Frage an Andreas Geisler von Diana E.
Sehr geehrter Herr Geisler,
in den Medien wurde kürzlich eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zu Ganztagsschulen in Deutschland erwähnt. Hier nimmt Sachsen einen der vorderen Plätze ein, bei Schülern, die eine Ganztagsschule besuchen. Ohne die Studie ausführlich gelesen zu haben, finde ich diese pauschalisierte Aussage nicht zutreffend und ärgerlich! Denn die Wirklichkeit sieht einfach anders aus. Nur weil an einer Schule Ganztagsangebote existieren, bedeutet das nicht, dass alle Schüler auch ganztags qualifiziert betreut werden. Auch die Horte, die den meisten Grundschulen angeschlossen sind, leisten auch einen Großteil der Ganztagsbetreuung.
Welche Meinung haben Sie zu Ganztagsschulen und Ganztagsangeboten?
Sehr geehrte Frau Engmann,
ich nehme an Sie meinen die Studie der Bertelsmannstiftung aus dem Jahre 2013 wonach Sachsen mit fast 78% Ganztagsschulen Spitze im bundesweiten Vergleich ist?
Mir ist schleierhaft was die damals so gemessen haben, der Landeselternrat wollte dagegen vorgehen und selbst die Mitarbeiter in der SBAL ( Sächsische Bildungsagentur Leipzig ) haben darüber erstaunt gelächelt!
Fakt ist Sachsen hat eigentlich keine Ganztagsschulen, außer 2-3 Schulversuchen wie zB die Nachbarschaftsschule in Leipzig, sondern nur einzelne Ganztagsangebote. Dazu muss man wissen, dass es reicht wenn sich eine Schule dazu bekennt Ganztagsangebote zu machen, dann bekommt die Schule einen Sockelbetrag pro Schule und einen Betrag pro Schüler. Der ist in den Schularten verschieden hoch und wird jährlich angepasst. Damit ist aber nicht festgelegt wie das Ganztagesangebot ( GTA ) aussieht, was es beinhaltet, ob es an jedem Tag der Woche angeboten wird, ob es mit der Schule im Sinne von Fördern und Unterstützen verknüpft wird.
Dazu kommt besonders im ländlichen Raum das Problem der Mobilität. Der Schulträger garantiert bei den Kindern die nicht in der Nähe der Schule wohnen das sie früh in die Schule und nachmittag aus der Schule nach Hause kommen. Eine Teilnahme am Hort, am GTA oder anderen außerschulischen Angeboten wie Musikschule ist dort nicht vorgesehen und das heißt, das Viele von der Teilnahme ausgeschlossen sind wegen der Verkehrsproblematik durch die Schulschließungsorgien im ländlichen Raum.
Desweiteren gibt es nach zu viele Schulen wo sich die Schulleitungen dem Einführen von GTA völlig verweigern. Oft sind es ältere Schulleiter, denen man zB nur dann eine E-Mail schreiben kann wenn die Sekretärin da ist, weil sie den Computer nicht bedienen können. Also eine flächendeckende Versorgung wie in der Studie behauptet das halte ich für eine glatte Lüge. Dazu kommt das eine Ganztagsschule auch die pädagogischen Konzepte und das Schulprogramm auf den ganzen Tag ausdehnen und mit entsprechenden Partnern umsetzen muss. Ich habe Hochachtung vor allen die sich im GTA engagieren, ob es Vereine, oder einzelne Personen sind oder aktuelle oder ehemalige Lehrer auf Honorarbasis aber eine qualifizierte Ganztagsschule sieht anders aus.
Es ist wie so oft im sächsischen Schulsystem, man hat nicht den Mut zu den ganzen Schwächen und Problemen des über 25 Jahre alten Schulgesetzes zu stehen und gaukelt den Menschen etwas vor was es nicht gibt und besonders schade ist das ich in Gesprächen mit Leuten die nicht so sehr mit Schule befasst sind den Glauben höre Sachsen würde viel für Bildung tun. Das Gegenteil ist richtig: Sachsen spart im Moment die Bildung und damit die Zukunft kaputt.
Ich nehme an das Sie Kinder in der Schule haben und danke Ihnen für diese kritischen Nachfragen, denn gerade die Eltern, Großeltern und Familien von Schulkindern müssten eine klare Wahl für eine bessere Bildung treffen. Ich hoffe seit Monaten darauf das die Vertreter der Wirtschaft, denen die Azubis und die Arbeitskräfte bald fehlen werden, auch so kritisch nachfragen, aber die sind noch nicht so weit.
Und ein letzter Blick auf Stiftungen sei mir erlaubt. Man könnte schon sagen es gibt ein Stiftungsunwesen in Deutschland. Finanzstarke Unternehmen und Privatpersonen geben Geld in Stiftungen und enthalten damit Geld der Allgemeinheit vor. Warum machen die das, um eine öffentliche Meinung zu beeinflussen, um Lobbyarbeit zu machen und um sich selber zu helfen. Ein Blick auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Bertelsmann_Stiftung und
https://lobbypedia.de/wiki/Bertelsmann_Stiftung
erklärt warum man mit der Stiftung zu solchen von der Wirklichkeit abweichenden Ergebnissen kommt. Fragen Sie immer wieder nach und sehen Sie Studien von Stiftungen immer mit einer gewissen Skepsis.
MfG
Andreas Geisler