Frage an Anja Weisgerber von Ilona M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr.Weisgerber,
die Krankenkassenbeiträge steigen bald ins unermessliche.Die Leistungen werden immer spärlicher,die Zuzahlungen immer höher und vieles muß man ohnehin schon selbst bezahlen.
Jetzt streiken die Ärzte und wollen mehr Geld.Da frage ich mich schon,wo kommt
das ganze Geld eigentlich hin?Die Ärzte bekommen es nicht,die Patienten müssen
immer mehr bezahlen,das Geld muß doch irgendwo verbraucht werden?
Können sie mir sagen wo das Geld verbleibt?
Auch möchte ich sie fragen,warum Naturheilkunde und Homöopathie von der
Krankenkasse nicht bezahlt wird?Nachweislich führt es meist zu besserem
Behandlungserfolg,ist ohne Nebenwirkungen und die Behandlung ist oft sogar
billiger als die schulmedizinische Behandlung,sofern eine Operation umgangen
werden kann.
Können Sie mir diesbezüglich Auskunft geben?
Mit freundlichen Grüßen
Meierhöfer
Sehr geehrte Frau Meierhöfer,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de.
Das Thema Gesundheitspolitik ist ein sehr wichtiges und schwieriges Thema, da trotz Reformansätzen und -durchführungen nach wie vor Probleme bestehen bleiben. Allerdings liegt die Kompetenz bezüglich dieses Themas in den nationalen Parlamenten. Die relevante Entscheidungsebene in diesem Fall ist daher die nationale Ebene. Die Europäische Union ist für diesen Bereich der Gesundheitspolitik nicht zuständig. Daher könnte Ihre Anfrage vermutlich besser vom Bundesgesundheitsministerium oder einem entsprechenden Abgeordneten im Deutschen Bundestag erläutert werden.
Dennoch möchte ich kurz Stellung zu Ihren Fragen nehmen.
Durch die Einführung des neuen Gesundheitsfonds zum 01.01.2009 erhöhten sich die Beitragssätze vieler Kassen, da diese an den nun einheitlichen Beitragssatz angepasst werden mussten, der von der Bundesregierung festgesetzt wurde.
Dabei bemisst sich die Höhe des Beitragssatzes nach den Ausgaben für Gesundheit, z.B. für Arzneimittel, Kliniken und Ärzte, während der Fonds selbst ein Instrument ist, um die Beitragsgelder der Versicherten und die Steuermittel an die Kassen zu verteilen. Vorgabe ist, dass die Kosten der Krankenkassen zu 100 Prozent gedeckt sein müssen, damit die Kassen keine Schulden machen.
Nun stellt sich die Frage, wo die geleisteten Beiträge effektiv hinfließen. Bei der Betrachtung der Statistiken der vergangenen Jahre lassen sich drei große Ausgabenblöcke der Gesetzlichen Krankenversicherungen identifizieren: Krankenhäuser, Arzneimittel und Ärzte. Eine Aufstellung der Zahlen des Jahres 2007 beispielsweise ergeben, dass sich die Ausgaben hierbei zu 33,3 Prozent aus Krankenhäusern, zu 16,8 Prozent aus Arzneimitteln und zu 15 Prozent aus Arztkosten zusammensetzen; die übrigen Mittel werden vor allem für Heil- und Hilfsmittel, Zahnärzte/Zahnersatz, Krankengeld und Verwaltung ausgegeben.
In diesem Zusammenhang ist nun die Honorarreform relevant. Im Zuge der neuen Gesetzgebung kommt es zu einer Vereinheitlichung der Preise für Arztleistungen und zu einer bundesweiten Angleichung der Ärztegehälter. Ziel ist es, durch eine einheitliche Vergütung insbesondere in Ostdeutschland und weniger wettbewerbsfähigen Regionen die Gehälter anzuheben. Dies ist für manche Bundesländer vorteilhaft, während in Bayern, bedingt durch hohe Praxis- und Lebenshaltungskosten, vielfach Einbußen gefürchtet werden. Hier bin ich der Meinung, dass diese Form der Wettbewerbsverzerrung und das Abfließen von Geldern bayerischer Beitragszahler in andere Bundesländer keine optimale Lösung darstellen.
Zu Ihrer Frage bezüglich der Kassenleistungen im Bereich Homöopathie möchte ich Ihnen erklären, dass Naturheilverfahren zu dem Bereich gehören, in dem sich die Kassen auf Grund der allgemeinen Kostenexplosionen und auch aus Wettbewerbsgründen stark unterscheiden. Viele Kassen zahlen für alternative Heilverfahren nur nach Einzelfallprüfung, manche im Rahmen von Modellprojekten. Und nur wenige Kassen fördern Naturheilverfahren in der Form, dass sie sie als Satzungsleistung garantieren; allerdings werden im Allgemeinen naturheilkundliche Zusatzversicherungen angeboten. Das Sozialgesetzbuch, das für die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblich ist, bezeichnet die bewährten Naturheilverfahren als besondere Therapieeinrichtungen und legt dazu in Paragraph 2, Abs. 1, fest: "Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen." Dies kann jedoch verschieden interpretiert werden, sodass Gesetzliche Kassen, denen alternative Behandlungsmethoden eher suspekt sind, oder die aus finanziellen Gründen einer Kostenübernahme kritisch gegenüber stehen, nur dann dazu bereit sind, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkasse eine Methode ausdrücklich angeordnet hat. Grundvoraussetzung für eine Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung bei alternativen Methoden ist die Behandlung durch einen zugelassenen Vertragsarzt (Kassenarzt). Viele Mediziner sehen in der Anwendung von natürlichen Heilverfahren keinen Widerspruch zur so genannten "Schulmedizin". Im Gegenteil, beide ergänzen sich im Sinne einer ganzheitlichen Behandlung. Beispielsweise werden von einigen Krankenkassen bei Verordnung durch einen Vertragsarzt pflanzliche und homöopathische Heilmittel abzüglich des gesetzlich vorgeschriebenen Eigenanteils übernommen. Unter den gleichen Voraussetzungen übernehmen die meisten Kassen auch die Kosten für Krankengymnastik und Massagen sowie für Wärme- und Kältetherapien.
Allerdings ist das derzeitige Angebot an "natürlichen Heilverfahren" sehr unübersichtlich. Auf dem Markt tummeln sich eine Reihe von "Alternativmethoden", die als natürlich und sanft angepriesen werden. Viele sind jedoch bis heute den Beweis für ihre Wirkung schuldig geblieben - oder die Heilsversprechungen konnten sogar als Täuschung entlarvt werden. In solchen Fällen gilt es, im Interesse aller Versicherten, die Gemeinschaft nicht mit den Kosten einer solchen "Therapie" zu belasten.
Um die wissenschaftliche Basis einiger Naturheilverfahren zu verbreitern, unterstützen einige Krankenkassen jedoch derzeit verschiedene Modellvorhaben. Nach Sichtung und Bewertung der auf diese Weise gesammelten Erkenntnisse wird dann darüber entschieden, ob das Verfahren in Zukunft zu den Regelleistungen der Krankenkassen gehören wird. Mit diesem ganzheitlichen Ansatz wird der wissenschaftliche Fortschritt mit der Qualität natürlicher Heilmethoden verbunden.