Frage an Andreas Geisel von Klaus R. bezüglich Bildung und Erziehung
Herr Geisel,
meinen Sie nicht,dass die von Ihrer Partei geschürte "Neidkampagne" Unsinn ist? Warum sollen die Leistungsträger der Gesellschaft noch und zum wiederholtenMale finanziell "bluten"?
Sehr geehrter Herr Rolapp,
wenn wir einen realistischen Blick auf die Welt werfen, wissen wir (auch die Spitzenverdiener!), dass wir Deutschen in einem sehr komfortablen Staat leben. Die Väter des Grundgesetzes haben vor 60 Jahren in unserer Verfassung so sinnvolle Dinge festgeschrieben wie das "Sozialstaatsprinzip" und die "Verpflichtung, die aus dem Eigentum erwächst". Unsere Gesellschaft gibt dem Einzelnen die Möglichkeit, sich in Frieden und Freiheit zu entwickeln. Der Staat wacht darüber, dass für das Miteinander der Bürgerinnen und Bürger die notwendigen Voraussetzungen gewährleistet werden.
Damit unsere Gesellschaft auch künftig lebensfähig und lebenswert sein wird, braucht der Staat von uns allen Steuern. Dabei gilt: Schwächere zahlen keine oder wenig(er) Steuern - Stärkere werden auch stärker belastet. Als Sozialdemokrat ist mir außerdem der Grundsatz der Chancengleichheit für alle Kinder, unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern, besonders wichtig. Aber wie gewährleisten wir diese Chancengleichheit?
Im Wahlprogramm der SPD ist nachzulesen, dass für einen "Bildungssoli" der Spitzensteuersatz für Einkommen ab 250.000 Euro (!) von 45 auf 47 % erhöht werden soll. Das brächte gut 2 Milliarden Euro für die Bildung - und damit für die Zukunft von uns allen. Ich bin der Meinung, dass dieses Ziel ein sinnvolles ist im Sinne der Solidargemeinschaft und auch Spitzenverdienern "noch Raum zum Leben lässt", um es vorsichtig auszudrücken. Die "Leistungsträger der Gesellschaft", wie Sie schreiben, sind für mich aber nicht nur wenige Spitzenverdiener. Die Millionen Normalverdiener, die ganz durchschnittlichen Familien, die jeden Tag arbeiten gehen, Werte schaffen, ihre Steuern zahlen und ihre Kinder erziehen, das sind für mich die wirklichen Leistungsträger unseres Landes. Ohne sie und ihr selbstverständliches Engagement würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren, würde sich die Solidarität in unserer Gesellschaft auflösen. Und Deutschland wäre weniger komfortabel und lebenswert.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Geisel