Frage an Anette Hübinger von Anne S. bezüglich Familie
Guten Tag Frau Hübinger!
Im Abgeordneten-Check auf Spiegel Online habe ich gelesen, dass Sie die Adoption durch homosexuelle Paare mit der Begründung ablehnen, es sei besser für Kinder, auch zu Hause männliche und weibliche Vorbilder zu haben. Haben die Kinder, um die es bei diesem Thema geht, überhaupt eine solche Alternative? Welche Kinder würden denn von Homosexuellen adoptiert?
Das Thema scheint mir hauptsächlich zwei Gruppen von Kindern zu betreffen. Zum einen diejenigen, die sowieso in homosexuellen Partnerschaften aufwachsen und von ihrem Stiefpapa oder ihrer Stiefmama nicht adoptiert werden dürfen. Es gibt mehrere Tausend dieser Kinder in Deutschland, soweit ich weiß. Wie erklären Sie diesen Kindern die Nachteile, die ihnen entstehen, zB im Erbrecht beim Tod des Stiefelternteils, oder beim Umgangsrecht, falls dem leiblichen Elternteil etwas zustößt?
Die weitaus größere Gruppe Betroffener scheinen mir jedoch Waisenkinder zu sein, die in ausländischen Kinderheimen auf eine Adoption warten. Es gibt in Deutschland wesentlich mehr Auslands- als Inlandsadoptionen, wie Ihnen jedes adoptionswillige Paar bestätigen kann. Für die allermeisten homosexuellen Paare käme daher nur eine Auslandsadoption in Frage. Für viele Waisen u.a. in Osteuropa werden bislang keine Eltern gefunden, sondern sie bleiben im Kinderheim, bis sie erwachsen sind. In Russland werden solche Waisen im Fernsehen vorgestellt, ähnlich unserem "Tiere suchen ein Zuhause". Sie finden keine Eltern. Was sagen Sie diesen Kindern? Besser im Kinderheim aufwachsen, als mit zwei Papas? Was denken Sie, was ein russisches Waisenkind antworten würde?
Sehr geehrte Frau Siebraße,
dieses Thema ist nicht einfach für mich und meine Partei. Einerseits sind wir der Meinung, dass der in Artikel 6 Grundgesetz garantierte besondere Schutz von Ehe und Familie nach wie vor eine Differenzierung zwischen Ehe und eingetragenen Lebenspartnerschaften erlaubt. Dies betrifft gerade auch das Adoptionsrecht.
Andererseits gibt es Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die die Rechte von eingetragenen Lebenspartnerschaften in Steuerfragen und hinsichtlich der Sukzessivadoption stärken. Diese Rechtsprechung betrifft dann auch die erste von Ihnen angesprochene Gruppe von Kindern und die damit verbundenen Adoptionen. Wir befürworten die Verfestigung von sozialen Eltern-Kind-Beziehungen, wo sie bereits gelebt werden. Wir erkennen an, dass viele Menschen auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ihr Lebensglück finden. Dies respektieren wir. Auch hier übernehmen Menschen füreinander Verantwortung und leben Werte, die grundlegend sind für unsere Gesellschaft.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 19. Februar 2013 in der Frage der Sukzessiv-Adoption deutlich gemacht, dass es in diesem Teilbereich des Adoptionsrechts Handlungsbedarf sieht. Deshalb hat es den Gesetzgeber aufgefordert, bis Juni 2014 eine Neuregelung auf den Weg zu bringen. Es ist selbstverständlich, dass die CDU/CSU-geführte Bundesregierung diesem Gebot des Bundesverfassungsgerichts nachkommen wird.
Wenn das Bundesverfassungsgericht in einer anderen Entscheidung zum dem Urteil kommen sollte, dass eingetragenen Lebenspartnerschaften grundsätzlich das Recht auf die Adoption eines Kindes – also die 2. von Ihnen angesprochene Gruppe – zugesprochen werden sollte, dann werde ich mich diesem Votum nicht verschließen. Bis jetzt liegt eine solche Entscheidung aber noch nicht vor und deshalb gilt für mich weiter der in Artikel 6 Grundgesetz garantierte besondere Schutz von Ehe und Familie und die damit mögliche Differenzierung zwischen Ehe und eingetragenen Lebenspartnerschaften auch in Fragen des Adoptionsrechts. Grundsätzlich ziehe ich das Aufwachsen eines Kindes in einer Partnerschaft demjenigen in einem Kinderheim vor.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Hübinger MdB