Frage an Andreas Geisel von Ulrich H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Geisel
nach den Landtagswahlen vom 30. August gibt es im Saarland und in Thüringen die Möglichkeit rot-roter Regierungen. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Optionen für eine Zusammenarbeit von SPD und Linkspartei im Bund, und würden Sie einer Koalition auf Bundesebene zustimmen?
Sehr geehrter Herr Hirsch,
die SPD und die Linkspartei haben in ihren Positionen eine Reihe von Schnittmengen. Und die gemeinsame Koalition in Berlin arbeitet auch recht erfolgreich zusammen. Wenn SPD und Linkspartei auch in Thüringen und im Saarland genügend Schnittmengen finden, spricht aus meiner Sicht nichts gegen eine dortige Zusammenarbeit. Wo die Linkspartei in den Kommunen und in den Ländern Verantwortung übernimmt, betreibt sie bisher Realpolitik, die auch schwierige Entscheidungen beinhaltet. Nun werden diese kommunalen Verantwortungsträger der Linkspartei aber immer wieder von ihrer eigenen Bundespartei angefeindet, weil sie angeblich zu "nachgiebig" und zu "sozialdemokratisch" agierten. Insbesondere Oskar Lafontaine hält von Realpolitik wenig und setzt die Berliner Landespolitiker der Linkspartei deshalb immer wieder unter Druck.
Im Bund gilt für uns: Wer in Zeiten einer schweren wirtschaftlichen Krise unhaltbare finanzielle Versprechungen macht, handelt unseriös und populistisch. Und die außenpolitischen Vorstellungen der Linkspartei würden bei ihrer Verwirklichung zur Folge haben, dass die internationalen Verbündeten Deutschlands künftig nur noch Venezuela und Kuba heißen, aber nicht mehr Frankreich, Großbritannien und Amerika. Und wer wie die Linkspartei den Lissabon-Vertrag einfach ablehnt, bringt damit das Projekt der europäischen Einigung in Gefahr. Das darf nicht sein.
Die Positionen der Linkspartei auf Bundesebene unterscheiden sich gravierend von deren Positionen auf Landes- und kommunaler Ebene. Ich habe den Eindruck, dass hier gar keine vernünftige Politik gemacht werden soll, sondern dass es lediglich um Protest und um Stimmenfang mit platten Parolen geht. Deshalb hat die SPD hat in den letzten Wochen und Monaten immer wieder deutlich gemacht, dass für sie eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf Bundesebene in der kommenden Legislaturperiode nicht in Frage kommt. Das gilt auch nach den Landtagswahlen vom 30. August, auch wenn uns CDU und FDP andere Absichten unterstellen. Für mich gilt: Man muss klar zwischen einer Zusammenarbeit auf Länderebene und einer Koalition im Bund unterscheiden.
Wie das in den nachfolgenden Legislaturperioden aussehen wird, ist von den dann geltenden inhaltlichen Positionen der Linkspartei abhängig. Diese Partei ist schließlich einem erheblichen Wandel unterworfen. Koalitionen mache ich von inhaltlichen Schnittmengen abhängig und nicht von Ressentiments.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Geisel