Frage an Andreas Geisel von Uwe M. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Geisel,
Welche Haltung haben Sie zum Erhalt der bundeseigenen Deutschen Bahn AG als intergrierter Konzern, insbesondere dem Verbleib der Bereiches Infrastruktur im Konzern?
Viele Grüße
Uwe Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
ich möchte Ihre Frage nicht nur für die Deutsche Bahn beantworten, sondern grundsätzlich zu kommunaler Daseinsvorsorge und Privatisierung Stellung nehmen. In den achtziger Jahren und insbesondere nach der Wiedervereinigung war die Privatisierung eine scheinbar vielversprechende Strategie, Geld in notleidende öffentliche Haushalte zu bringen. Sie wissen, dass die Privatisierung auch in Berlin ein Thema war, für das auch die SPD Verantwortung getragen hat. Das Ziel dieser Privatisierungsstrategie war hier die Konsolidierung des völlig überschuldeten Landeshaushaltes. Eigentlich ein vernünftiges und nachhaltig sinnvolles Ziel. Es gab für die Verkäufe auch durchaus gute Einnahmen, die aber einmalig blieben. Und was ist heute? An vielen, besser gesagt, an zu vielen Stellen sehen wir jetzt nach einigen Jahren, dass die Privatisierung von wesentlichen Bereichen der kommunalen Daseinsvorsorge nicht des beste Weg war. Aus dieser Erfahrung müssen wir endlich lernen.
Die Betriebe der öffentlichen Daseinsvorsorge müssen weiterhin öffentlich beeinflussbar sein und zum öffentlichen Nutzen arbeiten. Eine weitere Privatisierung von Wasser oder Kommunalbetrieben oder Deutscher Bahn an Investoren, die diesen öffentlichen Nutzen nicht im Fokus haben, bringt zwar kurzfristig dringend benötigtes Geld, schadet aber langfristig und dauerhaft den Verbrauchern.
Und jetzt speziell zur Deutschen Bahn und zu deren Bereich Infrastruktur: Ja, die Deutsche Bahn und vor allem deren Infrastruktur braucht dringend mehr Geld. Wenn man sich den Zustand mancher kleinstädtischer Bahnhöfe anschaut, überkommt einen zweifellos eine gewisse Sorge. Aber, bringt eine Privatisierung hier wirklich mehr Investitionen? Nein, langfristig ganz sicher nicht. Stattdessen stünden Schließungen und Stilllegungen von Bahnhöfen und Strecken in ländlichen Räumen auf der Tagesordnung. Das Geld, das in die Vorbereitung des Börsengangs der Bahn gesteckt wurde, um sie "profitabler" und damit für Finanzinvestoren attraktiver zu machen, wurde beim Personal und bei der Instandhaltung gespart. Die aktuellen Probleme mit der Berliner S-Bahn sprechen für sich. Das kann nicht die Zukunft der Bahn sein. Als Bundestagsabgeordneter werde ich mich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass die Deutsche Bahn AG nicht (auch nicht in Einzelteilen) an die Börse geht.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Geisel