Frage an Andreas Schwarz von Kaj B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schwarz,
ich erinnere mich, wie in der vergangenen großen Koalition die Vorratsdatenspeicherung gemeinsam mit den Stimmen der SPD und der Union nahezu widerstandsfrei beschlossen wurde.
Kurz nach Amtsantritt der schwarz-gelben Regierung trat die SPD auf, als hätte sie das nie gewollt und opponierte vehement gegen die von ihr selbst beschlossenen Regelung.
Nun, soweit das nach den aktuellen Verhandlungen absehbar ist, herrscht wieder eine ungewohnte Einmütigkeit der Koalitionäre hin zur Vorratsdatenspeicherung. Eine Hinwirken auf eine mögliche Begrenzung des Zeitraums auf drei Monate ist dabei ein schwacher Trost, zumal abzusehen ist, dass dieses Bemühen nicht von Erfolg gekrönt sein wird.
Gerne würde ich wissen, wie Sie persönlich zum Instrument der VDS stehen und wie sie die, meiner Meinung nach unerträgliche Wankelmütigkeit der Bundes-SPD einschätzen.
Mit freundlichen Grüßen
Kaj Beuter
Sehr geehrter Herr Beuter,
Nach geltendem EU-Recht ist die Bundesrepublik Deutschland zu einer gesetzlichen Regelung verpflichtet, dass Telekommunikationsunternehmen Verbindungsdaten, nicht aber Inhalte auf begrenzte Zeit abspeichern. Der ursprüngliche Grund für die europaweite Einführung dieser Methode der Verbrechensbekämpfung waren die Terroranschläge in Madrid im Jahr 2004. Damals konnten mit Hilfe der Vorratsdatenspeicherung die verantwortlichen Drahtzieher schnell entlarvt werden. 2010 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die EU-Richtlinie im Grundsatz im Einklang mit dem deutschen Grundgesetz steht und entsprechend durch die Bundesregierung zu lösen ist. Es ist bekannt, dass die Thematik der Vorratsdatenspeicherung zu einer lebhaften Diskussion und Kontroverse innerhalb meiner Partei geführt hat. Auf dem SPD-Bundesparteitag 2011 in Berlin wurde ein entsprechender Beschluss mit einer knappen Mehrheit von circa 60 Prozent verabschiedet. Dies werte ich weniger als Wankelmütigkeit, sondern eher als einen Ausdruck lebhafter innerparteilicher Demokratie zu einer komplexen Thematik. Während der zurückliegenden Verhandlungen zur Bildung einer Großen Koalition konnten wir gemäß des Parteibeschlusses von 2011 erreichen, dass Deutschland auf europäischer Ebene auf eine Verkürzung der Speicherdauer von sechs auf drei Monate hinwirkt. Ebenfalls soll nach Vertragstext der Datenzugriff nur bei schweren Straftaten, bei akuter Lebensgefahr und durch richterliche Kontrolle erfolgen. Dies halte ich für einen akzeptablen Kompromiss, für welchen es sich auf europäischer Ebene zu kämpfen lohnt.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schwarz MdB