Frage an Andreas Lenz von Olaf S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Lenz,
ich wende mich an Sie als Abgeordneter des Wahlkreises, in dem ich wohne und als Mitglied einer die Regierung tragenden Fraktion im Bundestag.
Ich möchte wissen, wie lange die Bundesregierung noch gedenkt, untätig zu bleiben angesichts der immer neuen Belege massenhafter Ausspähung durch den amerikanischen Geheimdienst NSA?
Heute erfuhr ich, dass der Generalbundesanwalt sich trotz der neuen Wikileaks-Enthüllungen nicht veranlasst sieht, Ermittlungen (wieder) aufzunehmen. Das ist mir unverständlich. Warum reichen die veröffentlichten Informationen nicht aus?
Mit freundlichen Grüßen,
Olaf Schlüter, Baldham
Sehr geehrter Herr Schlüter,
vielen Dank für Ihre Anfrage von Ende Juli 2015, in der Sie auf die Überwachungsmaßnahmen der NSA, das Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes und die Veröffentlichungen von Wikileaks Bezug nehmen. Die verzögerte Antwort bitte ich, zu entschuldigen.
Die Überwachung durch die NSA und den britischen GCHQ haben ein Ausmaß angenommen hat, welches mit deutschem Recht nicht mehr zu vereinbaren ist. Daher hat die Bundesregierung nach Bekanntwerden der Enthüllungen von Edward Snowden sowohl mit den USA als auch mit dem Vereinigten Königreich einen diesbezüglichen Dialog aufgenommen und einen Fragenkatalog übermittelt, um bewerten zu können, wie und in welchem Ausmaß deutsche Staatsbürger tatsächlich von den Überwachungsmaßnahmen der beiden Staaten betroffen sind. Leider sind bis heute noch zahlreiche Fragen ohne Antworten geblieben. Auch die von Präsident Obama Ende Januar 2014 angekündigten Konsequenzen und rechtlichen Veränderungen zum besseren Schutz von personenbezogenen Daten wurden bisher nur teilweise umgesetzt.
Wir werden als Deutscher Bundestag weiterhin den Druck aufrechterhalten. Durch die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses arbeiten wir selbst mit Nachdruck daran, aufzuklären, inwieweit es eine Beteiligung der deutschen Behörden bei einer rechtswidrigen Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland gegeben hat. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses ist noch nicht abgeschlossen. Zur Unterstützung seiner Arbeit wurde zusätzlich ein Sonderbeauftragter eingesetzt, der umfassend geheimdienstliche Dokumente prüft. Diesen Monat werden erste Ergebnisse der Prüfung vorgestellt.
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich die Entscheidung des Generalbundesanwalts, die eröffneten Ermittlungsverfahren einzustellen, nur schwerlich kommentieren kann. Ich bin mir sicher, dass er eine sorgfältige juristische Prüfung der in Betracht kommenden Straftatbestände vorgenommen hat. Persönlich verstehe ich die Einstellung des Verfahrens nicht. Umso deutlicher wird, dass wir ein Mehr an parlamentarischer Kontrolle benötigen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang betonen: Wir sind auf die Arbeit der Nachrichtendienste angewiesen, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und unseres Landes zu gewährleisten. Aber gerade diese Dienste bedürfen einer starken parlamentarischen Kontrolle – und zwar stärker als bisher. Dafür setze ich mich ein.
Eine ausgeglichene Balance von Freiheit und Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger unserer Staaten ist absolut notwendig.
Herzliche Grüße
Andreas Lenz