Frage von Anita M. •

Wie stehen Sie zur Bundestagsresolution gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Bildungseinrichtungen, und wie viele weitere Resolutionen zu Antisemitismus sind geplant oder in Arbeit?

Sehr geehrter Herr Audretsch,

der vollständige Titel der Bundestagsresolution auf die sich meine Frage bezieht lautet „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegentreten sowie den freien Diskursraum sichern“.

Viele Grüße

Anita M.

Andreas Audretsch
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrte  Frau M.,

nicht nur in den vergangenen Monaten, sondern bereits in den vergangenen Jahren haben wir erlebt, wie Antisemitismus immer weiter eskaliert ist. Besonders sichtbar wurde das am 9. Oktober 2019 und nach dem 7. Oktober 2023. Diese beiden Daten spiegeln die immense Bedrohung wider, die jüdische Communities in Deutschland erleben. Am 9. Oktober verübte ein Rechtsterrorist in Halle an der Saale und Wiedersdorf einen Anschlag, dabei wurden Kevin Schwarze und Jana Lange ermordet. Wäre der Rechtsterrorist mit seinem ursprünglichen Ziel erfolgreich gewesen, wäre es einer der weitreichendsten Gewaltakte gegen Jüdinnen und Juden in Deutschland nach 1945 gewesen. Ebenso hat sich in Folge der Massaker und der systematischen sexuellen Gewalt durch die palästinensische Terrororganisation Hamas noch einmal ein neues Maß an Antisemitismus in Deutschland gezeigt. Antisemitismus wurde in dieser Zeit schlagartig offener, gewaltvoller und wahrnehmbarer.

Es ist klar, dass uns diese Ereignisse nicht über die Natur des Antisemitismus hinwegtäuschen dürfen: Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Deshalb muss es unsere Aufgabe sein, über Antisemitismus aufzuklären – und das in jedem Lebensbereich. Aus diesem Grund setzt die aktuelle Resolution auch einen klaren Fokus auf Forschung zum Thema Antisemitismus und Prävention. Wir brauchen mehr Bildungsarbeit gegen Antisemitismus. Daher müssen wir uns auch selbstkritisch hinterfragen, was gerade in der Vergangenheit in der Bildungslandschaft falsch gelaufen ist. Mit unserer Resolution senden wir das Signal, dass wir hier entgegensteuern wollen und werden.

Wir müssen uns dabei jeglichen Versuchen entgegenstellen, die Antisemitismus externalisieren – also ihn stellvertretend und ausschließlich einer Gruppe zuschreiben. Wer mit dem Finger auf eine bestimmte Gruppe zeigt, ob das nun Studierende, Schüler, die politische Linke oder Rechte, Musliminnen usw. sind, zeigt, Antisemitismus nicht begriffen zu haben. Insofern müssen Strategien darauf abzielen, diese gesamtgesellschaftliche Bedeutung von Antisemitismus zu adressieren.

Mit besten Grüßen

Andreas Audretsch

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Andreas Audretsch
Andreas Audretsch
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN