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Andreas Geisel
SPD
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Frage von Erika P. •

Frage an Andreas Geisel von Erika P. bezüglich Verbraucherschutz

Hallo Herr Geisel!
Sie stellen sich zur Wahl. Aber immer weniger Bürger geht überhaupt noch zu einer Wahl. Bei der letzten Europawahl waren es nur noch ganz wenige. Was wollen Sie gegen die viel zitierte "Wahlmüdigkeit" von uns Wählern unternehmen? Bessere Politik, Gratispräsente in den Wahllokalen oder gar die Einführung einer Wahlpflicht?
Bin gespannt auf ihre Antwort, Herr Kandidat!
MfG
E. Proust

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Proust,

ja, in der Tat, die geringe Wahlbeteiligung muss uns allen Sorgen machen. Lag im Bundesdurchschnitt die Wahlbeteiligung bei der Europawahl bei lediglich 43 %, so ging in Teilen von Lichtenberg sogar nicht einmal jede/r Vierte zur Wahl, wir hatten in einzelnen Stimmbezirken unter 25% Beteiligung. Das kann nicht nur damit erklärt werden, dass „Europa so weit weg ist und uns hier nicht interessiert“. Es liegt m. E. auch daran, dass Politiker nicht oft genug und nicht direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern sprechen. Und umgekehrt! Ich biete regelmäßig Veranstaltungen, Sprechstunden und Bürgerbeteiligung an, während die Beteiligung daran manchmal zu gering ist. Und dann sind die aktuellen Probleme so kompliziert und komplex, dass es schon schwer genug ist, entsprechende politische Konzepte zu erarbeiten; die Antworten und Lösungen müssen aber auch noch den Bürgern erklärt werden – das ist enorm schwierig. Das ist eine wirkliche Herausforderung für alle demokratischen Politiker und Parteien. Ich jedenfalls bemühe mich darum. Und bitte achten Sie darauf, wer Ihnen schnelle und vordergründig einfache, populistische Antworten gibt. Die helfen nicht wirklich weiter und nehmen Sie auch nicht wirklich ernst. Wie auch schon jetzt als Baustadtrat werde ich künftig als Bundestagsabgeordneter Bürgersprechstunden haben und zu Straßen- und Kiezfesten, Bürger- und Einwohnerversammlungen gehen und gern die Einladungen von Bürgern, Vereinen, Unternehmen annehmen. Von der angesprochenen „Wahlpflicht“ halte ich persönlich nichts.

Ich als Ostdeutscher weiß, was es bedeutet, die Freiheit der Wahl zu haben. Das ist ein hohes Gut, das wir hier erst seit 20 Jahren haben und das heute viel zu gering geschätzt wird. Unsere Wahlen sind „allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim“. Ihre Stimme zählt nicht mehr und nicht weniger als meine eigene und die von Frank-Walter Steinmeier oder die von millionenschweren Wirtschaftsbossen und Unternehmern. Und das ist gut so. Jede Bürgerin und jeder Bürger muss wissen: Wer nicht zur Wahl geht, verspielt seinen Einfluss.

Nicht-Wähler sind auch verantwortlich für das, was sie tun bzw. nicht tun – sie stärken die extremistischen Parteien am Rande und außerhalb der Gesellschaft.

Noch zur „Wahlpflicht“: Die Landesverfassung von Baden-Württemberg spricht in Bezug auf Wahlen von „Bürgerpflicht“, das ist schon ein deutlicher demokratisch-moralischer Zeigefinder. In der Verfassung Portugals findet sich ähnliches. In Belgien gibt es eine Wahlpflicht seit 1892, zur letzten Europawahl kamen immerhin über 90%. Seit 1975 gibt es eine Wahlpflicht auch in Griechenland, jedoch werden mögliche Sanktionen (Haftstrafe bis zu einem Jahr) nicht praktiziert – Wahlbeteiligung bei der Europawahl: 53%. Ähnlich in Italien: Wahlpflicht seit 1975, praktisch keine Sanktionen, EP-Wahlbeteiligung 76%. In Luxemburg muss jemand 100-250 € und im Wiederholungsfall 1.000 € zahlen, wenn gegen die Wahlpflicht verstoßen wird – Wahlbeteiligung EP lag bei 91 %. Schließlich Zypern: Wahlbeteiligung EP betrug 59%.

Die Einführung einer Wahlpflicht wäre eine bürokratische Antwort, die auch nicht den gewünschten Effekt bringt. Die Antwort liegt stattdessen in einer besseren Politik.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Geisel

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