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Frage von Guido F. •

Frage an Angelika Graf von Guido F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Graf,

ich bedauere, dass sich Ihre Reaktion auf meine Anfrage vom 18.10.12 darauf beschränkt, vermeintliche Mängel in meinen Quellen zu konstruieren.
Da mir hier leider nicht so viel Platz für Spitzfindigkeiten zur Verfügung steht, kann ich nur versuchen Ihre Darstellung zurechtzurücken.

Bezüglich Ihrer Behauptungen zu "A report on Global Illicit Drugs Markets 1998-2007" und dem Bericht "The War on Drugs and HIV/AIDS" belasse ich es bei der Feststellung, dass beide deutlich mehr hergeben, als Sie zugeben und verweise für Weiteres auf die folgenden Links: http://tinyurl.com/yah7jmf , http://tinyurl.com/bjrdzto , http://tinyurl.com/3pwvqck .
Haben Sie die beiden Berichte eigentlich vollständig gelesen?

In meiner Anfrage wies ich auf zwei weitere Studien hin.
Warum haben Sie die völlig ignoriert?

Mich wundert übrigens nicht, dass das BKA im Bundeslagebild Rauschgift 2004 keine Cannabisfreigabe, sondern die Ausweitung der eigenen Befugnisse fordert.
Wenn aber "Großsicherstellungen und ähnliche Faktoren" die Verfügbarkeit von Cannabis nicht einschränken, durch welche polizeilichen Maßnahmen wird dies I.E. gelingen?

Im Jahr 2003, als Cannabis laut genannter Statistik des EMCDDA in den Niederlanden für 42 % und hierzulande für 41 % der 15- bis 16-Jährigen verfügbar war, war der Umgang mit Cannabis in der BRD schon strafbar.
Warum schreiben Sie die nachfolgende Entwicklung dem mittlerweile vier Jahrzehnte geltenden Cannbisverbot zu, und wie bewerten Sie, dass Cannabis 30 Jahre nach Einführung des BtMG für Jugendliche praktisch genauso verfügbar war wie in den Niederlanden?

Sie selbst behaupten der Logik zu folgen. Zu welchem Ergebnis gelangen Sie, wenn Sie sich die Entwicklung des Cannabiskonsums seit Beginn der 1970er vor Augen führen?
Ist der Gebrauch von Cannabis heute weniger weit verbreitet als vor Einführung des BtmG?
Welche logischen Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Cannabisverbots ziehen Sie daraus?

Freundliche Grüße
Guido Friedewald

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Friedewald,

vielen Dank für Ihre weitere Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 27. Januar 2013 zum Thema Cannabis.

Ich kann ja verstehen, wenn Cannabis-Konsumenten sich gegenüber Alkohol-Konsumenten benachteiligt fühlen. Allerdings kann es als Drogenbeauftragte nicht meine Hauptaufgabe sein, Benachteiligungen zwischen Drogenkonsumenten abzubauen, schon gar nicht im Sinne einer bessere Verfügbarkeit von Drogen und besseren Möglichkeiten für den Drogenkonsum. Ich sehe meine Hauptaufgabe in der Vermeidung von Sucht, der Hilfe für Süchtige vom Drogenkonsum wegzukommen und eben vor allem im Jugendschutz.

Ich habe Ihnen ja in meiner letzten Antwort mitgeteilt, dass die Drogenpolitik in Deutschland im Bereich Cannabiskonsum von Jugendlichen gute Ergebnisse gebracht hat und die Zahl derjenigen die Cannabis konsumieren in Deutschland seit Jahren geringer wird. Mir ist schon klar, dass dies nicht allein am grundsätzlichen Verbot von Cannabis in Deutschland liegt. Es gibt nicht diese eine Ursache, die man für eine solche Entwicklung ausmachen kann. Gerade im Drogenbereich spielt auch der Zeitgeist eine Rolle und es geht auch darum, ist der Konsum einer bestimmten Droge gerade „in“ oder eher nicht. Rauchen war zum Beispiel mal „in“, ist es heute aber eher nicht mehr. Gefährliche Drogen wie Crystal werden leider gerade zunehmend „in“. „Trends“ spielen also genauso eine Rolle wie zum Beispiel Präventionsangebote, Aufklärungskampagnen aber eben auch die Verfügbarkeit, die durch Preispolitik (Alkopops, Tabaksteuer), Verkaufs- und Werbeeinschränkungen (Kartenlösung bei Zigarettenautomaten, Schockbilder auf Zigarettenschachteln) sowie teilweise (Glücksspiel) und vollständige Verbote (u.a. Cannabis) gesteuert werden kann.

Wir wissen nunmal, dass Cannabiskonsum zu körperlichen und psychischen Schäden als auch in die Abhängigkeit führen kann. Nach Angaben der Bundesregierung konsumieren etwa 2 Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Cannabis, 600.000 davon weisen einen missbräuchlichen oder abhängigen Konsum auf. Etwa ein Drittel derjenigen, die wegen Problemen mit illegalen Drogen eine ambulante Beratungsstelle aufsuchen, hat primär ein Cannabisproblem. Es sieht nach bisherigem Stand so aus, dass vor allem vom Cannabiskonsum in jungen Jahren die größte Gefahr ausgeht und dieser die größten Schädigungen auslösen kann - von der späteren Suchtgefahr bis zu psychischen Auffälligkeiten. Da kann man dann sagen, dass ja auch Alkohol Probleme bereitet. Das macht die Cannabis-Probleme aber nicht besser. Gerade der Cannabiskonsum in jungen Jahren ist ein Problem, weswegen Maßnahmen, die eine Zunahme dieses Konsums befürchten lassen, aus meiner Sicht abzulehnen sind.

Wir haben uns nun über verschiedene Studien ausgetauscht und könnten das wohl noch lange Zeit machen, es sieht aber nicht danach aus, dass uns dies auf einen Nenner bringt. Denn klar ist ja, dass es keine Studie gibt, die zum klaren und unwidersprochenen Ergebnis kommt, dass entweder ein Verbot oder aber die Legalisierung besser hinsichtlich des Jugendschutzes ist - das hat wie gesagt auch etwas damit zu tun, dass mehr als ein Faktor in die Entwicklung hineinspielt. Die Indizien sprechen allerdings dafür, dass eine bessere Verfügbarkeit zu höherem Konsum führt - was auch die Erfahrung aus allen anderen Drogenbereichen ist. Im Rahmen der Expertenanhörung im Bundestag wurde zum Beispiel darauf verwiesen, dass der Cannabiskonsum in den von Legalisierungsbefürwortern als Vorbild genommenen Niederlanden höher als in Deutschland ist und der Konsum der 16 bis 18-Jährigen dort abnahm, nachdem die Altersgrenze für die Coffee-Shops entsprechend erhöht und die Verfügbarkeit damit eingeschränkt wurde. Andere Erfahrungen hatte ich Ihnen ja schon geschildert.

Ich kann keinem Vorschlag zustimmen, der die Gefahr beinhaltet, dass der Cannabkonsum Jugendlicher und insgesamt ausgeweitet wird. Angesichts des gesunkenen Cannabiskonsums Jugendlicher in Deutschland hielte ich es für fahrlässig, eine andere Entwicklung zu riskieren. Das wäre nicht im Sinne der Suchtprävention.

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Graf