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Frage von Michael S. •

Frage an Andrea Lindholz von Michael S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Lindholz

Das Unrecht ist zwar schon Jahre her, es trifft mich aber jetzt mit voller Härte. Das Unrecht besteht aus zwei Teilen: Einerseits habe ich meine Altervorsorge unter anderen Bedingungen gestartet als sie jetzt versteuert und verbeitragt wird, zum anderen geht mit der jetzigen gesetzlichen Regelung jede Verhältnismäßigkeit über Bord.

Sowohl meine Direktversicherung als auch die Betriebliche Altervorsorge wurden weit vor dem Jahre 2003 gestartet. Heute werden mir ca. 40% dieser Versorgungsleistung abgezeigt, ca. 18% für die SV und ca. 22 % für den Steuersäckel.

Einkünfte aus Kapitalerträgen unterliegen nur der Steuer und sind bei 25% gedeckelt. Meine private Altersicherung unterliegt einem massiven Abzügen. Diesen kann ich nur zum Teil durch mein vorzeitiges Ableben entgehen.

Eine Änderung dieser schreienden Ungerechtigkeit ist zwingend geboten. Ich gehe davon aus, dass Sie als Juristin an entscheidender Stelle dafür Sorge tragen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Sparn

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

besten Dank für Ihre Nachricht, in der Sie Ihren Unmut über die Beitragslast für Direktversicherung und Betriebsrenten äußern. Die Problematik ist mir bekannt und ich stehe dazu mit einer ganzen Reihe von Betroffenen in Kontakt. Ich kann Ihr Anliegen daher nachvollziehen und nehme gerne dazu Stellung.

Die Regelungen zu den Direktversicherungsverträgen wurde im Jahr 2004 von der damaligen SPD/Grün-geführten Bundesregierung eingeführt. Grund dafür war eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts. Denn bis 2004 wurden die verschiedenen Durchführungswege einer betrieblichen Altersversorgung unterschiedlich behandelt. Betriebliche Altersversorgungen, die eine dauerhafte Rentenzahlung beinhalteten waren bei der Auszahlung beitragspflichtig zur Kranken- und Pflegeversicherung, während die Auszahlung als Kapital, wie bei der Direktversicherung, nicht beitragspflichtig war. Dies hat das Bundesverfassungsgericht zurecht als Ungleichbehandlung kritisiert und den Gesetzgeber aufgefordert, eine Gleichbehandlung herbeizuführen.
Für den Gesetzgeber gab es nur die Möglichkeit entweder alle betrieblichen Durchführungswege freizustellen oder die Auszahlung von Kapital zu belasten. Unter Finanzierungsgesichtspunkten hat man sich für die Belastung aller Betrieblichen Durchführungswege entschlossen. Seitdem sind Versorgungsbezüge als Rente beitragspflichtig, wenn sie auf eine frühere Erwerbstätigkeit des Versorgungsempfängers zurückzuführen sind und bei Eintritt des Versicherungsfalles (Erwerbsminderung oder Alter) ausfallendes Erwerbseinkommen ersetzen oder im Fall des Todes der Sicherung von Hinterbliebenen dienen sollen.

Die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Betriebsrenten und Versorgungsbezüge sowohl für Pflichtversicherte als auch für freiwillig versicherte Rentner ist bei der Einführung 2004 damit begründet worden, dass die eigenen Beitragszahlungen der Rentner heute nur noch gut 40 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der Krankenversicherung abdeckten. Im Jahr 1973 seien die Leistungsaufwendungen der Krankenkassen für Rentner in den alten Ländern noch zu rund 72 Prozent durch die für sie gezahlten Beiträge gedeckt worden. Um die Belastung der erwerbstätigen Beitragszahler nicht noch stärker ansteigen zu lassen und die Lohnnebenkosten zu senken, sei es erforderlich gewesen, die Rentner wieder verstärkt an der Finanzierung ihrer Leistungsausgaben zu beteiligen. Zudem sind Krankenversicherungsbeiträge auf Betriebsrenten seit jeher alleine vom Versicherten zu tragen. Damit soll die Bereitschaft des Arbeitgebers erhalten und gefördert werden, sich freiwillig am Aufbau einer Betriebsrente mit eigenen finanziellen Aufwendungen zu beteiligen.

Da dies jedoch im Ergebnis als „ungerecht“ betrachtet wird, weil der Arbeitgeber sich in der Ansparphase Beiträge zur Sozialversicherung erspart, haben wir in der letzten Legislaturperiode das Gesetz insoweit geändert, als der Arbeitgeber in Zukunft die ersparten Beträge in die Betriebsrentenkasse zusätzlich einzahlen muss. Damit erhöht sich später der Auszahlungsbetrag an den Arbeitnehmer und kompensiert so die volle Zahlung des Krankenversicherungsbeitrages in den späteren Jahren. Leider gilt das nur für neue Verträge sowie diejenigen Altverträge, die noch laufen und noch nicht ausgezahlt werden.

Der Knackpunkt liegt wie so oft bei der Frage der Finanzierbarkeit. Das wurde auch in den zurückliegenden Koalitionsverhandlungen nochmals deutlich.

Dort hatte ich mich bei den zuständigen Fachkollegen gemeinsam mit anderen auch dafür eingesetzt, hier in einigen Punkten Abhilfe zu schaffen. Allerdings konnte in den Verhandlungen leider keine Einigung zwischen CDU/CSU und SPD erzielt werden. Man hätte dann auf andere notwendige Investitionen und Unterstützungsleistungen verzichten müssen. Alternativ müssten heutige Erwerbstätige deutlich höhere Beiträge in die KKV einzahlen. Im Ergebnis wird es damit für die in der Vergangenheit begründeten Verträge und die dort erworbenen Anwartschaften keine Änderung ergeben.

Gerade beim Punkt Direktversicherungen hätte auch ich mir im vorliegenden Koalitionsvertrag mehr gewünscht. Ich selbst habe ja für den Bereich Inneres und Recht mitverhandelt und weiß daher: Um einen solchen Vertrag abschließen zu können sind immer auch Kompromisse notwendig.

Ich kann Ihren Unmut verstehen, sehe aber nach den Verhandlungen aktuell keine Änderungen an dieser Stelle. Es tut mir leid, dass ich Ihnen hier nichts positiveres berichten kann.

Mit freundlichen Grüßen

Andrea Lindholz, MdB

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