Frage an Anja Hajduk von Carsten K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hajduk,
ich bitte Sie höflich, bei der anstehenden Abstimmung zur Vorratsdatenspeicherung mit "Nein" zu stimmen. Da dies meines Wissens auch die Position Ihrer Fraktion zu dieser Frage ist, ergibt sich daraus sicher kein Problem für Sie, oder?
Vielen Dank im Voraus. Mit freundlichem Gruß,
Carsten Kellner
Sehr geehrter Herr Kellner,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 17.04.2015.
Die Vorratsdatenspeicherung ist seit Jahren ein stark und oft diskutiertes Thema und eine zentrale Frage der Bürgerrechtspolitik. Nicht zufällig haben sowohl das Bundesverfassungsgericht, als auch mehrere höchste Gerichte in anderen europäischen Staaten dieser unverhältnismäßigen Maßnahme einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung eine Absage erteilt.
Hierzu haben wir als Grünen einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem wir die Bundesregierung dazu aufgefordert haben, von diesem Vorhaben abzusehen und sich gegen die Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Sie finden den Antrag sowie weitere Informationen zum Themengebiet Datenschutz auf dieser Homepage: http://www.gruene-bundestag.de/themen/datenschutz/reflexhafte-forderungen-statt-effektiver-sicherheitspolitik_ID_4394778.html
Das Bundesverfassungsgericht stellte in seinem Urteil klar heraus, dass die Vorratsdatenspeicherung durch die verdachtsunabhängige Einbeziehung der Verkehrsdaten aller Bürgerinnen und Bürger in unsere Grundrechte eingreift.
Am 8. April 2014 erklärte der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig, da sie mit der Charta der Grundrechte der EU nicht vereinbart ist. Sie verstößt gegen die Grundrechte. Der Europäische Gerichtshof hat die Richtlinie aufgehoben, wonach alle Bürger ohne konkreten Verdacht überwacht wurden.
Die Vorratsdatenspeicherung stellt alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht. Als grüne Bundesfraktion sagen wir daher klar: Die Vorratsdatenspeicherung steht im deutlichen Widerspruch zu unserem Verständnis von demokratisch-rechtlicher Sicherheitsgewährung.
Seit langem verweisen die Gegner der Vorratsdatenspeicherung darauf, dass es keine ausreichenden Belege für die Wirksamkeit gibt. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages ist zu dem Schluss gekommen, dass sich die Aufklärungsquote von Straftaten nach Einführung der Vorratsdatenspeicherung nicht bedeutend erhöht hat. Über 99 % der von einer Vorratsdatenspeicherung Betroffenen sind unverdächtig und haben keinen Anlass zu einer Protokollierung ihrer Kommunikation gegeben. Untersuchungen zufolge würden weniger als 0,001 % der gespeicherten Daten von den Behörden tatsächlich abgefragt und benötigt.
Der aktuelle Kompromiss zwischen dem Innen- und Justizminister wird diesen Fakten nicht gerecht. Die Vorratsdatenspeicherung verletzt das Bürgerrecht auf Privatsphäre und das Recht auf die Kontrolle über die eigenen Daten.
Wir haben das letzte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung erfolgreich vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall gebracht und behalten uns auch diesmal eine genaue gerichtliche Überprüfung vor.
Als Grüne Bundesfraktion werden wir uns auch weiterhin für den Erhalt und den Ausbau unserer Bürgerrechte einsetzen. Ich freue mich, Sie an unserer Seite zu wissen!
Mit freundlichen Grüßen
Anja Hajduk