Frage an Anja Hajduk von Hendrik J. bezüglich Gesundheit
Frage an die Parteien
Die Grünen
Sehr geehrte Frau Anja Hajduk,
sie haben in ihrem Wahlprogramm einiges versprochen, was schon mehrmals versprochen wurde, wir sind skeptisch und würden gerne mehr darüber erfahren. Wir sind Auszubildende in der Altenpflege kurz vor dem Examen.
Wie möchten Sie eine faire Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, einen besseren Personalschlüssel und mehr Zeit für Zwischenmenschliche Begegnungen sicher stellen hier in Hamburg?
Mit freundlichen Grüßen
Kim W., Kati H., Hendrik J. und Sabrina K.
Sehr geehrter Herr Johst,
Sie sprechen mit Ihrer Frage zu den Arbeitsbedingungen in der Altenpflege eine zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre an. Dafür zunächst vielen Dank. Ihre Skepsis gegenüber Verbesserungen in diesem Arbeitsfeld ist nicht ganz unbegründet. Denn substantielle Veränderungen werden nur erreicht werden können, wenn Bund, Länder und Kommunen, Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen an einem Strang ziehen.
Die Möglichkeiten, die wir auf landespolitischer Ebene haben, sind dabei begrenzt. Wir können zunächst dazu beitragen, dass in ausreichender Zahl Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Diese Möglichkeiten wollen wir auch ausschöpfen. Dazu gehört in erster Linie die Fortsetzung des Bündnisses für Altenpflege, in dem Sozial-, Schul- und Wirtschaftsbehörde gemeinsam mit der Hamburgischen Pflegegesellschaft, der Agentur für Arbeit und team.arbeit.hamburg gemeinsam Maßnahmen ergreifen, um genügend Nachwuchs für diesen Beruf zu gewinnen. Die bisherige Bilanz ist sehr gut: Die Zahl der Auszubildenden ist deutlich gestiegen (vom Ausbildungsjahr 2008/2009 zum Ausbildungsjahr 2010/2011 um 18 Prozent), ebenso die Zahl der Ausbildungsbetriebe. Erfolge gibt es auch bei der Umschulung und der Nachqualifizierung. Diese Erfolge müssen strukturell gesichert werden. In der schwarz-grünen Koalition haben wir mit dem Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz zudem ein modernes Landesgesetz für die Pflege in Hamburg verabschiedet, das die Qualität der Pflege bei weniger Bürokratie weiter fördern soll. Bei der anstehenden Erarbeitung der Rechtsverordnungen werden wir darauf achten, dass die Fachkraftquote in den Einrichtungen und Diensten gesichert und die Personalausstattung für die betreuenden Tätigkeiten angemessen gestaltet wird. Wichtig ist uns auch, dass Leiharbeitnehmer zukünftig nur noch in Notfallsituationen eingesetzt werden dürfen. Darüber hinaus halten wir Grünen auch die Einbeziehung von Ehrenamtlichen bei der Alltagsbegleitung pflegebedürftiger Menschen für sinnvoll - professionelle Anleitung, Unterstützung und Begleitung der Ehrenamtlichen müssen dabei aber gewährleistet sein.
Bei den Arbeitsbedingungen werden die wesentlichen Weichenstellungen auf Bundesebene und von den Tarifpartnern selbst vorgenommen. Die Grünen haben lange für einen Mindestlohn in der Pflege gekämpft - seit August 2010 gibt es ihn endlich. Der Mindestlohn wird die Pflegeberufe nicht per se attraktiver machen. Er kann aber dazu beitragen, einen weiteren Verfall der Attraktivität der Pflegebranche aufzuhalten. Die zeitliche Befristung ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. Es gibt zudem zahlreiche Hinweise, dass Arbeitgeber versuchen, den Mindestlohn zu umgehen, indem sie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Schichtzulagen oder Leistungsprämien auf den Stundenlohn umlegen und diesen so erhöhen. Das werden wir nicht akzeptieren. Wir werden die Bundesregierung weiter auffordern, die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen besser zu kontrollieren.
Die grüne Bundestagsfraktion hat außerdem konkrete Vorschläge für eine verbesserte Weiterbildung und mehr Aufstiegsmöglichkeiten - nicht nur, aber auch in der Pflege - entwickelt. Über ein neues Erwachsenenbildungsförderungsgesetz, das das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ersetzen soll, sollen Umschulungen auch für diejenigen geöffnet werden, die aus ihrem aktuellen Beruf heraus in eine Mangel- oder Zukunftsbranche wechseln wollen. Der Rechtsanspruch auf Förderung soll dabei so gefasst werden, dass auch die Bildungspotenziale von Menschen erschlossen werden, die bisher vor einer zeitlich und finanziell anspruchsvollen Weiterbildung zurückschrecken. Das neue Gesetz soll auch die Finanzierung des Lebensunterhaltes in der Weiterbildungsphase durch Zuschüsse und Darlehen abhängig von der individuellen Situation der Berechtigten regeln. Über ein Erwachsenenbildungsförderungsgesetz soll auch die akademische Weiterbildung besser gefördert werden. Sowohl die Finanzierung von Studiengebühren als auch die z.B. bei Teilzeitarbeit nicht durch eigenes Einkommen zu finanzierenden Lebensunterhaltskosten, sollen so neu geregelt werden.
Auf Bundesebene verfolgen wir auch die Zusammenführung der verschiedenen Ausbildungsgänge im Kranken- und Altenpflegebereich zu einer generalisierten Ausbildung weiter. Die Auswertung der vom Bundesfamilienministerium geförderten Modellausbildungen zeigt in jedem Fall interessante Ergebnisse: Insbesondere die Altenpflegeschüler profitieren von integrierten und generalisierten Ausbildungen und erfahren eine Aufwertung ihrer beruflichen Qualifikation durch intensivere behandlungspflegerische Schwerpunkte in der Ausbildung.
Die Unternehmen sind aus meiner Sicht gefordert, die Arbeitszeiten flexibel zu gestalten, um insbesondere das Know-How von Frauen besser nutzen zu können, die z.B. wegen Kinderbetreuung auf flexible Arbeitszeiten angewiesen sind. Die Stadt Hamburg hat ihrerseits mit dem Kita-Gutschein-System verlässliche Rahmenbedingungen für die Betreuung von Kindern geschaffen. In der Verantwortung der Betriebe liegen auch neue Formen der Arbeitsorganisation, die den Einzelnen im Arbeitsalltag entlasten. Wer dauerhaft im Wettbewerb um gute Pflege bestehen will, muss sich selbst stärker als bisher um das pflegerische Personal bemühen.
Nicht zuletzt kommt es auch darauf an, das Image des Berufes weiter zu verbessern. Hier sehe ich auch die Politik in der Verantwortung, nicht ausschließlich die negativen Seiten der Arbeit in der Altenpflege zu betonen. Schließlich ist die Pflege- und Gesundheitsbranche in Hamburg auch ein Wachstumsmarkt mit sicheren Arbeitsplätzen.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Hajduk