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Frage von Sabine G. •

Frage an Andreas Lorenz von Sabine G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Lorenz,

als Beamtin beim Amtsgericht München und ver.di-Mitglied interessiert mich Ihre Position zu folgenden Fragen:

1. Die Beamten des Freistaats Bayern müssen seit dem 1.9.2004 pro Woche 42 Stunden arbeiten, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich erhalten zu haben. Was tun Sie, um die Arbeitszeit der Beamten wieder an den Tarifbereich (40,1 Stunden) anzupassen?

2. Als Ausgleich für die hohen Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München dient die „Ergänzende Fürsorgeleistung“, landläufig „München-Zulage“ oder Ballungsraumzulage genannt. Diese beträgt für die Beschäftigten und Beamten des Freistaats Bayern seit ihrer Einführung unverändert 75,-- €. Wie stehen Sie dazu, die Ballungsraumzulage an die allgemeine Einkommensentwicklung anzupassen, so wie dies bei den städtischen Beschäftigten der Fall ist?

3. Wie stehen Sie dazu, dass auch im klassischen hoheitlichen Bereich der Justiz vermehrt Privatisierungstendenzen zu beobachten sind (Aufgaben des Gerichtsvollziehers sollen von sog. „beliehenen“ Unternehmern wahrgenommen werden; Betrieb von Justizvollzugsanstalten; Übertragung von Aufgaben des Nachlassgerichts auf die Notare)?

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Gruber

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1. Wochenarbeitszeit

Es ist zutreffend, dass die Anhebung der Wochenarbeitszeit im Jahr 2004 ohne finanzielle Kompensation erfolgt ist. Ruft man sich die Gründe für die Anhebung der Wochenarbeitszeit, nämlich die damaligen finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in Erinnerung, liegt dies jedoch auf der Hand: Im Jahr 2001 waren die Steuereinnahmen der Öffentlichen Hand in Deutschland zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte rückläufig, in den darauf folgenden Jahren 2002 bis 2005 stagnierten sie auf einem entsprechend niedrigen Niveau. Aufgrund der einbrechenden Steuereinnahmen war die Landespolitik gezwungen, in nahezu allen Bereichen Einsparungen und Konsolidierungsmaßnahmen vorzunehmen, um die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit im Freistaat auch in Zukunft sicherzustellen. Nachdem die Personalausgaben des Freistaats deutlich über 40 % des Landeshaushalts ausmachen, konnten auch die bayerischen Beamtinnen und Beamten nicht von Einsparungen ausgenommen werden. Um unzumutbare Härten zu vermeiden, wollte die CSU-Landtagsfraktion Einschnitte bei den Bezügen soweit wie möglich vermeiden. Deshalb haben wir uns neben – damals unvermeidbaren – Kürzungen bei den Sonderleistungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld) für die Anhebung der Wochenarbeitszeit entschieden.

Ich will nicht in Abrede stellen, dass sich die Einnahmesituation der öffentlichen Hand in den letzten beiden Jahren wieder spürbar verbessert hat. Die Schlüsselfrage bleibt jedoch: Wie setzen wir die zusätzlichen finanziellen Spielräume zum Wohle von Gesellschaft und Gemeinwesen am sinnvollsten ein? Speziell bezogen auf den Bereich des Öffentlichen Dienstes bzw. die Beamtenschaft zwingt dies zu einer Prioritätensetzung: Anhebung der (Grund-)Bezüge, um zumindest die Steigerungen bei den Lebenshaltungskosten zu kompensieren, Verbesserung der Beförderungsmöglichkeiten, um Leistung zu fördern und überlange Wartezeiten abzubauen oder aber eben eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit?

In diesem Rahmen hat sich die CSU-Landtagsfraktion dazu entschieden, die Wochenarbeitszeit bei den Beamtinnen und Beamten des Freistaats gegenwärtig nicht zu verändern. Berücksichtigt man ferner, dass eine Reduzierung staatlicher Aufgaben und Angebote nicht ad hoc möglich ist, entstünde bei einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden zusätzlicher Personalbedarf. Die Mittel, die für die Besoldung der zusätzlichen Mitarbeiter aufgewendet werden müssten, stünden dann für Besoldungsanpassungen nicht mehr zur Verfügung. Im Kern lautet die Frage damit: Geringere Wochenarbeitszeiten oder mehr Geld?

Recht geben muss ich Ihnen in Bezug auf Ihrem Einwand, dass es bei den Tarifbeschäftigten und den Beamten im Hinblick auf die Arbeitszeit baldmöglichst wieder zu einer Gleichbehandlung kommen muss. Diesem politischen Willen entsprechend hat sich Bayern im Rahmen der Tarifverhandlungen im Jahr 2006 nachdrücklich für eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit auch im Angestelltenbereich eingesetzt. Auf die Initiative Bayerns konnte beim Tarifabschluss am 19. Mai 2006 zumindest eine Anhebung der Regelarbeitszeit auf etwas mehr als 40 Wochenstunden erreicht werden. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass die Wochenarbeitszeit auch nach dem neuesten Tarifabschluss vom 31. März 2008 auf Bundes- und Kommunalebene noch deutlich geringer ist als bei den bayerischen Beamtinnen und Beamten. Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag wird anlässlich der anstehenden Dienstrechtsreform jedoch besonderen Wert darauf legen, dass die längere Wochenarbeitszeit unserer Landesbeamten angemessen honoriert wird.

2. Ballungsraumzulage

Ich habe großes Verständnis dafür, dass gerade die Beamten im mittleren und gehobenen Dienst wegen der höheren Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München dringend auf eine Verbesserung ihrer Einkommenssituation warten. Vor diesem Hintergrund wird derzeit auch die Ballungsraumzulage sowohl ihrer Höhe als auch dem Berechtigtenkreis nach überprüft. Die Vorarbeiten auf Fachebene sind bereits im Gange, die konkreten Vorschläge sollen dann im Rahmen der Gesetzesvorlagen zur Dienstrechtsreform im Laufe des nächsten Jahres mit den betroffenen Mitarbeitervertretungen und Verbänden erörtert und abgestimmt werden.

3. Privatisierung Justizbereich

Soweit Sie Privatisierungstendenzen auf dem Gebiet der Justiz ansprechen, lassen Sie mich vorab festhalten, dass sowohl die Staatsregierung als auch die CSU – Landtagsfraktion derartigen Bestrebungen immer mit größter Vorsicht begegnet sind und auch weiterhin begegnen werden. Nur dort, wo die durch die Privatisierung zu erreichenden positiven Effekte weit überwiegen, sollte Derartiges überhaupt in Erwägung gezogen werden.

Dies ist zum Beispiel bei der Wahrnehmung von Aufgaben eines staatlichen Gerichtsvollziehers durch sogenannte beliehene Unternehmer der Fall. Dessen Vergütung stellt einen sinnvollen Anreiz dar, zügig auf eine Vollstreckung der jeweiligen Urteile hinzuwirken. Es kommt so zu einer schnellen und effizienten Umsetzung der richterlichen Arbeit. Zudem kann der Auftraggeber zwischen mehreren Vollziehern in einem Amtsbereich auswählen. Dadurch entsteht ein gesunder Wettbewerb, der dem zwangsvollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip zur Geltung verhilft, ohne einen unter Umständen ruinösen Konkurrenzkampf zu schaffen. Daher befürwortet die CSU diese Privatisierungsmaßnahme. Eine entsprechende Umsetzung derartiger Vorhaben auf Bundesebene scheitert derzeit jedoch an der ablehnenden Haltung der Bundesregierung. Es ist daher nicht mehr zu erwarten, dass dieses Thema in der jetzigen Legislaturperiode noch aufgerufen wird.

Der private Betrieb von Justizvollzugsanstalten, wie dies in Hessen bereits teilweise geschieht, ist in Bayern nicht vorgesehen. Der Das Beispiel Hessen hat gezeigt, dass die Privatisierung der JVA Hünfeld bis heute keine Einsparungen mit sich gebracht hat. Die dortigen Tageshaftkostensätze sind sogar höher als in den vergleichbaren, aber staatlich betriebenen Justizvollzugsanstalten Darmstadt und Frankfurt am Main IV. Wenn man darüber hinaus berücksichtigt, dass bayerische Justizvollzugsanstalten im Vergleich mit den hessischen ohnehin durchschnittlich fast 30 Euro pro Häftling weniger am Tag benötigen, erscheint eine Privatisierung schlicht nicht notwendig. Allenfalls bei der Errichtung einer Justizvollzugsanstalt könnte an ein PPP-Modell zu denken sein.

Bei der Übertragung der Aufgaben der Nachlassgerichte auf Notare gehen die Bestrebungen derzeit dahin, eine Länderöffnungsklausel zu schaffen, die es ermöglicht, eine Übertragung landesrechtlich zu regeln. Auch hier ist allerdings nicht damit zu rechnen, dass der entsprechende Gesetzentwurf in nächster Zeit im Bundestag aufgerufen wird. Ohnehin spricht sich die CSU-Landtagsfraktion dagegen aus, von einer solchen Länderöffnungsklausel - so sie denn kommen sollte - Gebrauch zu machen. Unsere Gerichte erledigen die ihnen zugedachten Aufgaben im Bereich des Erbrechts tadellos und arbeiten weitestgehend kostendeckend; eine Übertragung von Nachlassfragen auf bayerische Notare ist daher nicht erforderlich.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Lorenz