegen haben die Hersteller ein großes Interesse daran, eine Alterskennzeichnung der USK zu erhalten.
Darüber hinaus gelten auch für Computer- und Konsolenspiele die Bestimmungen des § 131 des Strafgesetzbuches. Danach sind Produktion und Vertrieb von Spielen verboten, die extrem gewaltverherrlichend, rassistisch oder anderweitig verfassungswidrig sind. So wurde zum Beispiel 2004 das Spiel "Manhunt" verboten.
Schon damals waren wir uns mit allen ExpertInnen einig, dass darüber hinaus gehende Maßnahmen und Verbote keinen besseren Jugendschutz bieten könnten. Entgegen der weit verbreiteten Meinung sind die Bestimmungen des deutschen Jugendschutzes im internationalen Vergleich sehr streng. Im Zeitalter des Internets wird seine Umsetzung aber immer schwieriger, weil die Bestimmungen in anderen Ländern weniger streng sind als bei uns. Mediale Gewalt lässt sich durch Gesetze allein nicht mehr aus den Kinderzimmern verbannen.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN sind der Meinung, dass die bestehenden Gesetze ausreichen, Computerspiele heute schon dem Markt zu entziehen oder ganz zu verbieten. Zwar halten wir manche Entscheidungen der USK für diskussionswürdig. Die Prüfkriterien müssen selbst geprüft werden. Generell aber hat sich das System der "regulierten Selbstregulierung" bewährt.
Neben der Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche vor gewaltverherrlichenden Spielen zu schützen und dementsprechend einen wirksamen Jugendmedienschutz zu gewährleisten, sind wir gleichzeitig der Meinung, dass Computerspiele in unserer Gesellschaft fester Bestandteil der Jugend- und Alltagskultur sind.
Die Hälfte aller 11- bis 18jährigen Jungen spielt täglich zwei Stunden am Computer. Computerspiele sind nicht mehr Hobby einiger weniger, sondern zu einem Massenmedium und Wirtschaftsgut avanciert. Die Games-Branche ist Innovationsmotor der Computerindustrie und schafft schon heute zahlreiche neue Berufswege und Arbeitsplätze. Im Jahr 2006 wurden in Deutschland circa 45 Millionen Video- und Konsolenspiele verkauft, der Umsatz lag mit etwa 1,1 Milliarden Euro deutlich über dem der Kinobranche mit etwa 800 Millionen Euro. Zahl und Durchschnittsalter von Computerspielerinnen und spielern nehmen stetig zu. Mehr als ein Drittel der Deutschen sind mittlerweile Computerspieler (ACTA/Allensbach 2006).
Wir erkennen die kulturelle Bedeutung von Computerspielen an. Sie können Ergebnis kreativen, oft auch künstlerischen Schaffens sein. Sie weisen eigene Ästhetik, Farben, Musik, Inhalte, Erzählstrukturen usw. auf. Ihre Genrevielfalt ist enorm und reicht von Denk- und Rätselspielen über Strategiespiele bis hin zu Rollen- und Kampfspielen. Diese Spielegenres existierten bereits vor dem ersten Computerspiel, sie wurden aber in das neue Medium übertragen. Somit ist das Spielen von Computerspielen die moderne Fortschreibung altbekannter Spielemechanismen, wenngleich mit neuen technischen Mitteln und neuen ästhetischen Kategorien.
Nur die wenigsten Computerspiele sind sog. Killerspiele. Wir finden zudem diesen Begriff wenig tauglich für die Diskussion, weil schon die verurteilende Begrifflichkeit eine echte Auseinandersetzung mit den gemeinten Spielen verbaut. Eine rechtliche Definition des Begriffs "Killerspiele" existiert nicht. In die politische Debatte eingebracht wurde er vom bayerischen Innenminister Günther Beckstein. Gemeint sind demnach Spiele, bei denen das simulierte Töten wesentlicher Bestandteil des Spielerfolgs ist. Im Fachjargon werden diese Spiele als "Egoshooter" bezeichnet. Diese machen nur 8 Prozent aller Computerspiele aus. Die undifferenzierte Debatte über sog. Killerspiele rückt aber die große Mehrzahl der Spiele in ein schlechtes Licht.
Immer wieder müssen Computerspiele als Sündenbock herhalten, wo es eigentlich um fehlende Medienkompetenz und nicht wahrgenommene (Erziehungs-) Verantwortung geht. Es herrscht eine "digitale Kluft" zwischen jungen Spielenden und älteren Nicht-Spielenden, die zu gegenseitigem Unverständnis führt. Ziel muss es sein, dieses Unverständnis aufzulösen. Computerspieler müssen ernst genommen, Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen verstärkt im Umgang mit Computer und Computerspielen geschult werden. Wichtig ist z.B., dass die ältere Generation einmal selbst Computerspiele spielt. Im Gegensatz zu Filmen lassen sich manche Aspekte von Computerspielen nicht durch bloßes Anschauen bewerten, sie sind nur verständlich, wenn man sie aktiv spielt.
Dementsprechend sind Bündnis 90/DIE GRÜNEN der Ansicht, dass Deutschland diesbezüglich einen großen bildungs- und gesellschaftspolitischen Nachholbedarf aufweist. Wir brauchen eine "Kultur des Hinsehens". Erziehungsberechtigte müssen Verantwortung für ihre Schützlinge übernehmen und sich dafür interessieren, was ihre Kinder vor dem Computer machen. Sie müssen Grenzen aufzeigen und attraktive alternative Angebote machen können. Letztlich gilt: Statt Verboten müssen wir die Medienkompetenz stärken. Wer gelernt hat, kompetent mit Computerspielen umzugehen, wird in der Lage sein, die Realität von einer simulierten Welt zu unterscheiden.
Vor diesem Hintergrund werden wir uns auch weiterhin für einen verantwortungsvollen Umgang mit Computerspielen jeglicher Form einsetzen und für eine differenzierte Auseinandersetzung einstehen, die eine aufgeklärte Medienkompetenz mit dem Schutz von Kindern und Jugendlichen kombiniert.
Für Ihr Interesse an meiner Meinung zu diesem Thema danke ich Ihnen.
Mit den besten Grüßen
Anna Lührmann