Frage an Anette Hübinger von Thomas G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hübinger,
ein Berliner Gericht hat entschieden, dass die bisher geheim gehaltenen Lobbyisten-Listen des Deutschen Bundestages offengelegt werden müssen. Die Bürgerinnen und Bürger als Souverän haben ein Recht darauf, zu wissen, welche Unternehmen ihre jeweiligen Interessen tagtäglich in den Bundestag einbringen. Allerdings möchte der Bundestag offenbar dem Souverän gegenüber diese Lobby-Kontakte weiterhin verschweigen und erwägt eine Berufung gegen dieses Gerichtsurteil.
Sind Sie der Meinung, dass ein solches Verhalten geeignet ist, den Bürgerinnen und Bürgern Transparenz zu signalisieren und das Vertrauen in ein demokatisches Handeln unserer Volksvertreter zu stärken? Ist es nicht denkbar, dass durch eine Offenlegung der Lobbyisten-Kontakte das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Volksvertreter und damit auch die Wahlbeteiligung gesteigert werden könnte?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Gretscher
Sehr geehrter Herr Gretscher,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Es gibt sicherlich vertrauenswürdige Informationen, die geschützt werden müssen. Da bedarf es einer konkreten Abwägung zwischen datenschutzrechtlichen Bestimmungen einerseits und Transparenz durch Offenlegung dieser Listen andererseits.
Unabhängig davon möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass das Instrument des Lobbyismus selbstverständlich zum Parlamentarismus gehört. Neben dem regen Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern ist es für Bundestagsabgeordnete von großer Bedeutung, Anliegen sowie Standpunkte von unterschiedlichen Interessengruppen wahrzunehmen und diese in die politischen Meinungsbildungsprozesse einfließen zu lassen. Dieser Dialog ist daher unerlässlich, da Interessenverbände unmittelbar von Gesetzen betroffen sind und sie der Politik wichtige Rückmeldungen geben können.
Unter Lobbyismus sollte also nach meinem Verständnis nicht eine Beeinflussung der Bundestagsabgeordneten verstanden werden, sondern insbesondere der wichtige Austausch zwischen Politik und Interessengemeinschaften. Dies widerspricht nach meiner Auffassung auch nicht dem Grundsatz der Transparenz, sondern ist zielführend und sinnvoll, um bestmögliche politische Entscheidungen treffen zu können.
Ich hoffe, Ihre Frage damit nachvollziehbar beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Hübinger MdB