Andreas Audretsch
Andreas Audretsch
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manuel K. •

Wie soll Ihrer Ansicht nach die Vermögensbildung durch die Bürger aussehen?

Sehr geehrter Herr Audretsch,
viele Punkte, welche die Grünen verfolgen, sind auch mir sehr wichtg. Dazu gehörten vor allem Fragen des Naturschutzes oder auch die artgerechte Haltung von Nutztieren. Was ich nicht nachvollziehen kann, sind ihre bemerkenswerten Äußerungen gegen die sogenannte Aktienrente. Sie sollten doch eigentlich sehr genau wissen, dass Aktieninvestitionen immer langfristig zu betrachten sind und der norwegische Staatsfonds seit seiner Aufsetzung gute Renditen erwirtschaftet hat. Gestatten Sie mir den Hinweis, dass weite Teile der Bevölkerung aus der DRV ihre Rente erhalten werden und dass selbst bei Zuwanderung private Vorsorge erforderlich sein wird. Ideologische Scheuklappen sind hier wenig hilfreich.
Angesichts der Äußerungen von Ihnen oder auch Herrn Bsirske würde mich wirklich interessieren, ob Sie Vermögensbildung und private Altersvorsorge jenseits des Tagesgeldkontos überhaupt für aktzeptabel und förderungswürdig halten.

Andreas Audretsch
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die gesetzliche Rente funktioniert als Umlagesystem, bei dem die Beiträge der Arbeitnehmer*innen im selben Jahr als Auszahlung an die Rentner*innen fließen. Durch die alternde Gesellschaft verändert sich das Verhältnis zwischen Einzahlenden und Rentner*innen. Das gesetzliche Rentensystem stützen wir daher vor allem mit mehr Menschen, die einzahlen und höheren Einzahlungen: Gute Löhne, Einwanderung von Arbeitskräften und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Menschen, die bisher beispielsweise durch fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht länger arbeiten können, stützen somit auch die Finanzierung der Rentenversicherung.

Das von Finanzminister Lindner vorgeschlagene "Generationenkapital" soll anders funktionieren: Es sollen Schulden aufgenommen werden, die dann wiederum in Aktien investiert werden. Die Aktienrendite muss somit erst den Kreditzins erwirtschaften - und nur was dann übrig bleibt, kann in die Rentenversicherung fließen. Das kann zwar einen Zuschuss ab Mitte der 30er-Jahre bringen, die relevanteren Antworten sind aber auf dem Arbeitsmarkt zu suchen. (s.o.)

Das Ziel privater Altersvorsorge war, die Lücke zwischen einem sinkenden Rentenniveau und einer guten Rente im Alter zu schließen. Das ist bisher nicht gelungen. Darum wollen wir zum einen das Rentenniveau stabilisieren, zum anderen muss die private Altersvorsorge grundlegend neu aufgestellt werden. Wir Grüne haben dazu einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds vorgeschlagen, der in Konkurrenz mit privaten Anbietern für transparentere Produkte und Kostensenkung sorgen würde, zum Vorteil der Menschen, die vorsorgen wollen. Mehrere Wirtschaftsweise haben gemeinsam darauf hingewiesen, dass ein deutscher Staatsfonds der beste Weg wäre, die private Altersvorsorge zukunftsfähig aufzustellen. Die Vermittlungs-, Abschluss- und Verwaltungskosten müssen runter, der Wildwuchs an Kosten muss eingedämmt werden. Vor allem Menschen mit weniger Geld brauchen finanzielle Unterstützung, um überhaupt substanziell privat vorsorgen zu können.

Gerade Menschen mit weniger Geld sorgen kaum privat fürs Alter vor, da sie das wenige Geld, was sie haben, nicht in undurchsichtige Finanzprodukte stecken (können). Es darf nicht sein, dass Sparer*innen weiter verunsichert sind, ob ein Vertrag am Ende mehr dem Vermittler, dem Anbieter oder ihrer Absicherung im Alter nutzt. Genau das hat das Vertrauen in die private Altersvorsorge massiv beschädigt.

Mittlerweile hat die von der Bundesregierung eingesetzte „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ ihre Arbeit abgeschlossen und ihren Abschlussbericht mit Empfehlungen für eine Reform vorgelegt, mit dem sich anschließend am 26. Juli das Kabinett befasst hat. Nähere Informationen dazu finden Sie hier. Auf dieser Basis arbeiten wir nun an einer Reform.

Mit besten Grüßen

Andreas Audretsch

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