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Andrea Lindholz
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Frage von Aline S. •

Frage an Andrea Lindholz von Aline S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Lindholz,

als Bankangestellt verfolge ich quasi täglich die schwier ewigen Diskussionen um die Griechenland-Krise.
Meine Meinung über dieses Thema lassen wir nun mal dahin gestellt sein, das würde nur den Rahmen sprengen.
Mir brennen allerdings ein paar für mich persönlich wichtige Fragen auf der Zunge:

Wie rechtfertig die Politik es, dass Deutschland nicht zum ersten Mal wer weis wie viele Millionen/Milliarden ausgeben will um ein Land zu retten, dass in den letzten Jahren kaum Einsicht oder wirklichen Reformwillen gezeigt hat, während das EIGENE Volk an vielen Stellen eher mehr finanzielle Entlastungen bräuchte statt z.B. eine Erhöhung von Steuern und Soli oder eine Anhebung des Rentenalters?

Finden Sie es korrekt dass eine Bundeskanzlerin sich außenpolitisch offensichtlich mehr engagiert als im eigenen Land?

Wieso wird in so vielen Ländern das Volk bei wichtigen Dingen (wie z.B. die Rettung von Griechenland) nach seiner Meinung gefragt und wir in Deutschland müssen alles so hinnehmen wie die Politik es entscheidet?

Ich muss offen gestehen, dass ich von unseren Politikern nach der letzten Wahl sehr enttäuscht bin. Ich würde mir wünschen, dass zukünftig die Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen des eigenen Volkes mehr Wichtigkeit bekommen(gerade im Bezug auf Altersarmut, die Aufnahme von Flüchtlingen ect.). Meine Kreuze bei der nächsten Wahl werden jedenfalls anders gesetzt werden...

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung!

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Schott,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vor dem Hintergrund eines möglichen Dritten Anpassungsprogrammes für Griechenland. Gerne nehme ich im Folgenden zu Ihren Fragen Stellung.

Am vergangenen Freitag hat der Deutsche Bundestag der Bundesregierung mit großer Mehrheit das Mandat erteilt, ernsthafte Verhandlungen über ein 3. Anpassungsprogramm für Griechenland aufzunehmen. Auch ich habe am Freitag diesem Mandat zugestimmt. Dies bedeutet nicht, dass ich einem dritten Hilfsprogramm zugestimmt habe. Zunächst gilt es die Verhandlungen und die konkreten Ergebnisse des Verhandlungsprozesses abzuwarten. Erst dann kann ich entscheiden, ob ich ein solches Programm für vertretbar halte.

Meine Beweggründe und die Bedingungen mit der ich meine Zustimmung vom Freitag verknüpfe, können Sie in einer persönlichen Erklärung, die ich im Plenum des Deutschen Bundestages zu Protokoll gegeben habe, unter folgendem Link nachlesen: http://www.lindholz.de/images/neu/aktuelles/2015/07/17_griechenland/17_erklaerung_griechenland.pdf

Festhalten muss man, dass sowohl der Bundesfinanzminister, als auch die Bundeskanzlerin mit hohem persönlichem Einsatz und aller gebotenen Härte verhandelt haben. Ich vertraue beiden, dass sie ihre ganze Kraft für das Wohle Deutschlands und Europas einsetzen. Beides ist unauflösbar miteinander verquickt. Dadurch habe sie ein gutes Ergebnis erzielt, was sich vor allem auch in den umfassenden Reformen niedergeschlagen hat, die das griechische Parlament in dieser Woche erstaunlich großer Mehrheit beschlossen hat. Dieser Reformwille rechtfertigt in meinen Augen noch keine Weiterführung der Hilfen, allerdings schafft neues Vertrauen, das als Grundlage für Verhandlungen unverzichtbar ist.

Die Verhandlungen sind völlig offen, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Verhältnisse in Griechenland. Nach wie vor bin ich aber sehr skeptisch, ob mit dieser griechischen Regierung ein vernünftiges Ergebnis erzielt werden kann. Allerdings steht hier weit mehr auf dem Spiel, als nur unser Geld. Es geht dabei auch um die Einheit Europas, denn der innere und der soziale Frieden in der EU könnte durch ein unkontrolliertes Ausscheiden eines Mitgliedes ernsthaft in Gefahr geraten. Es geht auch um geopolitische Aspekte, denn Griechenland ist aufgrund seiner geographischen Lage für Europa und die NATO von strategisch wichtiger Bedeutung. Ein zerfallender griechischer Staat würde ein ganz erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen. Vor diesem Hintergrund halte ich es für richtig, trotz aller Bedenken, zumindest die Chance für Verhandlungen zu nutzen.

Die von Ihnen angesprochene Möglichkeit eines Volksentscheides auf Bundesebene ist eine Diskussion die bereits seit Langem geführt wird und deren detaillierte Analyse den Rahmen dieser Antwort sprengen würde. Daher gehe ich nur kurz darauf ein:

Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass demokratische Politik die Menschen nur dann nachhaltig überzeugen und mitnehmen kann, wenn es Möglichkeiten zur Mitbestimmung gibt. Die Möglichkeit eines Volksentscheids ist auf Ebene der Bundesländer ausdrücklich möglich. Vorgeschrieben ist ein solcher in Bayern z.B. bei Änderungen der Landesverfassung. Auf Bundesebene besteht die Möglichkeit zum Referendum grundsätzlich nicht. Nur bei einer Neugliederung des Bundesgebietes durch Zusammenschluss zweier oder mehrerer Bundesländer muss den Bewohnerinnen und Bewohnern der betroffenen Länder das entsprechende Bundesgesetz zur Abstimmung vorgelegt werden [Art. 29 GG].

Ein weiterer wesentlicher Grund, der aus meiner Sicht gegen die Einführung eines gesetzesabschaffenden Referendums auf Bundesebene spricht, ist das in der Bundesrepublik Deutschland grundgesetzlich festgelegte System des Föderalismus. Ein Referendum müsste immer auch die Belange des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen. Eine bloße vorherige Beteiligung des Bundesrates mit der Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, reicht hierzu sicherlich nicht aus. Zudem würde dies die Entscheidung der Bürger zusätzlich verunsichern.

Bereits die jüngere Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland belegt, dass eine Vielzahl von politischen Entscheidungen, die letztlich der Deutsche Bundestag getroffen hat, nicht nur in der Bevölkerung unpopulär gewesen sind, sondern auch erst viele Jahre danach ihre berechtigte Akzeptanz gefunden haben. Gleichwohl ist unstreitig, dass sie für die positive Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland von herausragender Bedeutung waren – dies gilt zum Beispiel für den NATO-Doppelbeschluss oder die Einführung des Euro.

Sehr geehrte Frau Schott, gerne stehe ich Ihnen für weitere Korrespondenz zum Thema Referendum zur Verfügung. Über meine E-Mailadresse andrea.lindholz@bundestag.de bin ich gerne jederzeit für Sie erreichbar.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz

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