Frage an Anke Erdmann von Rosemarie W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Erdmann,
hat das Land Schleswig-Holstein die Mittel, um eine zweite Lehrerbildende Universität in Flensburg auch für die naturwissenschaftlichen Fächer aufzubauen? Meiner Meinung nach fehlt dieses Geld jetzt schon an den Schulen, wo noch so viel investiert werden müsste. Ein Klassenteiler von 29 kann sicherlich nicht gehalten werden, wenn Förderkinder mit in den Klassen sind. Wer soll die zusätzlichen Lehrkräfte bezahlen? Wie sollen die Lehrkräfte in Zukunft überhaupt besoldet werden? Hat Ihre Parteien dazu schon ein Konzept?
Freundliche Grüße
R. Winterfeld
Sehr geehrte Frau Winterfeld,
vielen Dank für Ihre Fragen. Die Unterfinanzierung an unseren Schulen ist tatsächlich hoch - nach Schätzungen des Ministeriums vom Herbst 2012 fehlten mindestens 1.250 Lehrerstellen und 350 weitere Stellen für ErzieherInnen. Diese Lücke rechnet die Mangelversorgung im Ganztag oder Mehrbedarfe für Inklusion an Regelschulen noch nicht ein. Allein die 1.250 Lehrerstellen würden mit mehr als 62 Mio. Euro jährlich zu Buche schlagen. Insbesondere wenn Sie darauf abstellen, dass der Klassenteiler zu hoch ist, dann wird deutlich, dass wir hier nur spürbar voran kämen, wenn eine erhebliche Zahl zusätzlicher Stellen geschaffen werden würden. (Als Beispiel: Wir haben versucht, die Grundschulen landesweit zu stärken. Um in Klasse 1 und 2 nur eine Wochenstunde in Doppelbesetzung zusätzlich zur Verfügung zu stellen, muss das Land 80 Stellen aufwenden.) Worauf möchte ich hinaus: Die Mehraufwendungen für eine veränderte Lehramtsausbildung in Flensburg wird, selbst wenn die Mittel umgeschichtet werden, an den Schulen kaum spürbar sein. Zumal der größte Teil als Investitionen, nicht aber als neue Stellen getätigt werden würde.
Also: Der Verzicht auf diese Maßnahme, wird die Situation an den Schulen nicht spürbar verbessern.
Zweitens: Was wir aber seit Jahren brauchen, ist eine zukunftsfähige - und an den aktuellen Schulstrukturen in Schleswig-Holstein ausgerichtete - Lehramtsausbildung. Auf diese wartet das Land und die Schulen vergeblich seit der grundlegenden Schulreform der Großen Koalition 2007. Dass die Landesregierung einen ersten Entwurf vorgelegt hat, finde ich gut. Auf dieser Grundlage - und mit Sicherheit auch kritisch gegenüber dem Kostenaspekt - wird die Debatte im Landtag in dieser Woche beginnen. Für mich stehen aber nicht nur Doppelstrukturen, sondern auch die Qualität der Lehramtsausbildung im Vordergrund. Hier gibt es einige Fortschritte, die gemeinsam mit den Universitäten vereinbart wurden. Flensburg muss einen Schwerpunkt auf Fachlichkeit, Kiel auf Praxisorientierung legen, das ist unstrittig. Verlängerte Praktika, stärkere Orientierung an den geänderten Schulwirklichkeiten, intensivere Vernetzung mit der Bildungsforschung, dies sind einige Verbesserungen, über die zur Zeit aber niemand redet.
Ihre dritte Frage zielt auf die Besoldung ab. Tatsächlich ist die Besoldung nach unterschiedlichen Schularten m.E. nicht zukunftstauglich. Eine Veränderung wird nicht nötig, weil wir das Gesetz ändern, sondern weil es eine Anpassung auf EU Niveau gegeben hat und Bachelor und Masterstudiengänge den Unterschied machen. Ein fertiges Konzept gibt es noch nicht, das ist in der Diskussion. Ich selber denke, dass folgende Kriterien eine Rolle spielen müssen: Studiendauer als Grundlage für Besoldung, Wettbewerbsfähigkeit als Bundesland in Zeiten des Fachlehrermangels sowie nachhaltige Finanzierbarkeit.
Ich hoffe, ich habe Ihre Fragen beantwortet.
Beste Grüße
Anke Erdmann