Frage an Angelika Graf von Valentin H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Graf,
ich weiß nicht ob es üblich ist eine zweite Frage hier auf abgeordnetenwatch.de zu stellen, aber ich habe auch nach Ihrer Antwort, vielen Dank an dieser Stelle, noch Fragen zum Thema Cannabis.
Zunächst einmal möchte ich deutlich machen, dass ich nie angenommen habe, dass eine Legalisierung von Cannabis einen Rückgang von Konsumenten zu Folge hätte. Dies nähme ich nur an wenn die Studie zu dem Schluss gekommen wäre, eine Lockerung des Strafmaßes hätte einen Rückgang der Prävalenzrate zu Folge. Ich frage nur warum, wenn tatsächlich kein Zusammenhang besteht, wir es verbieten, denn das Verbot kostet Geld, Zeit und manchen Menschen die Zukunft.
Sie sagen, eine Legalisierung stelle eine einfachere Verfügbarkeit dar. Wie kommen Sie zu diesem Schluss? Legalisierung bedeutet doch staatliche Kontrolle. Erst so kann der Staat Einfluss auf Verfügbarkeit und Abgaberegelungen nehmen. Oder sind Sie anderer Meinung? Wenn ja, bitte ich um eine ausführliche Erklärung, denn die Gleichsetzung einer Legalisierung mit einer einfacheren Verfügbarkeit habe ich noch nie verstanden.
Auch ich habe mit großem Interesse diese neue und aussagekräftige Studie zur Kenntniss genommen und bin nun noch stärker der Meinung, dass Jugendliche von der Droge ferngehalten werden sollten. Jugendschutz ist mir sehr wichtig! Wie aber stellen Sie sich Jugendschutz auf einem Schwarzmarkt vor? Warum haben wir keine Bundeseinheitliche Cannabis-Verhaltens- und Suchtprävention? Und warum stellt in Ihren Augen der Schwarzmarkt offensichtlich keinen großen Markt für Jugendliche dar? Ist hier tatsächlich die Verfügbarkeit reduziert? Ist ein Verbraucherschutz gewährleistet?
Ich finde ja auch, dass es einleuchtend klingt, dass, wenn wir eine Droge verbieten, sie weniger konsumiert wird. Aber ist dem tatsächlich so? Wenn ja, erklären Sie mir bitte, warum in Apotheken oder Cannabis-Clubs die Droge leichter zu bekommen wäre, als bei dem Dealer nebenan.
Mit freundlichen Grüßen,
N.V. Herfurth
Sehr geehrter Herr Herfurth,
vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 8. September 2012.
Eine Legalisierung würde eine leichtere Verfügbarkeit bedeuten, da es dann für alle - auch für Jugendliche - leichter wäre, an Cannabis zu kommen. Auch diejenigen, die keinen Dealer kennen oder keinen kennen, der einen Dealer kennt oder generell vor der Illegalität zurückschrecken, könnten dann problemlos an Cannabis kommen, was wiederum dazu führen kann, dass mehr Menschen Cannabis „ausprobieren“ und dann dabei hängenbleiben. Das gilt auch und gerade für Jugendliche.
Bei der Legalisierung stellt sich ohnehin die Frage - wenn man Cannabis mit Alkohol und Tabak letztlich gleichsetzen will - warum dann nicht auch Cannabis im Supermarkt, an der Tankstelle und im Kiosk? Warum dann keine Werbung für Cannabis im Kino, auf Plakaten und im Fernsehen? Wenn eine leichtere Verfügbarkeit keine Zunahme der Süchtigen zur Folge hätte, dann gäbe es auch unter anderem keinen Grund, in Schulen keine Zigarettenautomaten aufzustellen und die Tabakwirtschaft könnte dann zu Recht fordern, die Kartenlösung an den Automaten wieder abzuschaffen. Wenn man wirklich der Ansicht ist, dass Cannabis kein Problem ist, bräuchte man auch keine „Cannabis-Clubs“ oder Ähnliches und müsste auch nicht den Handel in der Illegalität belassen. Ich halte daher die entsprechenden Vorschläge hinsichtlich der „Cannabis-Clubs“ nicht für konsequent und auch nicht für ganz ehrlich.
Ich teile nicht die Annahme, dass durch eine Legalisierung im Rahmen von „Cannabis-Clubs“ und Ähnlichem der Schwarzmarkt ausgetrocknet würde. Den Schwarzmarkt würde man am besten austrocknen, wenn man auch Minderjährigen den Zugang und Erwerb in den „Cannabis-Clubs“ gestatten würde oder noch besser, wenn man auf die Restriktion der „Cannabis-Clubs“ verzichten und Cannabis überall verkaufen dürfte. Das würde den Schwarzmarkt austrocknen, im Sinne des Jugendschutzes und der Suchtprävention wäre es aber eben nicht. Jugendschutz und Suchtprävention müssen aber in meinen Augen das vorrangige Ziel sein.
Eine holländische Erfahrung ist zudem - darauf wurde in der Expertenanhörung zum Antrag der Linkspartei hingewiesen - dass im Umfeld der „Cannabis-Clubs“ der Handel mit illegalen, harten Drogen prächtig gedeihen würde. Das ist ja auch logisch - die Dealer finden hier ihre Zielgruppe, die vielleicht ja auch mal andere Drogen ausprobieren will. Wenn es in erster Linie um den Schwarzmarkt geht, müsste man also auch die harten Drogen gleich „mit-legalisieren“.
Verstehen Sie mich nicht falsch - ich halte nichts davon, Konsumenten oder Süchtige zu verfolgen. Ich setze mich daher auch in der SPD-Bundestagsfraktion für eine bundesweit einheitliche Geringe-Mengen-Regelung im Bereich von Cannabis ein, um unverhältnismäßige Strafverfolgung zu vermeiden - das hatte ich ja auch schon in meiner letzten Mail geschrieben. Eine Legalisierung ist in meinen Augen aber eine Erleichterung der Verfügbarkeit und damit nicht im Sinne der Suchtprävention und des Jugendschutzes. Ich könnte auch kaum noch glaubwürdig gegenüber den anderen „Lobbys“ - Alkohol, Tabak, Glücksspiel - eine Senkung der Verfügbarkeit fordern, wenn ich bei Cannabis das Gegenteil vorschlagen und dies auch noch als angeblich vorteilhaft oder als „egal“ für die Suchtprävention begründen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf