Portrait von Anja Hirschel
Anja Hirschel
PIRATEN
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Anja Hirschel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas M. •

Warum ist die Erfassung von biometrischen Merkmalen in Berlin ein Problem?

Sehr geehrte Frau Hirschel, sie haben eine Beschwerde eingereicht. Wenn Mensch nichts getan hat, dann muss er doch auch keine Angst vor einer Überprüfung durch die Polizei haben, oder?

MfG

Thomas M.

Portrait von Anja Hirschel
Antwort von
PIRATEN

Die Erfassung von biometrischen Merkmalen, wie sie in Berlin stattfindet ist aus mehreren Gründen problematisch:

 Sie greift tief in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger ein. Biometrische Daten (wie das Gesicht) sind einzigartig und nahezu unwiderruflich mit einer Person verknüpft. Einmal gesammelt, besteht das Risiko des Missbrauchs. Auch im Falle eines Datenlecks sind die Folgen für die betroffene Person schnell weitreichend und dauerhaft. Zur Erinnerung: Das BKA verwendete Millionen von Bildern aus einer Polizeidatenbank und testete damit eine Gesichtserkennungssoftware!

Ein weiteres kritisches Problem ist die Falscherkennungsrate solcher Systeme (false-positive). Gerade Gesichtserkennungstechnologien weisen eine signifikante Fehlerquote auf.  Dies kann zu ungerechtfertigten polizeilichen Maßnahmen gegen unschuldige Personen führen. Es kriminalisiert Menschen. Zudem scheinen diese Systeme zusätzlich bei Menschen mit dunkler Hautfarbe oder bei Frauen noch höhere Fehlerraten aufzuweisen, was einer technisch bedingten Diskriminierung gleichkommt.

Die flächendeckende Überwachung durch biometrische Erfassung untergröbt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht, das das Bundesverfassungsgericht wiederholt betont hat, gibt jedem Menschen die Kontrolle über seine persönlichen Daten. Das Gericht hat in seinem Urteil zur automatischen Kennzeichenüberwachung klargestellt, dass solche Eingriffe nur in einem engen Rahmen und für spezifische, ernsthafte Bedrohungen zulässig sind. Also nicht flächendeckend und schon gar nicht generell.

Das Argument "Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten" ist eine gefährliche Vereinfachung. Es ignoriert das Potenzial für staatlichen Missbrauch und das wichtige demokratische Prinzip, dass Freiheit nicht ohne Privatsphäre existieren kann. 

Überwachung, insbesondere eine, die auf anlassloser und flächendeckender Erfassung biometrischer Daten basiert, verändert nachweislich das Verhalten der Menschen. Dies kann zu einer Einschränkung der gesellschaftlichen Freiheit führen.

Der Schutz der Privatsphäre und der Grundrechte ist mein Antrieb. Wir Pirate  fordern eine strenge Regulierung und klare Begrenzungen solcher Überwachungstechnologien, um die Freiheiten und die Sicherheit aller Bürger zu gewährleisten.