Frage an Angelika Brunkhorst von Michael K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Brunkhorst,
ich arbeite seit 1999 aktiv an unserer Energiewende mit dezentral einsetzbarer Photovoltaik.
Nach einem guten Jahrzehnt stetigen Wachstums sind die Erneuerbaren Energien durch ein einzigartiges Gesetz, dem Erneuerbaren Energien Gesetz EEG, auf dem besten Wege, den zentralen Energieerzeugungen den Spiegel der durch sie entstandenen Krisenherde vorzuhalten. Nur so lässt sich der augenblicklich desaströse politische Aktionismus verstehen.
Hier geht es bekanntermaßen um eine Zementierung von Macht und Kapital für Wenige auf Kosten der Gefährdung von weit über 100.000 neu entstandenen und zukunftsweisenden Arbeitsplätzen im Inland und einer sozial ausgewogenen Weltpolitik für unsere Kinder.
Die Politik liefert besonders in diesen Wochen für alle Bürger erkennbar: Verunsicherung durch eine chaotische Energiepolitik die bereits erste Insolvenzen in der Photovoltaikbranche als ihren Verdienst anerkennen muss. Der vorliegende Gesetzentwurf kostet unsere Industrienation postwendend die Technologieführerschaft. Damit verbleiben nur noch chinesische, bestenfalls asiatische Produkte im Portfolio und das Wissen um unsere einst hohen Anschubinvestitionen.
Noch ist Deutschlands nachhaltige Energiepolitik ein weltweites Vorbild, die netzstabilisierenden Auswirkungen u.a. der PV bieten Versorgungssicherheit und haben (dem Atomstaat) Frankreich und (dem Kohlestaat) Polen Versorgungssicherheit in den kalten Wintertagen 2012 bescheert.
Der Merit Order Effekt (Senkung des Spitzenstrompreises) an der Leipziger Strombörse lässt energieintensive Industrien (EEG Umlagebefreit) profitieren.
Nächstes Thema ist die Marktprämie (1 Mio €/d!).
Exakt ein Jahr nach Fukushima Daiichi soll ein Freibrief für unkontrollierbare Eingriffe
- die Verordnungsermächtigung- das Vertrauen der Wirtschaft in die Politik schmälern,
sowie nachhaltigen Investitionen die Grundlage entziehen.
Meine Frage an Sie Frau Brunkhorst: wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?
Sehr geehrter Herr Kammerloher,
vielen Dank für Ihr Schreiben zur Änderung der Photovoltaikförderung.
Nach Durchführung einer öffentlichen Anhörung vor dem Umweltausschuss des Deutschen Bundestages am 21. März 2012 hat der Deutsche Bundestag die Änderung des EEG in zweiter und dritter Lesung am 29. März 2012 beschlossen.
Dabei ging es nicht "um Zementierung von Macht und Kapital", wie Sie meinen sondern insbesondere darum, die Vergütungssätze für PV-Strom an die Preis- und Kostenentwicklungen anzupassen. Wie Sie sicherlich aus eigener Erfahrung wissen, sind die Anlagenpreise gesunken. Diese Kostensenkungen wurden aber nicht an die Stromkunden weitergegeben. Ziel des EEG ist es aber nicht, übermäßige Renditen zu garantieren, sondern die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern.
Die Bundesregierung hat sich mit den Beschlüssen zur Energiewende ambitionierte Ziele gesetzt. Wir wollen die erneuerbaren Energien weiter dynamisch ausbauen, die Energieeffizienz deutlich verbessern und gleichzeitig gewährleisten, dass Deutschland auch in Zukunft ein wettbewerbsfähiger und innovativer Industriestandort bleibt. Wachstum und Wohlstand in Deutschland brauchen eine zuverlässige, bezahlbare und umweltschonende Energieversorgung.
Die jetzt erzielte Einigung stellt die Weichen für einen kosteneffizienten Ausbau der Photovoltaik.
In Deutschland wurde in den letzten beiden Jahren jeweils eine PV-Leistung von rund 7,5 Gigawatt neu installiert. Diese hohe Zubaumenge hat gerade keine netzstabilisierende Auswirkung, die Sie erwähnen, sondern verursacht vielmehr Probleme bei der Netzintegration. Dazu verursacht der Ausbau hohe Kosten, die über die EEG-Umlage die Stromverbraucher belasten. Die neu installierte Kapazität liegt mehr als doppelt so hoch, wie sie gesetzlich im EEG als Zielmarke verankert worden ist. Dies ist um so bedeutender, als dass die christlich-liberale Koalition bereits den Zielkorridor, wie er unter SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel galt, fast verdoppelt hatte.
Union und FDP haben daher trotz aller Kritik von Interessengruppen daran festgehalten, die gesunkenen Anlagenpreise durch eine Kürzung der 20 Jahre garantierten Vergütung an die Stromverbraucher weiterzugeben. Die Renditen bei Investitionen in Solaranlagen werden somit auf ein Normalmaß zurückgeführt.
Der FDP-Bundestagsfraktion ist aber trotz aller Notwendigkeit einer Reform der PV-Vergütung auch der Vertrauensschutz für mittelständische Unternehmen und Investoren wichtig. Deshalb hat die FDP die am Kabinettsbeschluss geäußerte Kritik an den Übergangfristen sehr ernst genommen und sich erfolgreich für eine weitergehende Vertrauensschutzregelung eingesetzt: Die Änderungen sollen jetzt für Dachanlagen erst zum 1. April in Kraft treten und nicht, wie ursprünglich geplant, bereits am 9. März. Freiflächenanlagen werden nun eine Vergütung nach altem Recht erhalten, wenn ein Aufstellungsbeschluss vor dem 1. März 2012 vorgelegen hat und die Anlage bis zum 30. Juni 2012 in Betrieb genommen wird. Bei Anlagen auf Konversionsflächen wird diese Frist wegen des erhöhten Aufwands auf den 30. September 2012 verlängert. Betreiber von Dachanlagen, die vor dem 24. Februar 2012 ein Netzanschlussbegehren mit Standort und Leistungsinformation an den Netzbetreiber gerichtet haben, haben bis zum 30. Juni 2012 Zeit, ihr Projekt zu den alten Konditionen fertigzustellen.
Die Stärke der Photovoltaik ist ihre dezentrale Produktion – aber nur dann, wenn der Strom auch dezentral verbraucht wird. Deshalb fördern und fordern wir den Eigenverbrauch. Entsprechend den tatsächlichen Möglichkeiten soll nur noch ein Teil der in der Anlage produzierten Strommenge fest vergütet werden – je nach Größe der Dachanlage sind das 80 oder 90 Prozent. Der Rest muss selbst verbraucht oder vermarktet werden. Das senkt die EEG-Umlage und den Ausbaubedarf der Netze. Gleichzeitig haben die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung beauftragt, Stromspeicher für Solaranlagen durch Umschichtung in bestehenden Haushaltsmitteln stärker zu fördern.
Es handelt sich bei der EEG-Novelle schließlich um kein „Solarauslaufgesetz“, wie beispielsweise die Opposition behauptet hat. Zwar sinkt der Zielkorridor ab 2014 von 2500 bis 3500 MW jährlich um 400 MW ab. Es geht hierbei aber um die geförderte Ausbaumenge – hinzukommen zunehmend die Anlagen, die sich in Zukunft auch eigenständig am Markt behaupten können.
Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hersteller von Solaranlagen entscheidet sich im Übrigen nicht an der Höhe der Vergütung. Unabhängig von der Höhe der Vergütung entscheidet sich jeder Anlagenkäufer nach Qualität und Preis für den Lieferanten der Anlage. Nur wenn deutsche Hersteller den Preisvorteil der asiatischen Konkurrenz durch bessere Qualität ausgleichen können, werden Kunden ihre Produkte kaufen.
Um die Parlamentsrechte zu wahren und Planungssicherheit zu erhalten, wurden die Verordnungsermächtigungen zur Marktintegration und Vergütungsabsenkung im parlamentarischen Verfahren gestrichen, d.h. es wird die von Ihnen befürchteten "unkontrollierbaren Eingriffe" nicht geben. Um dennoch eine Reaktion auf Marktentwicklungen zu erreichen, wurde ein modifizierter atmender Deckel eingeführt, der die monatliche Degression von 1 Prozent je nach Ausbaurate erhöht oder verringert.
Insgesamt haben wir uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Allen Beteiligten ist klar, dass diese Korrektur der PV-Vergütungssätze für manchen schmerzhaft ist und eine besondere Herausforderung bedeutet. In der Gesamtabwägung aller Interessen war dies jedoch unabwendbar.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Brunkhorst