Frage an Andreas Kossiski von Sebastian B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kossiski,
Köln ist laut. Das ist sicher das Los einer Großstadt. Köln ist aber lauter als andere Großstädte, denn die SPD setzt sich aktiv für Fluglärm ein, indem sie aktiv nichts dagegen unternimmt. Damit scheint man sich abfinden zu müssen, die Interessen hinter politischen Entscheidungen scheinen diffus zu sein, zumindest aber nicht unbedingt zum Wohl der Bevölkerung getroffen zu werden. Meine konkrete Frage lautet: wie kommen die Lärmschutzbereiche für Köln in ihrer Ausdehnung zustande?
Konkret geht es darum, dass z.B. Köln-Niehl sich außerhalb des Lärmschutzbereiches befindet, exakt über Altniehl jedoch die Schubumkehr der einfliegenden Flugzeuge vollzogen wird.
Die Problematik der psycho-sozialen Beeinträchtigung durch den Fluglärm dürfte Ihnen bekannt sein. Das Problem stellt sich generell für mich auch als ein sehr statisches dar, worauf die jüngsten Gerichtsurteile zum Nachtflug deuten.
Das Land NRW am 14.12.2011 neue Lärmschutzbereiche für den Flughafen Köln-Bonn festgelegt, und zwar auf prognostischen Daten, die im Jahr 2007 erhoben wurden. Ich bezweifle, dass in diese Daten etwa die Entscheidung von GLS einbezogen wurde, Köln-Bonn als zentrale Anflugstelle auszubauen. Ist die Datengrundlage, auf der die Entscheidung zum Lärmschutzbereich getroffen wurde, einsehbar? Dies würde mich sehr interessieren.
Es dürften sich darüber hinaus auch neue Bedingungen durch die neu geplante Fluglinie der Lufthansa ergeben. Darüber hinaus bezweifle ich, dass das Konzept zusammenhänger Flächen als Lärmschutzbereich tragbar ist - Lärm entsteht vielmehr an verschiedenen, nicht zusammenhängenden Stellen und ist eine Folge bestimmter Flugmanöver. Meine weitere Frage ist nun, wann geplant ist, neue Messungen durchzuführen. Auch würde mich interessieren, welche Wege es für mich als betroffenen Bürger gibt, eine derartige Eingabe an die entsprechende politische Einrichtung zu stellen. Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen.
Beste Grüße!
Sehr geehrter Herr Barsch,
Vielen Dank für ihre umfassende Fragestellung an mich, die ich im folgenden versuchen werde zu beantworten.
In ihrem Text thematisieren Sie die Lärmbelastung in Großstädten wie Köln, besonders aber ihren Wohnbereich Köln-Niehl. Einen guten Einblick, welcher Lärm durch die einzelnen Verkehrsträger entsteht und wie viele Menschen jeweils mit einem Pegel gewisser Lautstärke durch die unterschiedlichen Quellen belastet sind, liefert die Seite Umgebungslärm NRW. (http://www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de). Beim Blick in diese Karte stellt man meistens fest, dass Fluglärm nicht der prägende Lärmfaktor ist.
Ihre weiteren Fragen zielen auf die Festlegung der Lärmschutzzonen nach Fluglärmgesetz:
Das novellierte Fluglärmgesetz trat am 7. Juni 2007 in Kraft und ersetzte das Fluglärmgesetz von 1971. Ziele dieses Gesetzes sind im Wesentlichen die Siedlungssteuerung als Instrument des vorbeugenden Lärmschutzes, sowie die Erstattung der Aufwendungen für baulichen Schallschutz.
Das Fluglärmgesetz hat nach meinem Kenntnisstand somit nicht das Ziel, den Flugverkehr zu beschränken, sondern Lärmbelästigungen der Nachbarschaft im Vorfeld durch Bauverbote zu vermeiden bzw. bei bestehender Bebauung durch passive Schallschutzmaßnahmen die Gesundheitsgefährdung und wesentliche Belästigung der Anwohner zu vermeiden.
Das im Jahr 2007 verabschiedete Fluglärmschutzgesetz berücksichtigt die neuesten Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung. Die darin festgelegten Schutzziele werden durch den Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung bestätigt. Auf dieser Basis nimmt auch der Köln Bonn Airport die Dimensionierung des Schallschutzes für die Anwohner vor.
Einzelheiten zur Erstellung der Eingangsdaten zur Berechnung sowie zum Berechnungsverfahren der Lärmschutzzonen sind in entsprechenden Rechtsverordnungen des Bundes (Fluglärmschutzverordnungen) geregelt. Als Berechnungswerkzeug kommt bundesweit einheitlich die AzB (Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen) zum Einsatz.
Das Verfahren ermöglicht die Berechnung von äquivalenten Dauerschallpegeln für Tag und Nacht sowie des Häufigkeits-Maximalpegelkriteriums in der Umgebung eines Flugplatzes.
Berücksichtigt werden dabei alle An- und Abflüge in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Prognosejahres anhand der Verläufe der An- und Abflugstrecken und Platzrunden. Darüber hinaus werden die Flugstrecken der Hubschrauber und die Verläufe der Rollwege auf dem Flughafengelände berücksichtigt.
Eine Ermittlung solcher Lärmschutzbereiche anhand von Messungen wäre nicht möglich.
Das Land NRW hat im Dezember 2011 die Lärmschutzzonen für den Flughafen Köln Bonn festgelegt. Basis dieser Festlegung ist eine Berechnung, die vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW durchgeführt wurde.
Berechnungsgrundlage ist eine Prognose des Verkehrsaufkommens im Jahre 2017. Die in der Prognose antizipierte Zunahme von Flugbewegungen ist nach meinem Wissenstand in der Realität bisher allerdings nicht eingetreten.
Aktuell verzeichnet der Flughafen Köln Bonn im dritten Jahr in Folge leicht rückläufige Bewegungszahlen, was unter anderem auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, stark gestiegene Kraftstoffpreise, die Luftverkehrssteuer sowie Sondereffekte bei einzelnen Airlines zurückzuführen ist.
Zu der von Ihnen beschriebenen Situation von Niehl möchte ich anmerken:
Nach Rücksprache mit Luftverkehrsfachleuten könnte es möglich sein, dass in diesem Bereich die Konfiguration anfliegender Maschinen durch Ausfahren der Hochauftriebshilfen und Anpassungen der Triebwerksleistung geändert wird, was zu einer geringfügigen Veränderung des Anfluggeräuschs führen kann.
Nicht möglich ist die in ihrer Anfrage angesprochene Nutzung der „Schubumkehr“. Diese „Verzögerungshilfe“ die durch das Ausfahren zusätzlicher Umlenkbleche am Triebwerk zustande kommt, kann ausschließlich nach der Landung am Boden genutzt werden. Ausfahren der Schubumkehr während des Fluges (nur in Folge technischer Fehlfunktion möglich) führt zum sofortigen Absturz des Luftfahrzeugs.
Zu Germanwings liegen mir folgende Informationen vor:
Lufthansa fasst den europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehr, zu dem alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München gehören, zum 1. Januar 2013 kommerziell und organisatorisch mit Germanwings in einer Gesellschaft auf Basis der Germanwings GmbH zusammen. Die Hauptverwaltung dieser Gesellschaft wird am Flughafen Köln/Bonn sein. Neben den Germanwingsmaschinen sollen auch Flugzeuge von Eurowings im Auftrag der neuen Gesellschaft fliegen. Insgesamt sehen die Pläne der Lufthansa vor, mit rund 90 Flugzeugen den Direktverkehr in Deutschland und Europa abzudecken und im ersten Jahr 18 Mio. Passagiere zu befördern. Für Köln-Bonn wird es voraussichtlich weitere 200 hochqualifizierte Arbeitsplätze in dieser neuen Hauptverwaltung geben.
Auf den Flugbetrieb in Köln hat die Ansiedlung dieser neuen Gesellschaft am Flughafen Köln/Bonn nach heutigem Kenntnisstand zunächst keinen weiteren Einfluss, da die bisher von anderen Flughafenstandorten operierenden Lufthansa-Flugzeuge lediglich ein neues Branding erhalten sollen.
Sehr geehrter Herr Barsch, ich hoffe mit dieser, zugegeben sehr fachlichen Antwort, zur Klärung ihrer Fragen beigetragen zu haben.
MfG
Andreas Kossiski, MdL