Frage an Anja Weisgerber von Eugen Dr. E. bezüglich Soziale Sicherung
Bin Zahnarzt,67 Jahre,Sohn studiert Zahnmedizin,bin gesund,noch nicht verkalkt(was Grundlage des entsprechenden Verfassungsgrichtsurteils ist)bekomme September 2008 Kassenzulassung entzogen,was ich als Verstoss gegen das Grungesetz(Diskriminierung des Alters)ansehe.Werden Sie die Klage des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte gegen dieses Unrecht vor dem EuGH unterstützen?
Sehr geehrter Herr Dr. Endstrasser,
vielen Dank für die Zusendung Ihrer Frage über das Portal www.abgeordnetenwatch.de, mit der ich mich eingehend beschäftigt habe.
Nach bundesdeutscher Gesetzgebung verliert ein Vertragsarzt bzw. Vertragszahnarzt nach Vollendung des 68. Lebensjahres seine Zulassung. Erlaubt bleibt den betroffenen Ärzten dann nur noch die privatärztliche Tätigkeit. Gegen diese Regelung wurden bereits mehrere Verfahren angestrengt, aber das Bundesverfassungsgericht hat bereits am 16. April 1998 festgestellt, dass diese pauschale Regelung mit dem Grundgesetz konform ist und "eine Prüfung der individuellen Leistungsfähigkeit verfassungsrechtlich nicht erforderlich ist".
Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist hingegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. Juni 2004, wonach Zahnärzte, die älter als 68 Jahre sind, als Vertretung für Vertragszahnärzte eingesetzt werden können.
Die Europäische Union kämpft bereits seit langem gegen Diskriminierungen aufgrund der ethischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, der sexuellen Orientierung und nicht zuletzt gegen Diskriminierungen aufgrund des Alters. Mit der Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 hat die EU einen allgemeinen Rahmen für die Gleichberechtigung in Beschäftigung und Beruf geschaffen und den EU-Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Richtlinie eine Frist bis zum 1. Mai 2003 gegeben. Deutschland hat eine Zusatzfrist zur Umsetzung der Bestimmungen hinsichtlich der Altersdiskriminierung in Anspruch genommen. Im Mai 2006 hat sich die Große Koalition dann auf das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" zur Umsetzung der EU-Vorgaben geeinigt. In diesem Gesetz ist allerdings auch geregelt, in welchen Fällen eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters zulässig ist. So kann beispielsweise ein Höchstalter für die Einstellung oder eine Altersgrenze in bestimmten Berufsgruppen nach deutschem Recht auch weiterhin zulässig sein, wenn diese unterschiedliche Behandlung "der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient".
Bezüglich der von Ihnen angesprochenen Klage habe ich mich auch bereits mit dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte in Verbindung gesetzt. Dabei wurde mir gesagt, dass der Verband bereits eine Klagegemeinschaft ins Leben gerufen hat, in der sich über 30 betroffene Zahnärzte zusammengeschlossen haben, um gegen die Höchstaltergrenze vorzugehen. Diese Klage wird allerdings nicht vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt, sondern am Bundessozialgericht. Dabei ist noch nicht absehbar, ob auch der Europäische Gerichtshof mit dieser Sache betraut wird. Allerdings hat der Freie Verband Deutscher Zahnärzte bereits bei dem Jenaer Europarechtler Prof. Eichenhofer ein Gutachten eingeholt, welches die Zulässigkeit der deutschen Altershöchstgrenze für Ärzte aus europarechtlicher Sicht in Zweifel zieht. Aus diesem Grund halte ich ein mögliches Einschalten des Europäischen Gerichtshofes in diesem Fall für den richtigen Weg, um gegen diese Altersdiskriminierung vorzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Weisgerber