Frage an Andrea Lindholz von Richard R. bezüglich Recht
Tausende abgeschobene Asylbewerber wieder im Land (Die Welt vom 01.12.19) !
Sehr geehrte Frau Lindholz,
fast 30.000 Asylsuchende, die Deutschland verlassen mussten, sind hierher zurückgekehrt. „Jeder Verstoß gegen das Einreiseverbot muss künftig in Haft enden“, fordert CSU-Politikerin Lindholz. Horst Seehofer sieht dringenden Handlungsbedarf.
Man kann es nicht verhindern, die Pulleffekte sind einfach zu stark und niemand in der Regierung will das ändern. Auch die Drohung mit Haft ist heisse Luft, wie viel Haftplätze für Abschiebung gibt es? 100? 20?.
Und wenn jedesmal so ein Aufwand wie bei Miri betrieben werden muss, Kosten bei knapp 100000€, fragt man sich, wie soll das alles bezahlt werden? Und solange auch abgeschobene und abgelehnte Asylbewerber bei unrechtmäßiger Neueinreise immer wieder eine neuen Antrag stellen dürfen bleibt es auch so - welch ein Irrsinn.
Die Realität zeigt, dass unsere Asylgesetzgebung dringend reformiert und an die heutigen Verhältnisse angepasst werden muss. Unsere europäischen Nachbarn haben uns bereits vorgelebt, wie das geht. Wir müssen hier endlich nachziehen und dürfen uns nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen. Denn was einmal bei Gründung der Bundesrepublik aus guten Gründen ins Grundgesetz geschrieben wurde, wird heute hunderttausendfach ausgenutzt, um sich ein Leben im deutschen Sozialstaat zu erschleichen. So etwas hatte damals niemand im Sinn. Natürlich sollte es weiterhin die Möglichkeit des Asyls für echte Einzelfälle von politischer Verfolgung geben - aber es muss sich vieles ändern in der Anwendung und Handhabung des Asylrechts.
Frage: Wann wird endlich gehandelt um diesen Missstand auszuräumen? Warum täuscht die Regierung die Bürger und Wähler? Wie sollen künftig die riesigen Sozialausgaben getragen werden die bei diesem Asylverhaltens anfallen? Bitte um Rückmeldung.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüssen
R. R.
Sehr geehrter Herr Rath,
natürlich kann man nicht alles verhindern, man kann aber sehr wohl eine Schubumkehr bewirken. Und das ist längst erfolgt. Schauen Sie sich z.B. die Asylbewerberzahlen aus den Westbalkanstaaten an. Noch 2014 und 2015 gehörten diese Länder zu den Top 10 der Herkunftsstaaten und eine erhebliche Zahl der Asylbewerber reiste mehrfach ein. Durch unsere gesetzlichen Maßnahmen (Einstufung zu sicheren Herkunftsstaaten und Verschärfung der Rechtsfolgen) sind die Asylbewerberzahlen aus allen 6 Länder massiv zurückgegangen. Das liegt insbesondere an den damit verbundenen Rechtsfolgen. Personen aus sicheren Herkunftsstaaten unterliegen grundsätzlich einer Residenzpflicht bzw. müssen in Anker-Zentren wohnen, dort gilt für sie vor allem das Sachleistungsprinzip und strikte Arbeitsverbote. Zudem sind die Fristen im Asylverfahren kürzer, so dass sie schneller abgewickelt werden können. Eine Inhaftierung, wie wir sie nun mit Blick auf den Fall Miri umsetzen wollen, wäre eine weitere Verschärfung und würde in jedem Fall die Abschiebung erheblich vereinfachen. Denn schließlich scheitern viele Abschiebungen daran, dass die Betroffenen untertauchen.
In Bezug auf die mangelnden Abschiebehaftplätze haben Sie grundsätzlich recht. Aktuell gibt es bundesweit rund 500 Plätze. Benötigt werden wohl mehr als doppelt so viele. Die Länder haben die Aufgabe für ausreichend Plätze zu sorgen und diverse neue Einrichtungen werden aktuell gebaut in Bayern z.B. in Hof. Da diese Bauvorhaben jedoch Zeit benötigen hat der Bund den Ländern im Geordnete-Rückkehr-Gesetz die rechtliche Möglichkeit gegeben, freie JVA-Einrichtungen, die strikt vom regulären Strafvollzug getrennt sind, vorübergehend für Abschiebehaftzwecke umzuwidmen. Grundsätzlich stimme ich Ihnen völlig zu, dass die freiwillige Ausreise Vorrang haben muss. Auch darauf weisen wir seit Jahren hin und handeln entsprechend, indem wir z.B. mit dem Gesetz zur Geordneten Rückkehr der Ausreisepflicht mehr Gewicht verleihen. U.a. haben wir einen neuen Duldungsstatus beschlossen, der Personen die Ihren Mitwirkungspflichten im Asylverfahren nicht nachkommen, deutlich schlechter stellt, als ausreisepflichtigen Personen, die ohne eigenes Verschulden nicht ausreisen können.
Was Ihre Anmerkung bzgl. der Reformen des deutschen Asylrechts angeht, so erlaube ich mir Sie darauf hinzuweisen, dass es keinen Rechtsbereich gibt, der in den letzten Jahren so massiv reformiert wurde wie das deutsche Asyl- und Aufenthaltsrecht. Zuletzt mit dem umfassenden Migrationspaket von Juni 2019. Natürlich sind wir damit noch nicht am Ende. Es gibt wohl auch kaum ein Politikfeld - außer vielleicht die Klimapolitik - die derartig intensiv und kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert wurde und über die so umfassend seitens der Bundesregierung informiert wurde wie die deutsche Asylpolitik. Natürlich ist der deutsche Sozialstaat nicht für eine unkontrollierte massenhafte Zuwanderung entwickelt worden. Deswegen betonen CDU und CSU seit Jahren, dass die Probleme in der Welt nicht in Deutschland gelöst werden können. Der Fokus unserer Hilfe muss auf den Krisenregionen liegen. Nur im begründeten Einzelfall kann Asyl in Deutschland eine Lösung sein. Wir verfolgen daher Schritt für Schritt eine Politik mit der wir die Asylmigration ordnen, steuern und begrenzen. Die Fakten zeigen, dass wir erfolgreich waren: Die Asylerstantragszahlen sind seit dem Krisenjahr 2016 um rund 85 Prozent gesunken. Die Folgeantragszahlen sind in diesem Jahr mit rund 20.000 Anträgen 40 Prozent niedriger als noch 2015. Das ist sicherlich noch nicht befriedigend aber eben doch ein unbestreitbarer Erfolg, der den zahlreichen Maßnahmen auf allen politischen Ebenen geschuldet ist.
Die große Schwierigkeit bleibt: Als Union wollen wir den grenzfreien Schengen-Raum erhalten und gleichzeitig illegale Einreisen verhindern. Der freie Personen- und Warenverkehr in Europa ist ein Eckpfeiler für den Wohlstand in Deutschland und den Erfolg unserer hochgradig vernetzten Exportwirtschaft. Stumpfe Mauerbau-Fantasien gefährden nicht nur die Einheit Europas, sondern auch unsere volkswirtschaftlichen Grundlagen. Trotzdem wollen wir die von Ihnen zu recht kritisierten illegalen Wiedereinreisen wirksam verhindern. Entscheidend ist, dass jetzt endlich auf europäischer Ebene gehandelt und die EU-Außengrenzen wirksam geschützt werden. Der Bundesinnenminister hat dazu erst gestern eine umfassende Initiative in Brüssel vorgestellt.
Solange die EU aber den Schutz unserer Außengrenzen nicht gewährleisten kann, braucht es auf nationaler Ebene intelligente Maßnahmen mit Augenmaß. Zuletzt wurden z.B. intensivierte und flexible Grenzkontrollen an allen deutschen Binnengrenzen angeordnet und binnen kürzester Zeit eine erhebliche Zahl an illegalen Einreisen verhindert. Damit steigt auch der Druck auf unsere europäischen Freunde, endlich einer Reform des Gemeinsame Europäischen Asylsystems zuzustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz MdB