Frage an Anja Hajduk von Frauke S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
“The End is near. I have no illusions about this regime or its leader, and how he will pluck us and hunt us down one by one till we are over and done with ... This is a losing battle and they have all the weapons …” (Sandmonkey, ägyptischer Blogger)
Mit Entsetzen beobachte ich die staatlich organisierte Gewalt die zurzeit in Ägypten gegen weitgehend friedliche Demonstranten angewendet wird. Es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass hierbei auch Waffen benutzt werden, die durch deutsche Rüstungsbetriebe hergestellt und nach Ägypten geliefert wurden (Vgl.: http://www.tagesspiegel.de/politik/militaerische-dominanz-mit-unseren-waffen/3790440.html ).
Ich möchte Ihnen dazu folgende Fragen stellen:
1. Welche Rolle spielt Hamburg bei der Herstellung und beim Export deutscher Waffen nach Ägypten? Wie viele Waffen, Waffenteile und andere Ausrüstungsteile für Polizei und Sicherheitsdienste Ägyptens wurden in den vergangenen Jahren über den Hamburger Hafen bzw. Flughafen verschifft? Welche Hamburger Betriebe sind direkt oder indirekt in Produktion und Export von Waffen nach Ägypten involviert (auch als Zulieferer oder Dienstleister)? Welche Bedeutung hat dies für die Hamburger Wirtschaft? Wie hoch sind die Steuereinnahmen, welche die Stadt Hamburg daraus bezieht?
2. Wie bewerten Sie die Bedeutung der Rüstungsexporte für die Hamburger Wirtschaft in ethischer Hinsicht? Sehen Sie eine Mitschuld Hamburger Unternehmer an der Etablierung und Stützung der Diktatur in Ägypten oder vergleichbarer Staaten durch Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die staatlichen Sicherheitskräfte?
3. Würde die Hamburger Rüstungsindustrie in wirtschaftlicher Hinsicht von einer Regierungsbeteiligung Ihrer Partei profitieren oder müsste Sie mit Einschränkungen rechnen? Haben Sie ggf. ein Konzept für wirtschaftliche Alternativen?
4. Halten Sie die bisherige Gesetzeslage zur Kontrolle von Rüstungsexporten für ausreichend? Welche Änderungen würden Sie ggf. fordern?
Sehr geehrte Frau Silbermann,
recht herzlichen Dank für Ihre sehr speziellen Fragen, auf die ich gerne näher eingehen möchte.
Zwar hat die Freie und Hansestadt Hamburg in der Präambel ihrer Verfassung den Anspruch verankert, "im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt" sein zu wollen. Die konkrete außenpolitische Kompetenz des Stadtstaates Hamburg ist aber verfassungsrechtlich begrenzt, Außenpolitik liegt schlicht in der bundespolitischen Regelungskompetenz. Dennoch haben wir Hamburger Grüne konkrete Initiativen unternommen, um den friedensstiftenden Charakter der Hansestadt herauszustellen. So sind wir auf grüne Initiative hin Mitglied der internationalen Nichtregierungsorganisation "Mayors for Peace" geworden. Das Städtenetzwerk ist eine breite Bewegung gegen Rüstung und für den Frieden. http://www.mayorsforpeace.de/
Zudem beobachten wir die Entwicklungen von Tunesien über Ägypten bis zum Iran bereits intensiv seit dem Jahr 2009. Zahlreiche Veranstaltungen und Demonstrationsaufrufe, mit denen wir die arabischen und iranischen Demokratiebewegungen in Hamburg und darüber hinaus stärken wollen, haben wir unterstützt oder selbst organisiert. Wir setzen auf einen friedlichen und demokratischen Wandel in der ganzen Region und fordern konsequent die Einhaltung der universellen Menschenrechte ein.
Insbesondere für Ihre erste Frage möchte ich mich in diesem Zusammenhang bedanken, wir werden dem Thema nachgehen. Ihre Frage kann ich zeitnah allerdings nicht beantworten, in der kommenden Wahlperiode werde ich anregen, dass der oder die für dieses Thema zuständige GAL-Abgeordnete zu diesem Thema eine parlamentarische Anfrage stellt, um das Thema in angemessener Weise bearbeiten zu können. Sofern Hamburger Unternehmer hier beteiligt sein sollten, werden wir gern zur Aufklärung beitragen. Insbesondere müssten die Kontrollen im Hafen verschärft werden, um illegalen Handel zu verhindern. Dies betrifft im übrigen auch die Verladung von Elektroschrott ins außereuropäische Ausland - die nicht sachgerechte Entsorgung giftiger Materialien, beispielsweise aus IT-Altgeräten, verursacht ebenfalls einen immensen Schaden an Mensch und Natur.
Bundespolitisch setzten sich die Grünen für ein wasserdichtes internationales Waffenhandelsabkommen ein, um den unmenschlichen Kreislauf von Krieg, Waffen und Gewalt in vielen Regionen dieser Welt zu durchbrechen. Der Hamburger Hafen darf nicht als Umschlagsplatz für skrupellose Waffenhändler genutzt werden. Internationale Abkommen, die auf Bundesebene vorangebracht werden müssen, können hier ein erster Schritt sein.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Hajduk