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Andrea Lindholz
CSU
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Frage von Uwe C. •

Bin ich in Ihren Augen ein Antisemit, wenn ich die Siedlungspolitik Israels auf das Schärfste, auch öffentlich, kritisiere?

Für mich hat Israel selbstverständlich das Recht auf Selbstverteidigung und ich verurteile auf das Schärfste, auch öffentlich, jedweden Angriff auf Israel und seine Bürger durch Terrororganisationen und andere Staaten!

Allerdings bin ich absolut gegen die seit Jahren von Israel praktizierte Siedlungspolitik. Auch bin ich gegen die teilweise Besetzung von Gebieten anderer Länder durch Israel, wie z.B. die Sinaihalbinsel (ehemals Ägypten), des Westjordanlandes usw.

Diese, meine Meinung vertrete ich öffentlich, in sozialen Medien und im Freundes- und Bekanntenkreis.

Bin ich deshalb nach Ihrer Auffassung ein Antisemit?

Wenn ja, dann bitte ich um eine Begründung.

Ich bin 74 Jahre alt/jung, Deutscher ohne Migrationshintergrund. Mir sind die Verbrechen von Deutschland am israelischen Volk zur Zeit des Nationalsozialismus bekannt und diese werden auch ganz klar von mir verurteilt.

Aber rechtfertigen diese Verbrechen jetzt diesen Landraub Israels durch dessen Siedlungspolitik?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu dem außerordentlich wichtigen Thema der Bekämpfung von Antisemitismus in unserem Land.

Wir teilen offenbar die Auffassung, dass es unser aller Aufgabe ist, Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen konsequent zu bekämpfen und für das Existenzrecht Israels einzustehen. Wir scheinen uns ebenfalls einig zu sein, dass es gerade aufgrund unserer Geschichte unsere Aufgabe ist, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen, zu bewahren und zu stärken. Von diesem Ziel ist der Antrag getragen, den wir gemeinsam mit SPD, Grünen und FDP ausgearbeitet und beschlossen haben.

Jüdinnen und Juden sollen in unserem Land unbeschwert und angstfrei leben können. Ich halte es für zutiefst besorgniserregend und beschämend für Deutschland, dass das aktuell nicht so ist. Antisemitische Straftaten sind längst wieder an der Tagesordnung. Sie haben nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 07. Oktober 2023 in einem erschreckenden Maße zugenommen. Wir machen uns dafür stark, diesen erschreckenden Entwicklungen konsequent entgegenzutreten.

Die Sorgen und Befürchtungen, dass mit unserem Antrag Grundrechte wie die Meinungsfreiheit und die Kunstfreiheit fundamental gefährdet würden, sind unbegründet. Denn schon heute gilt: Unser Grundgesetz erlaubt keinen Antisemitismus. Weder die Meinungsfreiheit noch die Kunstfreiheit oder das Versammlungsrecht sind absolut. Sie können schon heute beschränkt werden, um Unrecht zu verhindern; das ergibt sich ganz klar aus unserem Grundgesetz. Dies vorweggeschickt, möchte ich betonen, dass ich klar dazu stehe: Wir müssen verhindern, dass Antisemitismus unter dem Deckmantel von Grundrechten verbreitet wird, wie dies zum Beispiel bei der documenta der Fall war. Und es muss bei der Vergabe staatlicher Mittel konkret und ganz klar sichergestellt sein, dass damit kein Antisemitismus gefördert wird.

Ich halte es schließlich auch für richtig und wichtig, dass wir die in über 40 Staaten anerkannte Definition der IHRA als maßgeblich für das festlegen, was Antisemitismus ist, und keine andere Definition. Dies folgt auch dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 2019, in dem sich der Bundestag zur IHRA-Arbeitsdefinition bekannt hat. Auf der Website der IHRA steht übrigens ganz klar: „Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.“ (https://holocaustremembrance.com/resources/arbeitsdefinition-antisemitismus) Vor diesem Hintergrund teile ich Ihre diesbezügliche Kritik nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Andrea Lindholz MdB

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