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Andrea Lindholz
CSU
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Frage von Walter B. •

Frage an Andrea Lindholz von Walter B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Lindholz,

warum schafft es Ihre Partei nicht, sich endlich mit den anderen Parteien auf eine Wahlrechtsreform zu einigen, damit der Bundestag nicht noch weiter wächst, sondern wieder auf die ursprünglichen ca. 600 Sitze verringert wird?

Seit Jahren(!) beraten sich die Parteien ohne sich zu einigen. Es fehlt anscheinend an der notwendigen Kompromissbereitschaft. Ich als Steuerzahler habe dafür kein Verständnis mehr, zumal die Parteien bei für sie vorteilhaften Sachverhalten wie Diätenerhöhung oder mehr Steuergeld für die Parteien eine Einigung immer sehr schnell erzielt haben.

Mein Eindruck ist, dass Sie sich gar nicht einigen wollen, sondern froh sind, zusätzliche gut bezahlte Posten zu erhalten für Ihre Parteifreunde. Der Bürger kann sich zwar über den Sachverhalt aufregen, kann ihn aber nicht ändern. Dafür zahlen muss er aber.

Ich hoffe, dass mich mein Eindruck täuscht und Sie mir mir mitteilen können, dass eine Einigung bei der Wahlrechtsreform rechtzeitig vor der nächsten Wahl kommen wird. Letztlich würde dies auch dem Ansehen der Parteien helfen.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Bischoff

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr B.,

besten Dank für Ihre Nachfrage, die ich durchaus nachvollziehen kann. Die CSU ist ebenso wie die CDU sehr daran interessiert, noch in dieser Legislaturperiode einen tragfähigen Kompromiss bei der Wahlrechtsreform hinzubekommen. Grundsätzlich besteht zwischen allen Parteien Konsens, dass unser Wahlrecht reformiert werden muss. Allerdings liegen die Ansichten darüber, welchen Schwerpunkt die Reform haben soll, noch weit auseinander.

Neben dem komplizierten Ausgleichsmechanismus sind ein wesentlicher Grund für die Schwierigkeiten bei der Einigung die unterschiedlichen Ansichten der Parteien über die Bedeutung der Direktmandate. CSU und CDU sind der Meinung, dass die Direktwahl der Abgeordneten in ihren Wahlkreisen demokratiepolitisch von höchster Bedeutung ist. Denn über die persönliche Wahl entsteht eine wesentlich stärkere Verbindung zwischen Wählern und Mandatsträgern, als wenn die Wahl über eine Liste erfolgt, deren Zusammensetzung und Rangfolge eine Partei selbst bestimmt. Der von den Menschen direkt gewählte Wahlkreisabgeordnete erfüllt eine wichtige Scharnierfunktion zwischen Berlin und den Menschen vor Ort. Ein direkt gewählter Abgeordneter ist zudem gegenüber seiner Partei freier und unabhängiger als ein Listenkandidat und entspricht somit eher den Anforderungen, die das Grundgesetz an das freie Mandat stellt. Denn ein Listenkandidat muss bei allzu stark abweichendem Verhalten eher fürchten, bei der nächsten Wahl einen schlechteren Listenplatz zu erhalten. Zudem würde die Reduzierung der wahlrechtlich verankerten Zahl von 299 Wahlkreisen nicht zu mehr Bürgernähe, sondern im Gegenteil zu einer noch größeren Entfernung der Abgeordneten von den Bürgern führen. Bereits heute gibt es viele sehr große Wahlkreise, in denen die Abgeordneten erhebliche Schwierigkeiten haben, regelmäßig vor Ort präsent und für die Menschen ansprechbar zu sein. Zudem muss auch berücksichtigt werden, dass nicht jedes Überhangmandat automatisch ein Ausgleichsmandat zur Folge hat, sondern der Ausgleichsmechanismus auch im Hinblick auf die Landesergebnisse einer Partei deutlich komplizierter ist.

Die CSU hat daher eine einfache Höchstgrenze von 650 Sitzen des Bundestages vorgeschlagen. Die Zahl der Wahlkreise sowie das Wahlrecht würden dadurch unverändert bleiben. Um die Höchstzahl einzuhalten, würden die Mandate bei jeder Partei entsprechend dem Wahlergebnis prozentual reduziert. Die Direktmandate bleiben dabei erhalten. Dieser Vorschlag bietet eine Garantie für die Verhinderung des unkalkulierbaren Wachstums des Bundestages, erhält die Wahlkreise und die Direktmandate. Eine Nichtzuteilung von Direktmandaten, wie sie u.a. vorgeschlagen wurde, wäre unserer Ansicht nach nicht nur verfassungswidrig, sondern auch demokratiepolitisch ein völlig falsches Signal in Zeiten, in denen sich viele Menschen nicht mehr richtig gehört und wahrgenommen fühlen und der Politik Bürgerferne vorgeworfen wird.

Die Diskussion über das Wahlrecht wird im Bundestag jedenfalls weiter intensiv fortgesetzt. Es ist unser feste Wille noch in dieser Legislatur eine tragfähige Reform hinzubekommen. Wie genau der Kompromiss aussehen wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz MdB

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