Andreas Audretsch
Andreas Audretsch
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thomas S. •

Verschlimmbesserung ? Warum mit pauschalen Prozentsätzen für Bestandsrenten Erwerbsminderung neue Ungerechtigkeiten schaffen statt Neuberechnung nach jetzt geltendem Recht ? Warum noch 2 Jahre warten?

Da Herr Heil nie antwortet,auch an Sie: Warum nur eine teilweise Anpassung bei den Bestandsrentern mit „pauschalen“ Prozentsätzen (widerspricht den Rentenberechnungsgrundsätzen völlig),warum mit dem „Giesskannenprinzip“ innerhalb der Bestandsrentner neue Ungerechtigkeiten schaffen: mit Zurechnungszeit und individuellen Faktor Vergleichsbewertung (bei jedem Rentner abhängig von den geleisteten Zahlungen unterschiedlich hoch),werden Entgeltpunkte ermittelt. Dieser individuelle Faktor Vergleichsbewertung bleibt beim Giesskannenprinzip unberücksichtigt und schafft neue Ungerechtigkeiten innerhalb der Bestandsrentner und gegenüber Neuzugängen.
Wieso wird die Rentenhöhe bei den Bestandsrentnern nicht einfach mit den neuen Zurechnungszeiten neu ermittelt (das geht !!!, die ungerechte Anhebung der Zurechnungszeiten gem. § 253a SGB VI könnten Sie gleich mit verbessern), das wäre sozial gerecht !
Wird bis 2024 gewartet, damit noch möglichst viele Bestandsrentner vorher versterben ? Wie zynisch !

Andreas Audretsch
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich kann gut verstehen, dass der gewählte Ansatz mit pauschalen Aufschlägen Fragen aufwirft. Der Hintergrund des gewählten Ansatzes ist tatsächlich ein rein praktischer: Eine komplette Neuberechnung der individuellen Rentenansprüche und –höhen für sämtliche Bestands-Erwerbsminderungsrenten sowie die Altersrenten von ehemaligen Erwerbsminderungs-Rentner*innen nach dem aktuellen Rentenrecht würde für einen extrem hohen Personalaufwand der Rentenversicherung sorgen. Eine Auszahlung wäre dann nicht 2024 zu erreichen, sondern erst viel später. Ressourcen wären über lange Zeit gebunden, die Verwaltungskosten hoch und wenig Spielraum für andere Aufgaben, die bei der Rentenversicherung neu anfallen könnten.

Dieser Aufwand wäre zu rechtfertigen, wenn die nun gewählte pauschale Lösung große Ungerechtigkeiten hervorrufen würde. Das ist aber keineswegs der Fall. Im Gegenteil: eine komplette Neuberechnung auf Basis der heutigen Zurechnungszeiten würde neue Ungerechtigkeiten kreieren, da auch andere Neuerungen im Rentenrecht miteinberechnet werden müssten, sodass einzelne Personen nicht besser, sondern deutlich schlechter gestellt würden. Sollten nur die verbesserten Zurechnungszeiten einberechnet werden, aber keine anderen Änderungen im Rentenrecht, würden im Endeffekt Bestandsrentner*innen gegenüber Neurentner*innen bevorteilt werden. Zudem folgt die Pauschale nicht dem Gießkannenprinzip, sondern bemisst sich nach der bisherigen Rentenhöhe und erhöht diese um einen bestimmten Prozentsatz. Das Ergebnis ist in unseren Augen gerechter, als es eine komplette Neuberechnung wäre.

Die Wartezeit bis zur ersten Auszahlung in 2024 ergibt sich daraus, dass es auch für diese –vereinfachten – Berechnungen viele zusätzliche Personalstunden braucht. Das Personal der Rentenversicherung ist schlicht zu knapp, um es neben ihrer regulären Aufgaben an Rentenberechnungen noch in einem kurzen Zeitrahmen zusätzlich zu erledigen. In der Summe sind die Rentenhöhen von knapp 3 Millionen Rentner*innen betroffen, die herausgefiltert, angepasst und bearbeitet werden müssen. Auch für uns in der Politik ist dies nicht die wünschenswerteste aller Lösungen, wir müssen uns jedoch den Realitäten bezüglich der Umsetzbarkeit beugen. Wir hätten es sehr begrüßt, wenn die Vorgängerregierungen bereits Verbesserungen bei den (ehemaligen) Bestands-Erwerbsminderungsrentner*innen beschlossen hätten. Leider ist diese Zeit verstrichen, und eine schnellere Umsetzung der Besserungen als in 2024 jetzt nicht mehr machbar.

 

Herzliche Grüße

Andreas Audretsch

 

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