Frage an Anja Weisgerber von Bernd B. bezüglich Gesundheit
Hallo Fr.Dr.Weisgerber
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung von med.Rehabilitation in Europa. Hat das Rehasystem wie es in der Bundesrepublik augenblicklich mit gutem Erfolg betrieben wird auch in Europa eine Chance? Was müssen wir in Deutschland tun um dieses System besser zu vermarkten oder gibt es in Europa ein besseres System von denen wir lernen könnten? Wie ist die Wirtschaftlickeit von Rehazentren in unseren Nachbarländern?
mit freundlichen Grüßen
B.Binnefeld
Sehr geehrter Herr Binnefeld,
für Ihre interessante Frage, die Sie mir über www.abgeordnetenwatch.de gestellt haben, möchte ich mich bei Ihnen herzlich bedanken. Sehr gern beziehe ich zum Thema Rehabilitation Stellung.
Zunächst ist zu sagen, dass die Gesundheitspolitik auf europäischer Ebene ein noch vergleichsweise junges Politikfeld ist. Seit den ersten nennenswerten Maßnahmen in den 80er Jahren hat sich zwar einiges getan, der Spielraum für legislative Aktivitäten ist aber nach wie vor sehr begrenzt. Grundsätzlich sollen EU-Maßnahmen die Gesundheitspolitiken der EU-Mitgliedstaaten nur ergänzen. Die Verantwortung der Mitgliedstaaten für ihre Gesundheitspolitik, die Verwaltung ihres Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung wird von der EU nicht angetastet. Die Union beschränkt sich darauf, zusammen mit den Mitgliedstaaten gemeinsame Ziele im Gesundheitswesen aufzustellen und die Gesundheitspolitiken der Mitgliedstaaten zu koordinieren. Die Art und Weise, wie das einzelne Land das gesteckte Ziel erreicht, bleibt weitestgehend ihm überlassen.
Europa steht im Gesundheitsbereich vor großen Herausforderungen. Dabei hat sich die Europäische Union ambitionierte Ziele gesteckt. Der allgemeine Zugang aller EU-Bürger zu den Gesundheitsdienstleistungen soll gesichert werden. Weiterhin will die EU sicherstellen, dass sowohl eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung als auch die langfristige Finanzierbarkeit der Gesundheitssysteme gewährleistet wird.
Bereits die EU-Charta sieht das Grundrecht der Europäischen Bürger auf eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung vor. Bei der Umsetzung dieser Ziele hat sich die EU viel vorgenommen. Wir können aber auch schon auf einige Erfolge zurückblicken. 2004 wurde beispielsweise die Europäische Krankenversicherungskarte eingeführt. Damit wird die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen bei einem vorübergehenden Aufenthalt im EU-Ausland erheblich erleichtert.
Im letzten Jahr wurde darüber hinaus ein eigenes Gesundheitsportal der EU eingerichtet, das unter http://ec.europa.eu/health-eu/index_de.htm für jedermann zugänglich ist. Dieses Portal liefert Informationen zu einer Vielzahl von Gesundheitsfragen sowohl für den Bürger als auch für den Fachmann.
Weiterhin beinhaltet es über 40.000 Links zu vertrauenswürdigen Quellen.
Durch die Übersetzung in alle Amtssprachen der EU stehen damit weltweit 1,5 Milliarden Menschen detaillierte Informationen zu Gesundheitsfragen zur Verfügung.
Momentan plant die Europäische Union darüber hinaus eine Richtlinie zu den Gesundheitsdienstleistungen, allerdings liegt dazu momentan leider noch kein Vorschlag der Kommission vor, weshalb leider noch nicht abzusehen ist, was diese Richtlinie konkret beinhalten soll.
Konkret zur medizinischen Rehabilitation ist zu sagen, dass zahlreiche EU-Staaten im Gegensatz zu Deutschland nicht über ein detailliertes System der medizinischen Rehabilitation verfügen. Daher gibt es in diesen Ländern oftmals nur ein unzureichendes Dienstleistungsangebot in diesem Bereich, das in erster Linie auf ambulante Behandlungen ausgerichtet ist. Das sehe ich als Chance für das deutsche Reha-System, da in den nächsten Jahren auch in den Bereichen Wellness und Fitness hohe Steigerungsraten zu verzeichnen sein werden. Auch mit Blick auf die immer älter werdende Gesellschaft rückt die Rehabilitation in den Mittelpunkt des Interesses.
Weitergehende Informationen wird Ihnen der "Verein zur Förderung der medizinischen Rehabilitation in Europa e.V." geben können, den Sie unter der Homepage www.vfr-europa.org erreichen können.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen etwas weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Anja Weisgerber