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Andrea Lindholz
CSU
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Frage von Christina B. •

Frage an Andrea Lindholz von Christina B. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik

Sehr geehrte Frau Lindholz.

Seit Beginn der Corona-Krise verbreiten die Medien täglich neue „Fallzahlen“ des Robert Koch-Instituts und täglich steigen diese Fallzahlen.
Das liegt in der Natur der Sache, es sind ja kumulierte Zahlen, sprich die Summe aller bisher positiv getesteten Menschen.
Festzustellen ist ein psychologischer Nebeneffekt dieser Zahlen: die Bürger im Land werden verunsichert, da stetig steigende Zahlen eine stetig steigende Gefährdung bedeuten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass von politischer Seite eine Panik und Angstmacherei unter den Bürgern Deutschlands gewünscht ist.
Daher frage ich sie, ob sich die Art der Berichterstattung der Medien zu den täglichen Fallzahlen nicht ändern lässt, um weitere Angst und Panik bei der Bevölkerung zu vermindern? Man kann doch sicher eine Regierungsempfehlung an die Medien geben, um eine beruhigendere Form der Berichterstattung zu haben? Zumindest bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die von der Bevölkerung finanziert werden!
Ein guter Arzt z.B. beruhigt seine Patienten und deren Angehörige mit Hilfe sachlicher Informationen und vermeidet es, die Menschen in Panik zu versetzen.
Zur Zeit gibt es in Deutschland 170.508 „bestätigte Corona-Fälle“ beträgt die Zahl der „aktiven“, also zur Zeit, an Covid-19 Erkrankten jedoch nur 15.775 – also noch nicht einmal ein Zehntel der Gesamtfallzahl – Tendenz seit Ostern stetig sinkend. Warum fristet diese Angabe nur ein Schattendasein und wird in täglichen Nachrichtensendungen nicht vermeldet?

Gemeldet werden die Zahlen zumeist in dieser Form: (aktuelles Bsp aus der Tagesschau)
„Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle in Deutschland steigt um 933 auf 170.508, wie Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) für Infektionskrankheiten zeigen. Die Zahl der Todesopfer steigt binnen 24 Stunden um 116 auf 7533.“
also eher Panik machend…

Wäre doch die folgende Meldung sachlich genauso richtig:
„Die Zahl der aktiv am Coronavirus erkrankten und positiv getesteten Bürger in Deutschland sank um 783 auf 15.775, wie Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) für Infektionskrankheiten zeigen. Die Zahl der genesenen Bürger stieg binnen 24 Stunden um 1.600 auf 147.200.“

...was die Bürger beruhigen würde und die Gesellschaft nicht spalten würde. In panische Menschen, die an eine Verschlimmerung der Situation glauben und durch ihre Angst am klaren Nachdenken gehindert werden. Und in Menschen, die anhand ihrer eigenen Denkfähigkeit solch irreführende Meldungen anzweifeln müssen und nicht wissen was sie noch glauben können.

Gerade in Krisenzeiten ist Solidarität sehr wichtig und ich fürchte uns steht viel schlimmeres bevor als „nur“ ein schlimmer Virus, da die Wirtschaft weltweit seit letztem Jahr einbricht und dies Problem durch die Corona.Maßnahmen nun um ein vielfaches verstärkt wurde. Oder wie sehen sie den aktuellen Stand der Dinge?

Während also die Meldung der Tagesschau suggeriert, die Infektionen würden stetig steigen, klärt die zweite Meldung sachlich auf, dass die Zahl der Covid-19-Erkrankten rückläufig ist. Und diese Entwicklung ist bereits seit dem Osterwochenende zu beobachten.

Laut den Zahlen des RKI betrug der Höchststand der aktiv Erkrankten am 7. April immerhin 64.318. Seit dem 11. April sinkt diese Zahl linear.

Insbesondere die Berichterstattung zu der „Reproduktionsrate“ ist aus gleich mehreren Gründen kritisch zu bewerten, diese Zahl bezieht sich auf die „Fallzahlen“.
Da die Fallzahlen jedoch stets aufgrund der Inkubationszeit und des Meldeverzugs „nur“ die Vergangenheit abbilden, werden die fehlenden Daten bei der Berechnung der Reproduktionsrate über intransparente Algorithmen ergänzt.

Wissen sie, wie schlüssig diese Berechnung ist? Sie erschließt sich Außenstehenden leider nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Christina Bauer

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Bauer,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zu den Fallzahlen des Robert-Koch-Instituts bzw. der dahinterstehenden Berechnung sowie Ihre Anmerkungen der medialen Berichterstattung darüber.

Eine Bewertung der Berechnungen des RKI möchte ich mir nicht anmaßen. Das ist eine Aufgabe, die sich an die seröse Fachwelt bzw. die Experten mit der entsprechenden fachlichen Expertise richtet. Das RKI selbst hat immer wieder darauf hingewiesen, dass die Fallzahlen aufgrund diverser Faktoren mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind, vor allem weil sie nur ein stark zeitverzögertes Bild der Realität abbilden können.

Ich stimme Ihnen zu, dass auch die seriöse Presse eine besondere Verantwortung trägt und insbesondere in solchen außerordentlichen Krisenzeiten eine besondere Sorgfaltspflicht hat. Davon bleibt aber das hohe Gut der Pressefreiheit grundsätzlich unberührt. Die Presse in Deutschland muss frei und unabhängig arbeiten und kann das zum Glück auch. Die Politik darf aus gutem Grund darauf keinen Einfluss nehmen. Insofern müssen Sie Ihre Kritik an der Berichterstattung an die entsprechenden unabhängigen Medien richten.

Abschließend möchte ich noch auf einen Aspekt hinweisen: Das sozialpsychologische Phänomen des Negativitätseffekt (Negativity Bias) beschreibt, dass sich negative Gedanken, Gefühle oder Erlebnisse psychisch stärker als neutrale oder positive auswirken, auch wenn diese in gleicher Intensität auftreten. Ein Negativitätsbias bezieht sich somit auf die innere Einstellung, in den meisten Situationen die Aufmerksamkeit eher auf die negativ erscheinenden und negativ bewertete Faktoren zu richten, während positive nicht oder nur sehr eingeschränkt wahrgenommen werden. (Stangl, 2020). Dieser Effekt macht sich gerade auch in der Berichterstattung der Medien bzw. der Wahrnehmung der Konsumenten bemerkbar. Negative Nachrichten bleiben schlicht besser haften, als positive Nachrichten. Dadurch entsteht ein eher negative Wahrnehmung der Realität, obwohl viele objektive Faktoren und Fakten belegen, dass es vor allem positive Entwicklungen gibt. Die Welt wird besser, nicht schlechter - das kann man objektiv messen.

Im Hinblick auf die Entwicklung der Corona-Pandemie und der Fallzahlen wird seit Wochen vermeldet, dass das exponentielle Wachstum erfolgreich verhindert wurde, die Zahl der Neuinfektionen stetig sinkt, das Infektionsgeschehen insgesamt rückläufig ist bzw. inzwischen auf niedrigem Niveau stagniert. Genau aus diesem Grund wurden in der vergangenen Woche die weitreichenden Lockerungen der getroffenen Schutzmaßnahmen in Kraft gesetzt. Schritt für Schritt wollen wir uns so möglichst viel Normalität in den Alltag zurückholen, ohne dabei die teuer erkaufte Kontrolle über das Infektionsgeschehen auf das Spiel zu setzen. Dabei müssen alle mithelfen durch ein verantwortungsbewusstes Verhalten: Politik, Medien aber auch jeder Einzelne.

Mit freundlichen Grüßen

Andrea Lindholz MdB

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