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Andreas Schwarz
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Frage von Matthias K. •

Frage an Andreas Schwarz von Matthias K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Schwarz,

mehr als 4 Millionen Bundesbürger, Tendenz steigend, weigern sich derzeit hartnäckig den Rundfunkbeitrag (ehem. GEZ) zu zahlen.
http://www.focus.de/finanzen/videos/widerstand-gegen-zwangsgebuehren-sie-zahlen-einfach-nicht-millionen-deutsche-verweigern-die-gez-abgabe_id_4764622.html

Die große Mehrheit der Bundesbürger sind gegen diese Zwangsabgabe.
http://www.focus.de/kultur/medien/umfrage-zu-rundfunkgebuehren-grosse-mehrheit-der-deutschen-will-fuer-oeffentlich-rechtliche-nicht-mehr-zahlen_id_5300491.html
Diese Zwangsabgabe pro Haushalt zu verordnen ist völlig ungerecht, unsozial und intransparent. Was viele nicht wissen ist, dass der Großteil der über 8 Milliarden € eingenommenen Rundfunkgebühren, nicht etwa in das Bildungsprogramm investiert wird, sondern für die horrenden Renten- und Pensionsausgaben völlig überbezahlter Ex-Intendanten verwendet wird.
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2016/ard-vorsitzende-kann-mit-ueppiger-alterspension-rechnen/

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=21332
Im Zeitalter des Internets informieren sich die meisten Leute unabhängiger und einfacher im Netz. Meine komplette Familie und ich sehen schon seit Jahren kein Fernsehen mehr (für mich ist dies Volksverdummung), wieso soll ich dafür zahlen? Zudem ist es heutzutage überhaupt kein Problem dies technisch mittels Decoder umzusetzen: Diejenigen die die ARD, ZDF, usw. sehen wollen, können dies gegen eine monatliche Gebühr gerne tun. Denken Sie nicht, dass es an der Zeit ist, das öffentlich rechtliche Fernsehen komplett zur reformieren? Wie stehen Sie dazu?

MfG,
Matthias Karmann

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Sehr geehrter Herr Karmann,

in Ihrer E-Mail kritisieren Sie das Rundfunkbeitragssystem in der Bundesrepublik Deutschland.

Ich möchte vorausschicken, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk politisch und rechtlich Ländersache ist. Dennoch werde ich gerne auf Ihre Kritik eingehen und eine persönliche Einschätzung abgeben.

Die 16 Bundesländer legen im Rundfunk- und Rundfunkgebührenstaatsvertrag den gesetzlichen Rahmen fest, den die Rundfunkanstalten dann autonom und politikfern ausfüllen. Dies gilt sowohl für die Rundfunkbeitragserhebung als auch für die programmliche Gestaltung. Es hat gute historische Gründe und ist bewährtes Prinzip, dass der Einfluss der Politik auf die Rundfunkausgestaltung auf ein Minimum begrenzt ist.

Zum Rundfunkbeitragssystem: Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt gerade angesichts einer zunehmend fragmentierten Öffentlichkeit eine besonders wichtige gesellschaftliche Rolle zu. Sein Anspruch, hochwertiges und unabhängiges Programm für alle zu machen und übergreifende politische Debatten zu ermöglichen, ist gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung von herausragender Bedeutung. Internet- und digitales Fernsehen (wie auch Radio) gewinnt gegenüber der traditionellen Übertragung mehr und mehr an Bedeutung. Dennoch dürfen wir die Wertigkeit der Vielfalt an Informationsquellen für eine Demokratie nicht unterschätzen. Sehr viele Menschen schätzen das Fernsehen und das Radio noch immer als wichtigste Nachrichten- und Unterhaltungsplattform.

Hochwertige und vielfältige Medienangebote sind nur mit Unabhängigkeit und langfristiger finanzieller Planbarkeit möglich. Unter anderem um diese Unabhängigkeit zu wahren, haben die Rundfunkanstalten (entsprechend der gesetzlichen Rahmenvorgaben der Länder) weitgehende Selbstverwaltung. Dies gilt auch für die Beitragserhebung. So kann kein Finanzminister oder Haushaltsausschuss eines Parlaments Einfluss auf den Rundfunk nehmen. Auch das ist ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger in einer Demokratie!

2013 wurde von den Ländern im Interesse einer langfristigen Beitragsstabilität die geräteunabhängige Haushaltsabgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingeführt. Wir haben das zuletzt im März 2016 vom Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich bestätigte neue Rundfunkgebührenmodell von Beginn an unterstützt, da es insgesamt fairer und einfacher als das alte System mit Einzelgeräteanmeldungen und Haushaltekontrollen ist. Dass der Rundfunkbeitrag 2015 um 48 Cents auf 17,50 Euro pro Monat sinken konnte, zeigt, dass auch die Verbraucher/innen vom neuen System profitieren, gleichzeitig aber auch die Sender mit langfristig stabilen Finanzen planen und Aufträge vergeben können. Dies mag für den einzelnen Nutzer wenig scheinen, im Gesamtvolumen geht es dabei aber um über eine Milliarde Euro. Die Regierungschefinnen und –chefs der Länder haben Ende 2016 den Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein ehrgeiziges Reformprogramm abverlangt. Zum Ende 2017 sollen konkrete Strukturveränderungsvorschläge der Anstalten vorliegen, die unter dem Primat der Beitragsstabilität den Weg in das nächste Jahrzehnt weisen sollen. Ich bin gespannt auf die Vorschläge und werde diese sehr aufmerksam begleiten.

Gleichwohl bleibt es eine fortwährende Herausforderung, das hohe Maß an Qualität und Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu wahren und entsprechend den gesellschaftlichen Ansprüchen fortzuentwickeln. Hierbei wird gelegentlich auch Mut zur Veränderung nötig sein. Insbesondere bei der modernen Ausgestaltung und internationalen Wettbewerbsfähigkeit von öffentlich-rechtlichen Formaten, bei der Ausgabentransparenz oder im Bereich zeitgemäßer Personalverwaltung sollten die Anstrengungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weiter intensiviert werden. Denn das deutsche Rundfunksystem braucht eine möglichst hohe Akzeptanz in der gesamten Bevölkerung. Hier gilt es, mit vielfältigen und hochqualitativen Angeboten alle Generationen zu überzeugen.

Für mich ist ein staatsfern organisierter, qualitativ hochwertiger und vielfältiger Rundfunk ein unverzichtbarer Beitrag für Demokratie und Kultur in unserem Land, den es zu erhalten gilt. Als Bürger möchte ich, wie Sie, dass mein Beitrag sinnvoll genutzt wird und den technischen und qualitativen Ansprüchen der Gegenwart entspricht.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Schwarz, MdB

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