Herr Audretsch, Sie haben an dieser Stelle versprochen, sich für die Freiheit von Julian Assange einzusetzen. Was konkret haben Sie seit 09/21 unternommen?
Sehr geehrte Frau Anita W.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen verfolgt den Fall von Julian Assange seit langem mit großer Aufmerksamkeit und Sorge.
Julian Assange, Gründer der Plattform Wikileaks, kann seit mehr als elf Jahren nicht mehr in Freiheit leben. Seit April 2019 ist er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Großbritannien inhaftiert, wo er auf die Entscheidung des Vereinigten Königreichs über seine von den Vereinigten Staaten von Amerika beantragte Auslieferung wartet. Wegen seiner Veröffentlichungen, einschließlich der Aufdeckung von US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan, drohen ihm in den Vereinigten Staaten bis zu 175 Jahre Haft.
Wie viele Menschenrechtsorganisationen sind wir sehr besorgt über den Abschreckungseffekt, den eine Auslieferung und ein Gerichtsverfahrens in den USA für Pressefreiheit weltweit haben könnten. Es braucht international mehr Schutz für Plattformen wie Wikileaks, für Whistleblower*innen und Journalist*innen und nicht weniger. Eine freie Presse und Kontrolle von Regierungshandeln sind Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Demokratien. Die Auslieferung Julian Assanges wäre ein fatales Symbol für Presse- und Medienschaffende weltweit. Wir halten sie deswegen für falsch.
Darüber hinaus fürchten wir um die Gesundheit von Julian Assange, der sich derzeit in Einzel- und Isolationshaft befindet. Die nationalen Parlamente aus 46 europäischen Staaten haben sich für die Bewertung elementarer Menschenrechtsfragen mit ihrer parlamentarischen Versammlung des Europarats ein Gremium gegeben, das genau diesem Zweck dient. Wir weisen ausdrücklich auf die Resolution 2317 dieses Gremiums und die dort enthaltenen Forderungen hin.
Anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit am 3. Mai 2022 hat eine Gruppe von Unterstützer*innen mit einem interfraktionellen Brief an britische Abgeordnete diesen Sorgen Ausdruck verliehen, die britischen Kolleg*innen gebeten sich für Julian Assange einzusetzen und ihnen Unterstützung in der Sache angeboten. Darüber wurde auch medial berichtet, u.a. https://www.rnd.de/politik/julian-assange-bundestagsabgeordnete-fordern-freilassung-PBY3JI56R5D4RAH4UP5POCON6I.html ; https://www.spiegel.de/politik/julian-assange-bundestagsabgeordnete-fordern-fraktionsuebergreifend-freilassung-a-7cb03917-c3f4-41b7-85c7-f8f784ccfd8f; zum Brief: https://jimdo-storage.global.ssl.fastly.net/file/bbae5f60-fbf5-4afe-98ca-ba45406021b2/OpenLetter_Assange_WorldPressFreedomDay2022.pdf .
Die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieften Menschenrechte, zu deren Achtung und Umsetzung sich auch das Vereinigte Königreich verpflichtet hat, müssen im Mittelpunkt der endgültigen Entscheidung von Innenministerin Suella Braverman stehen.
Mit besten Grüßen
Andreas Audretsch