Andreas Audretsch
Andreas Audretsch
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Norbert K. •

Warum werden die Renten 2024 gerade einmal um "üppige" 3,5 % erhöht, obwohl die Löhne zwischen 10 und 15 % gestiegen sind ?

Ich gehe davon aus, dass die Rentenerhöhungen an die Lohnentwicklung gekoppelt sind. Die mit der Lohnentwicklung steigende Inflation trifft besonders Rentner, die steigende Energiekosten, Mieten und Lebensmittelpreise genauso verkraften müssen. 3,5 % Steigerung sind deutlich zu wenig, um nicht noch mehr Rentner in die Armutsfalle geraten zu lassen. Eine Erhöhung um das doppelte wäre durchaus möglich, zudem viel Geld durch die Besteuerung der Rente zurückfließen würde. Sind Ihnen die Millionen Rentner bei der nächsten Wahl wirklich egal?

Andreas Audretsch
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage. Vorab: Nein, mir sind Rentner*innen gewiss nicht egal. Und zwar nicht wegen einer nächsten Wahl, sondern weil sie Mitglieder unserer Gesellschaft sind, denen genau wie allen anderen ein gutes Leben zusteht. Wir Grüne stehen für eine starke gesetzliche Rente. Deswegen wollen wir auch noch in dieser Legislaturperiode das Rentenniveau von 48% dauerhaft sichern und gesetzlich festschreiben – bisher läuft diese Haltelinie in 2025 aus. Damit verhindern wir, dass die Renten relativ gesehen zu den Löhnen absinken könnten.

Wie sie richtig vermuten, sind für die jährlichen Rentenerhöhungen die Entwicklungen der Löhne maßgeblich. Die Löhne passen sich erst schrittweise der Inflation an, da Arbeits- und Tarifverträge zunächst entsprechend verhandelt werden müssen. Somit wirkt sich die hohe Inflation nur indirekt über Lohnsteigerungen auf die Rentenhöhe aus.

Die von Ihnen genannte Zahl von 3,5% stammt aus einem Gutachten des Sozialbeirats, einem unabhängigen Beratungsgremium der Bundesregierung. Die Bundesregierung macht sich dieses Gutachten explizit nicht zu eigen. Da in die Rentenformel zur Berechnung der Rentenerhöhungen die Lohnentwicklung bis Ende 2023 eingehen, kann es sich nur um eine Schätzung des Sozialbeirats handeln, da die statistischen Daten der Lohnentwicklung bis Ende des Jahres noch gar nicht vorliegen.

Öffentlich verfügbare Daten legen nahe, dass die Rentenerhöhung in 2024 durchaus anders und auch höher als vom Sozialbeirat prognostiziert ausfallen könnte. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung prognostizierte im September, dass die Tariflöhne in diesem Jahr nominal um 5,6% steigen könnten. Der Anstieg der Nominallöhne laut Statistischen Bundesamt betrug in den ersten drei Quartalen dieses Jahr zwischen 5,6 und 6,6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Um wie viel die Renten Mitte des Jahres steigen werden, wird sich erst gesichert sagen lassen, wenn alle statistischen Daten vorliegen und ausgewertet werden können.

Ihr Einwand, dass die hohe Inflation auch Rentner*innen betrifft und insbesondere Menschen mit geringer Rente so in finanzielle Probleme geraten können, ist aber natürlich berechtigt. Deshalb haben wir bereits einige Maßnahmen ergriffen und werden das Thema gute Renten auch weiterhin voranbringen:

Durch Russlands Krieg gegen die Ukraine schossen die Energiepreise in die Höhe. Als Ampel haben wir daher umfangreiche Entlastungspakete beschlossen, die auch die Zahlung einer Energiepreispauschale an Rentner*innen umfasste - neben vielen anderen Maßnahmen, wie bspw. die Strom- und Gaspreisbremse, die maßgeblich zur Normalisierung der Energiepreise beitrug. Für Menschen mit wenig Einkommen haben wir mitten in der Hochphase der Energiepreise das WohngeldPlus eingeführt, das nun auch eine Heizkostenkomponente enthält. Ich rate allen Menschen mit kleinen Renten und hohen Wohnkosten, dass sie prüfen, ob sie nicht auf das neue WohngeldPlus Anspruch haben. Denn Sozialleistungen sind keine Almosen, sondern soziale Rechte unserer solidarischen Gesellschaft.

In der Rentenpolitik wollen wir die gesetzliche Rentenversicherung stärken. In der Ampel haben wir vereinbart, dass wir das Rentenniveau von 48% dauerhaft sichern. Für besonders langjährig Versicherte wurde die Grundrente eingeführt, die kleine Renten mit einem Zuschlag aufstockt - ein gutes System, dass es aus Sicht von uns Grünen aber weiter zu verbessern gilt. Der beste Schutz vor niedrigen Renten sind jedoch höhere Löhne während des Erwerbslebens: Deswegen setzen wir Grüne uns für einen höheren Mindestlohn ein und wollen, dass häufiger ein Tariflohn gezahlt wird. Dafür bringen wir beispielsweise ein Tariftreuegesetz auf den Weg, damit Bundesaufträge nur noch an Unternehmen gehen, die auch nach Tarif bezahlen.

Mit besten Grüßen

Andreas Audretsch

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