Frage an Andreas Steppuhn von Brit P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Steppuhn,
meine Frage zielt auf eine Handhabung örtlicher Behörden bundeseinheitlicher Gesetzgebung: Hartz iV. Nach Aussage der betreffenden Behörde hat diese das Recht, dem Betreuten die Miete für eine neue Wohnung zu zahlen, obwohl die Behörde weiß, daß die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde und das Mietverhältnis somit nicht ordnungsgemäß endete. Das ist Zivilrecht, die Behörde hat nur die Angemessenheit zu prüfen. Der alte Vermieter kann sich ja zivilrechtlich gegen den Hilfsbedürftigen zur Wehr setzen. Ist diese Handhabung so vom Gesetzgeber beschlossen worden? Wenn nein, wieso darf diese Behörde dann so handeln. Letztendlich wird damit bewußt ein zu Betreuender in die Schuldenfalle gejagt. Herzlichen Dank im voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüssen Brit Purmann
Sehr geehrte Frau Purmann,
vielen Dank für Ihre oben genannte Fragestellung.
Ich stimme Ihnen zu, die derzeitige Gesetzgebung kann im Einzelfall zu den von Ihnen geschilderten Problemen führen.
Dennoch muss an dieser Stelle auch festgehalten werden, dass hier der konkrete Fall zu beachten ist.
Dies möchte ich Ihnen kurz darlegen, bitte Sie aber gleichzeitig um Verständnis dafür, dass es sich bei meiner nachfolgend aufgeführten Stellungnahme nicht um eine verbindliche Rechtsauskunft handelt.
Grundsätzlich regelt das SGB II in § 22 die Pflichten und Leistungen des Leistungsträgers.
Konkret wird in § 22 SGB II (Absatz 1 Satz 3) ausgeführt, unter welchen Bedingungen und in welchem Zeitrahmen der Leistungsträger verpflichtet ist, die angemessenen Kosten zu übernehmen. Für den Regelfall gilt hierbei jedoch eine Höchstfrist von sechs Monaten, die im Übrigen der früheren Sozialhilfepraxis entspricht.
Nach dem § 22 SGB II ist der Hilfebedürftige darauf hinzuweisen, wenn die Unterkunftskosten unangemessen hoch sind. Bei solch einer Aufforderung durch den Leistungsträger, muss der Leistungsnehmer alle Maßnahmen zur Kostensenkung ergreifen. Dabei kann der Leistungsempfänger jedoch nicht die Frist von sechs Monaten abwarten, sondern muss sofort tätig werden.
Denn nach einem Urteil des Hessischen Landessozialgerichtes vom 23.07.2007 (9. Senat, Aktenzeichen: L 9 AS 91/06 ER) handelt sich hier um eine Regelhöchstfrist, „… nicht um eine Such- oder Überlegungsfrist“. Innerhalb der Frist von sechs Monaten sollte daher ein Umzug unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist erfolgen und dieser Zeitraum sollte normalerweise auch ausreichen, um in dieser Frist auch die Kündigungsfrist einhalten zu können.
Sicherlich können hier auch Ausnahmen bestehen, bspw. in Form sehr alter Mietverträge mit langen Kündigungszeiten. Der Leistungsträger hat jedoch das Ermessen, ist aber nicht verpflichtet, diese Frist zu verlängern, damit der Leistungsnehmer nicht Mietschulden aufbaut, bspw. wenn der Leistungsnehmer vergeblich aber nachweislich versucht hat, die Kosten zu senken.
Ferner findet nach Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II keine Versagung der angemessenen Unterkunftskosten durch den Leistungsträger statt. Der Leistungsträger ist verpflichtet, die angemessenen Kosten zu übernehmen.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass wenn Kostensenkungen möglich und zumutbar sind, aber innerhalb der vorgesehen Frist vom Hilfebedürftigen verweigert oder nicht wahrgenommen wurden, sich die Kostenübernahme auf die als angemessenen anzusehenden Unterkunftskosten reduziert.
In diesem Fall hätte der Leistungsempfänger die Differenz aus angemessenen und tatsächlichen Kosten zu tragen (SGB II § 22 Abs. 1 S. 1).
Das bedeutet, wenn der Wille des Leistungsnehmers besteht, jedoch keine Möglichkeit zur Kostensenkung, greift das SGB II, d.h. der Leistungsträger übernimmt innerhalb der Frist die Kosten, nach eigenem Ermessen auch darüber hinaus.
Wenn sich der Leistungsnehmer jedoch weigert, für eine entsprechende Kostensenkung zu sorgen bzw. diese unterlässt, hat er die Differenz selbst zu tragen.
Nichts desto trotz sehe ich das Problem und werde den Hinweis zum Anlass nehmen, um mit unseren Rechtspolitikern und meinen Kolleginnen und Kollegen in SPD AG Arbeit und Soziales an einer Problemlösung zu arbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Steppuhn, MdB