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Angela Freimuth
FDP
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Frage von Sibel K. •

Frage an Angela Freimuth von Sibel K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir, die Ihnen schreiben, sind die Schüler des Gertrud- Bäumer- Berufskolleg in Plettenberg. Genau genommen sind wir alle angehende Erzieherinnen. Im Zuge unseres Politikunterrichts beschäftigen wir uns zur Zeit mit dem interessanten Thema Flüchtlingspolitik in Deutschland.

Auf Grund unserer Recherche fanden wir heraus, dass Deutschland den Flüchtlingen den Zugang in unser Land verwehrt und auf andere Länder verweist, welche für die Flüchtlinge verantwortlich sein sollen.
Im Politik Unterricht bearbeiteten wir mehrere Artikel, in denen bewegende Schicksale von Flüchtlinge aus Afrika, Tunesien und Libyen geschildert wurden.
Wir finden es sehr erschreckend, dass so viele Menschen aus Ländern, in denen die Menschenrechte nicht beachtet werden, voller Hoffnung auf ein besseres Leben, ihr Leben auf einer Flucht mit niedrigen Umständen und ungewisserem Ausgang riskieren und dann in der EU vor geschlossenen Grenzen stehen.

Wie kann es sein, dass so ein sozialer Staat wie Deutschland es sein will, notbedürftigen Menschen jede Hilfe verweigert?

Wir wären Ihnen sehr dankbar für eine Antwort.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Karacan, liebe Schülerinnen und Schüler des Gertrud-Bäumer-Berufskollegs in Plettenberg,

die Mitgliedsstaaten der EU beziehen sich im Umgang mit Flüchtlingen auf die international (völkerrechtlich) verbindliche Regelung zum Umgang mit Flüchtlingen, die so genannten Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. In ihr ist festgelegt, dass Menschen, die wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden, Flüchtlingsschutz gewährt werden muss; das heißt, ein Flüchtling darf nicht aus- bzw. zurückgewiesen werden, solange sein Flüchtlingsstatus noch nicht geklärt ist. In Anlehnung an die Genfer Flüchtlingskonvention genießen politisch Verfolgte in Deutschland nach Artikel 16 des Grundgesetzes das Asylrecht sogar als Grundrecht, von dem jeder politisch Verfolgte seit der Entstehung des Asylrechts Gebrauch machen durfte.

Daraufhin stiegen die Asylbewerberzahlen massiv an. Folglich dauerten die Verfahren aufgrund der hohen Antragszahlen wesentlich länger und die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung der Asylbewerber stiegen. Gleichzeitig konnte aber nur knapp 5% der Asylantragsteller tatsächlich entsprechend der im Gesetz festgehaltenen Kriterien Asyl gewährt werden. Viele Flüchtlinge versuchten, das Asylrecht in Anspruch zu nehmen, ohne tatsächlich in einer Asyl rechtfertigenden Lage (politische Verfolgung) zu sein (Asylmissbrauch); dies betraf besonders Flüchtlinge, die das Aufenthaltsrecht aus wirtschaftlichen Gründen erlangen wollten.

Eine Abschiebung der nicht anerkannten Asylbewerber war vielfach nicht möglich. In diesem Zusammenhang wurde in den Medien auch von Fällen berichtet, in denen Asylsuchende nach Ablehnung in Deutschland untertauchten und illegal hier lebten. Dies führte letztendlich zu erheblichen gesellschaftlichen Spannungen, die sich wiederum negativ auf die Akzeptanz des Asylbewerberrechtes in der deutschen Bevölkerung auswirkten. Aus diesem Grund erfolgte im Jahr 1993 eine Reform, und damit eine Verschärfung des Asylrechts. In das Grundgesetz wurde der Artikel 16a eingefügt. Dieser hält fest, dass sich insbesondere Ausländer, welche über einen Staat der Europäischen Gemeinschaften oder einen sonstigen sicheren Drittstaat einreisen, nicht auf das Asylrecht berufen können. Damit sollte den übermäßig hohen Asylbewerberzahlen, dem Asylmissbrauch und damit auch der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz entgegengewirkt werden.

Nach Artikel 16a des Grundgesetzes ist Deutschland also in der Tat nicht grundsätzlich verpflichtet, Flüchtlingen Asyl zu gewähren, denn aufgrund seiner zentralen Lage ist Deutschland fast ausschließlich nur über ein Drittland erreichbar und sich die meisten einreisenden Flüchtlinge nicht auf das Asylrecht berufen können. Das heißt aber nicht, dass Deutschland tatsächlich hilfsbedürftigen Menschen jegliche Hilfe verweigert. Auch unerlaubt Eingereiste können - sofern sie sich bei den Behörden melden - Flüchtlingsschutz bzw. Duldung beanspruchen. Eine Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz muss erteilt werden, solange eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und dem Betroffenen keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann.

Die Dublin-II-Regel von 2003 in der Europäischen Union verschärft die Flüchtlingsproblematik noch einmal. Diese Regel besagt, dass Asylbewerber in dem EU-Land versorgt werden müssen, in dem sie zuerst europäisches Territorium betreten haben und dass dieses Land den Asylbewerber während des ganzen Verfahrens betreuen muss. Die Versorgung der Flüchtlinge ist damit zwar sichergestellt, stellt aber vor allem die Randstaaten der EU vor große Herausforderungen, die oftmals der erste Anlaufpunkt für Flüchtlinge sind. Das führt vielfach dazu, dass die Randstaaten der Europäischen Union angesichts der hohen Flüchtlingszahlen schlichtweg überfordert sind und Flüchtlinge ab- bzw. zurückweisen müssen. Hinzu kommt, dass die Dublin-II-Regel auch noch besagt, dass Flüchtlinge, die unerlaubterweise in ein anderes EU-Land weiterreisen, in den zuständigen Staat zurückgeschickt werden können. Die Flüchtlingsströme konzentrieren sich deshalb auf einige wenige Länder am Rande der EU, die die Flüchtlinge verpflegen und unterbringen müssen, für sämtliche bürokratischen Verfahren verantwortlich sind und zu guter Letzt dafür auch noch finanziell aufkommen müssen. Die Überlastung der Randstaaten führt u. a. auch dazu, dass dort die Mindeststandards bei der Behandlung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zum Teil nicht eingehalten werden können.

Das Problem der Asylpolitik liegt daher nicht nur in der seit 1993 restriktiven deutschen Asylpolitik, sondern gegenwärtig vor allem auf der europäischen Ebene. Das Hauptproblem mit Blick auf die europäische Flüchtlingspolitik ist dort meiner Meinung nach, dass die Europäische Union keine gemeinsame Flüchtlings- und Asylpolitik hat, die den Umgang mit Flüchtlingen vereinheitlicht und die Lasten gleichmäßig auf alle Mitgliedsstaaten verteilt. Es ist deshalb oftmals so, dass die Staaten, die nicht unmittelbar von direkten Flüchtlingsströmen betroffen sind, die Verantwortung an die Staaten am Rande der EU abschieben.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat die Europäische Union 1999 begonnen, das Asylrecht in einem Drei-Stufen-Plan zu harmonisieren. Diesen Plan begrüßt die FDP grundsätzlich. Wichtig dabei ist, dass die das angestrebte Gemeinsame Europäische Asylsystem (CEAS) effektive und praktische Kooperation unter den EU-Mitgliedsstaaten ermöglicht, die Solidarität der EU-Staaten untereinander, aber auch mit den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge einfordert und nicht zuletzt die Grundrechte und Interessen der Flüchtlinge berücksichtigt. Aufgrund der großen Heterogenität innerhalb der EU ist aber noch offen, auf welchen gemeinsamen Nenner man sich einigen kann.

Detailliertere Informationen finden Sie auf der Website des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ( http://www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/asylfluechtlinge-node.html ) und auf der Website der Europäischen Kommission zum Thema ´Asyl´ ( http://ec.europa.eu/home-affairs/policies/asylum/asylum_intro_en.htm ).

Mit freundlichen Grüßen
Angela Freimuth

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